FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Dax hat sich am Mittwoch im späten Handel aus dem Sumpf der Inflations-, Zins- und Konjunktursorgen vorerst befreit. Nachdem der deutsche Leitindex am Vormittag erstmals seit November 2020 unter die psychologisch bedeutende Marke von 12 000 Punkten gefallen war, konnte er am Nachmittag seine Verluste sukzessive reduzieren, die runde Marke wieder überschreiten und letztlich sogar ins Plus drehen. Am Ende gewann der Dax 0,36 Prozent auf 12 183,28 Punkte und schloss fast auf seinem Tageshoch. Der MDax verlor letztlich 0,07 Prozent auf 22 326,58 Zähler.

Die anderen europäischen Leitbörsen konnten sich ebenfalls erholen. Der EuroStoxx 50 legte um 0,20 Prozent auf 3335,30 Punkte zu. In Paris stieg der Cac 40 um 0,19 Prozent und der FTSE 100 in London um 0,30 Prozent. In New York notierte der Dow Jones Industrial zuletzt 1,2 Prozent höher.

Börsianer machten zwei Gründe für die spätere Erholung aus: Die klaren Gewinne an der New Yorker Wall Street und die überraschend wieder aufgenommenen Anleihekäufe der Bank of England. "Dies ist ein erstes vorsichtiges Zeichen, dass die Zentralbanken in den nächsten Wochen kapitulieren und doch wieder zu Quantitative Easing (QE) zurückkehren könnten", kommentierte Analyst Konstantin Oldenburger von CMC Markets.

"Damit könnten die Briten auch den Weg für künftige Wendungen anderer Zentralbanken frei gemacht haben. Und obwohl der Markt es vielleicht nur langsam begreift, könnte eine ähnliche QE-Neuauflage durch die Fed nur Wochen, wenn nicht Tage entfernt sein. Die sinkenden Wahrscheinlichkeiten für eine Zinserhöhung um 75 Basispunkte im November könnten ein weiterer Beleg dafür sein. Eventuell sind höhere Zinsen also bereits vollständig in die Kurse eingepreist, sodass auch die Talfahrt am Aktienmarkt bald ein Ende finden könnte", sagte Oldenburger.

Auf Unternehmensseite gab es heftige Kursverluste im Bankensektor, wie die 3,4 Prozent tieferen Papiere der Deutschen Bank als Dax-Schlusslicht zeigten. Neben den allgemeinen Konjunktursorgen setzte es den Unternehmen der Finanzbranche auch zu, dass insgesamt 16 von ihnen laut der US-Börsenaufsicht SEC gut 1,1 Milliarden US-Dollar an Strafe zahlen sollen.

Ähnlich böse erwischte es die Titel der Commerzbank mit 3,7 Prozent Minus. Wie am Vorabend bekannt wurde, wird die polnische Tochter mBank das Geldinstitut im dritten Quartal wegen einer zusätzlich gebildeten Vorsorge von umgerechnet rund 490 Millionen Euro weiter belasten.

Größere Dax-Verlierer kamen außerdem aus der Versicherungsbranche, etwa mit Einbußen von 1,8 Prozent bei der Allianz und 1,0 Prozent bei Hannover Rück . Hier belastete auch die Sorge vor Großschäden durch den Hurrikan "Ian", der sich auf dem Weg in Richtung des US-Bundesstaats Florida befindet.

Besonders düster sah es im Stahlsektor wegen einer Branchenstudie der US-Bank JPMorgan aus, die pessimistisch auf die Profitabilität von Stahlprodukten blickt. Für die Titel von Thyssenkrupp ging es um mehr als elf Prozent bergab, nachdem Analyst Luke Nelson die Bewertung mit "Underweight" wieder aufgenommen hat. Salzgitter büßten mehr als neun Prozent ein.

Zu den größeren Gewinnern zählten Aktien aus dem Gesundheitsbereich. Allen voran galt dies für Morphosys mit einem Kurssprung von mehr als 20 Prozent. Nach einem Studienerfolg des US-Konzerns Biogen mit dem Alzheimer-Medikament Lecanemab zog Analyst James Gordon von JPMorgan auch positive Rückschlüsse für den Antikörper Gantenerumab, an dem das Unternehmen gemeinsam mit Roche forscht. Laut dem Experten verfolgt dieser den gleichen Mechanismus.

Der Euro erholte sich im späten Geschäft von einem erneuten Fall auf einen 20-jährigen Tiefstand und wurde zuletzt bei 0,9670 US-Dollar gehandelt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Nachmittag noch auf 0,9565 Dollar festgelegt.

Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 2,01 Prozent am Vortag auf 2,21 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 1,03 Prozent auf 126,89 Punkte. Der Bund-Future stieg um 0,97 Prozent auf 138,23 Zähler./edh/he

--- Von Eduard Holetic, dpa-AFX ---

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AXC0326 2022-09-28/18:12

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