Die vorsichtige Erholung am deutschen Aktienmarkt hat nicht lange angehalten: Am Mittwoch schaffte es der Dax nur zeitweise in positives Terrain, fiel dann aber zurück und verlor am Ende 0,72 Prozent auf 12 341,03 Punkte. Die moderaten Gewinne des deutschen Leitindex seit Wochenbeginn sind damit fast komplett dahin. Der MDax der mittelgroßen Werte schloss am Mittwoch 0,50 Prozent im Minus bei 25 929,51 Punkten.

An anderen Handelsplätzen sah es nicht besser aus: Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 ging zur Wochenmitte 0,56 Prozent tiefer bei 3501,58 Zählern aus dem Handel. Die nationalen Indizes in Paris und London gaben ebenfalls nach. Der US-Leitindex Dow Jones Industrial notierte zum europäischen Börsenschluss moderat in der Verlustzone.

"Ein Ausbruch über 12 500 Punkte ist - das muss man für den Moment festhalten - dem Deutschen Aktienindex nicht gelungen", kommentierte Analyst Jochen Stanzl von CMC Markets. Vielmehr komme das Börsenbarometer "seiner Unterstützung bei 12318 Punkten wieder gefährlich nahe". Laut Börsenexperte Andreas Lipkow von der Comdirect Bank "will für den Dax derzeit einfach keine Kaufstimmung aufkommen". Damit werde ein nachhaltiger Sprung über 12 400 Punkte "immer unsicherer".

Der charttechnische Widerstand in diesem Bereich hatte sich bereits jüngst immer wieder als eine zu hohe Hürde erwiesen. Durchwachsene Unternehmensberichte und die Zurückhaltung vor wichtigen geldpolitischen Entscheidungen gaben keine Richtung vor. Zudem fehlten positive Impulse von der Wall Street als Kurstreiber, so Lipkow weiter.

Nach den jüngsten Äußerungen von US-Notenbankchef Jerome Powell und anderen Notenbankern gilt eine Zinssenkung Ende Juli am Markt zwar als ausgemacht. Fraglich bleibt aber, ob und inwieweit die US-Notenbanker nachlegen werden. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) unterstrich bereits ihre Handlungsbereitschaft für eine Lockerung ihrer Geldpolitik. Bis die Anleger hier Antworten erhalten, dominiert die anlaufende Bilanzsaison das Börsengeschehen.

Im Technologiesektor standen enttäuschenden Gewinnen beim schwedischen Telekomausrüster Ericsson überraschend gute Quartalszahlen vom niederländischen Chipausrüster ASML und von Dialog Semiconductor gegenüber.

Der im MDax notierte Chiphersteller hatte im zweiten Quartal Umsatz und Ergebnis gesteigert und die eigenen Prognosen leicht übertroffen. "Wenn man berücksichtigt, dass das Unternehmen noch immer Apple mit Halbleitern beliefert, ist das eine gute Indikation für die Smartphone-Produktion", schrieb RBC-Analyst Mitch Steves . Auch die Anleger zeigten sich zumindest zeitweise erfreut: Dialog-Papiere kletterten zunächst auf ein Zwischenhoch bei 38,65 Euro. Zum Börsenschluss verloren sie allerdings 0,11 Prozent und zollten damit ihrer jüngsten Stärke Tribut.

Gleichzeitig häufen sich weiter die Gewinnwarnungen. So hatte der Chemikalienhändler Brenntag nach einer spürbaren Abschwächung der Nachfrage seine Prognose für das operative Jahresergebnis gekappt. Analysten verwiesen allerdings auf überraschend starke Zahlen zum zweiten Quartal und rieten, eine Kursschwäche zum Einstieg zu nutzen. Die Gewinnwarnung habe nicht sonderlich überrascht, hieß es. Brenntag dämmten ihr Minus am Ende auf 0,78 Prozent ein.

Im Dax machte Börsenexperte Lipkow eine "klassische Rotation" der Anlegerlieblinge aus. "Es gibt zwar einige Branchen, die durch positive Impulse wach geküsst werden, aber die Kaufbereitschaft strahlt weiter nicht vollends ab." Stattdessen erschienen selektive Käufe durch Verkäufe anderer Unternehmen finanziert.

So rutschten die zuletzt gestiegenen Aktien von Fresenius , FMC und Wirecard mit Abschlägen zwischen zweieinhalb und dreieinhalb Prozent an das Dax-Ende. Druck auf den Dialysespezialisten FMC und dessen Mutter Fresenius kam auch von den Plänen des US-Pharmahändlers CVS Health für eine klinische Studie mit Heim- und Hämodialysegeräten. Papiere des Versorgers RWE gehörten dagegen mit über einem halben Prozent Plus zu den Favoriten der Anleger.

Stahlaktien litten unter Analystenkommentaren. Eine negative Branchenstudie des Analysehauses Jefferies, welches durchgängig seine Gewinnschätzungen und Kursziele senkte, drückte die Titel des Stahlhändlers Klöckner & Co sogar auf ein Rekordtief - am Ende verloren sie als einer der schwächsten Titel im Nebenwerte-Index SDax mehr als vier Prozent. Bei den Salzgitter-Papieren belastete zusätzlich eine gestrichene Kaufempfehlung der Deutschen Bank: Sie büßten knapp vier Prozent ein und waren damit so günstig zu haben wie zuletzt im Frühjahr 2016.

Dagegen gewannen Fielmann dank Übernahmespekulationen in der Branche im MDax fast anderthalb Prozent. Der Brillenkonzern EssilorLuxottica erwägt laut Kreisen die Übernahme des niederländischen Optik-Einzelhändlers Grandvision. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg am Mittwoch unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen berichtet hatte, befinden sich die Überlegungen aber in einem frühen Stadium.

Am Rentenmarkt verharrte die Umlaufrendite bei minus 0,33 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,01 Prozent auf 144,76 Punkte. Der Bund-Future gewann 0,27 Prozent auf 172,93 Punkte.

Der Euro kostete zuletzt 1,1232 US-Dollar. Die EZB hatte den Referenzkurs davor auf 1,1215 Dollar festgesetzt. Der Dollar hatte damit 0,8917 Euro gekostet./gl/he

--- Von Gerold Löhle, dpa-AFX ---

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AXC0243 2019-07-17/18:20

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