FRANKFURT (dpa-AFX) - Anhaltende Hoffnungen auf eine moderatere
Geldpolitik der Notenbanken haben der Dax-Erholung am
Dienstag weiteren Schwung verliehen. Der deutsche Leitindex baute
seine Gewinne im Tagesverlauf aus und schloss 3,78 Prozent höher bei
12 670,48 Punkten - damit legte er den dritten Handelstag in Folge
zu. Der MDax der mittelgroßen Unternehmen machte mit
einem Kursanstieg um letztlich 3,65 Prozent auf 23 498,80 Punkte
ebenfalls ordentlich weiter Boden gut.
"Die Stimmung an der Börse kann sich kaum schneller und deutlicher
drehen", kommentierte Analyst Konstantin Oldenburger vom Broker CMC
Markets. "Die Hoffnung der Anleger auf eine sanfte Landung der
Wirtschaft lebt wieder auf, und sie fußt darauf, dass die
Zentralbanken in der ganzen Welt das Tempo ihrer geldpolitischen
Straffung zumindest drosseln oder sie am Ende ganz beenden."
Vergangene Woche hatte der Dax bei 11 862 Punkten noch den tiefsten
Stand seit November 2020 erreicht. Der September - ohnehin
traditionell ein schlechter Börsenmonat - war mit einem Minus von
über fünfeinhalb Prozent zudem der schwächste der vergangenen
zwanzig Jahre für das Börsenbarometer. Und für den bisherigen
Jahresverlauf steht beim Dax immer noch ein sattes Minus von 20
Prozent zu Buche, während der MDax sogar um ein Drittel seines Werts
zurückgegangen ist.
Auf diesem überverkauftem Niveau hatten jüngst viele Börsianer auf
eine nahende Stabilisierung hingewiesen. Vor allem die am Montag
veröffentlichten, enttäuschenden Stimmungsdaten aus der US-Industrie
hätten die Sorgen der Investoren gemildert, dass die US-Notenbank
Fed in der Geldpolitik die Zügel noch weiter anziehe, hieß es bei
den Experten der Credit Suisse. Dazu passt, dass die Notenbank in
Australien am Dienstag ihren Leitzins weniger stark anhob als
gedacht.
Auch in Europa beschleunigte sich die Kurserholung. Der
Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 verabschiedete sich
über vier Prozent fester aus dem Handel. Die nationalen Indizes in
Paris und London schlossen ebenfalls mit deutlichen Aufschlägen. Der
New Yorker Leitindex Dow Jones Industrial und der technologielastige
Nasdaq 100 verbuchten zum europäischen Handelsende ebenfalls weitere
Kursgewinne von zweieinhalb beziehungsweise über drei Prozent.
Am deutschen Aktienmarkt präsentierten sich Technologie- und
Chipwerte im Einklang mit den europaweiten Trends fest. Infineon
gewannen unter den Top-Werten im Dax sieben Prozent,
für SAP ging es um knapp viereinhalb Prozent nach
oben. Die Hoffnung auf etwas weniger Druck seitens der Notenbanken
trieb den zinssensiblen Sektor an.
Die Aktien der Sportartikelhersteller Adidas und Puma
erholten sich um jeweils sechs Prozent von ihren
jüngsten Verlusten im Zuge der enttäuschenden Quartalszahlen von
Nike . An der Dax-Spitze zogen Zalando
um mehr als acht Prozent an. Die Aktien des Online-Modehändlers
waren in der vergangenen Woche noch auf den tiefsten Stand seit 2014
gefallen und bleiben auf Jahressicht der größte Verlierer im
Leitindex.
Der dreiprozentige Kursanstieg von RWE reichte
derweil nur für einen Platz im hinteren Dax-Mittelfeld. Der
Energieversorger, dessen Anteilsscheine vortags von einer
Milliarden-Übernahme in den USA profitiert hatten, will den
Kohleausstieg jetzt um acht Jahre auf 2030 vorziehen. Zugleich
sollen zwei Kraftwerksblöcke bis ins Frühjahr 2024 weiterlaufen, die
nach derzeitiger Rechtslage eigentlich Ende des Jahres stillgelegt
werden sollten. Außerdem nahm das Bankhaus Metzler die Aktie in
seine "Top Ten"-Liste auf.
Im Nebenwerte-Index SDax begeisterte der
Leasingspezialist Grenke mit der angehobenen
Zielmarke für das diesjährige Neugeschäft: Die Papiere eroberten mit
einem Kursprung von knapp zwölf Prozent den ersten Platz.
Es gab allerdings auch Verlierer am deutschen Markt. So büßten
Rheinmetall am MDax-Ende viereinhalb Prozent ein.
Börsianer führten dies auf Meldungen australischer Zeitungen zurück,
wonach sich die Entscheidung zwischen dem Luchs-Spähpanzer und dem
koreanischen Konkurrenten Redback im Rahmen des Rüstungsprogramms
"Land 400 Phase 3" verzögert. Im Auftragsziel von Rheinmetall für
2022 sei wohl ein ordentlicher Posten aus Australien enthalten, hieß
es am Markt. Dazu musste die Aktie ihren Platz in der
Metzler-Empfehlungsliste räumen.
Bei den Medienwerten ProSiebenSat.1 und RTL Group
standen Kursverluste von anderthalb beziehungsweise
knapp einem halben Prozent zu Buche. Während ProSiebenSat.1 die
Anleger mit einem überraschenden Führungswechsel nicht begeistern
konnte, enttäuschte beim Konkurrenten RTL wohl die Ankündigung, an
der Beteiligung am französischen TV-Branchenkollegen M6
festzuhalten.
Der Euro zog kräftig an und kostete zuletzt 0,9981
US-Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs
davor noch auf 0,9891 Dollar festgelegt.
Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite von 2,01 Prozent am Vortag auf
1,70 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 1,61
Prozent auf 130,02 Punkte. Der Bund-Future gewann
0,64 Prozent auf 141,67 Punkte./gl/he
--- Von Gerold Löhle, dpa-AFX ---
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