FRANKFURT (dpa-AFX) - Der deutsche Aktienmarkt ist am Dienstag von
enttäuschenden Unternehmenszahlen, Engpässen bei der Gasversorgung
sowie dem bevorstehenden Zinsentscheid der US-Notenbank Fed belastet
worden. Der Einfluss der am Nachmittag veröffentlichten, erneut
gesenkten Wachstumsprognosen des Internationalen Währungsfonds (IWF)
sowie von Nachrichten aus der US-Wirtschaft hielt sich letztlich
indes in Grenzen.
Der Leitindex Dax weitete seine moderaten
Vortagesverluste aus und schloss 0,86 Prozent tiefer bei 13 096,93
Punkten. Der MDax der mittelgroßen Unternehmen sackte
sogar um 2,14 Prozent auf 26 063,03 Zähler ab.
Das Eurozonen-Leitbarometer EuroStoxx 50 verlor 0,80
Prozent auf 3575,36 Punkte. Für den französischen Cac 40 ging es
ebenfalls nach unten, während der britische FTSE 100 auf der Stelle
trat. Der US-Leitindex Dow Jones Industrial notierte
zum europäischen Handelsende über ein halbes Prozent im Minus.
Die Gas-Krise bleibt virulent angesichts der Ankündigung Russlands,
die Lieferungen durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 von diesem
Mittwoch an erneut zu reduzieren. Zunehmend belastet die drohende
Gasknappheit auch den Ausblick der Exportwirtschaft in Deutschland,
wie aus einer Umfrage des Ifo-Instituts hervorgeht. Die Investoren
hätten dieses Thema jedoch bereits größtenteils eingepreist, im
Vordergrund stünden eher Unternehmenszahlen und Konjunkturdaten,
sagte Marktexperte Andreas Lipkow von Comdirect.
In den USA sind die Häuserpreise im Mai etwas weniger stark
gestiegen als erwartet. Dazu ging der Verkauf neuer Häuser im Juni
überraschend deutlich zurück, und auch die Stimmung der
US-Verbraucher trübte sich im Juli stärker als erwartet ein. Dies
dürfte immerhin die allgemeine Einschätzung unterstützen, dass die
US-Notenbank Fed den Leitzins an diesem Mittwoch um weitere 0,75
Prozent anheben wird - aber nicht um den zwischenzeitlich
befürchteten vollen Prozentpunkt. Steigende Zinsen können die
Attraktivität von Aktien im Vergleich zu festverzinslichen
Wertpapieren wie etwa Anleihen schmälern.
Uniper-Aktien rutschten am Dienstag erneut auf ein
Rekordtief und standen am Ende als MDax-Schusslicht über zehn
Prozent im Minus. Die weiter gedrosselten Gaslieferungen aus
Russland treffen auch den bereits angeschlagenen Energiekonzern. Ein
Sprecher bestätigte der Finanznachrichten-Agentur dpa-AFX, man
bekomme nur noch ein Drittel der vertraglich zugesicherten
Gaslieferungen aus Russland. Am Montag hatte Uniper noch 40 Prozent
erhalten. Zuvor hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtet.
Trotz der Drosselung werde aber kein Gas aus den Speichern
entnommen. Uniper schaffe Ersatz über andere Wege, teilte der
Sprecher mit.
Im Dax verloren sich die Papiere des Baustoffkonzerns
Heidelbergcement 2,7 Prozent. Hier belastete eine
Abstufung durch die Bank Exane BNP Paribas. Die Aktien der Deutschen
Bank verloren nach enttäuschenden Quartalszahlen des
schweizerischen Konkurrenten UBS fast zwei Prozent.
Die Frankfurter legen an diesem Mittwoch ihren Zwischenbericht vor.
Ansonsten setzten vor allem Unternehmenszahlen aus dem
Nebenwerte-Index SDax die Akzente am deutschen Markt.
Lieferkettenprobleme, höhere Kosten sowie eine pandemiebedingte
starke Vorjahresentwicklung brockten dem Diagnostikspezialisten
Stratec im ersten Halbjahr einen Umsatz- und
Ergebnisrückgang ein. Ein Händler sprach von schwachen Erlösen und
stark geschrumpften Margen, wenngleich der Ausblick bestätigt worden
sei. Die Aktien sackten daraufhin als Index-Schlusslicht um knapp
zwölf Prozent auf 84,60 Euro ein - das Tagestief von 80,70 Euro
bedeutete gleichzeitig den niedrigsten Kurs seit über zwei Jahren.
Die Titel des Personaldienstleisters Amadeus Fire
verloren nach Halbjahreszahlen fast achteinhalb Prozent auf 116 Euro
und waren zwischenzeitlich so günstig zu haben wie seit Februar 2021
nicht mehr. Hypoport gaben nach vorläufigen
Quartalszahlen letztlich um über drei Prozent nach. Der
Finanzdienstleister hatte zwar eine deutliche Umsatz- und
Gewinnsteigerung gemeldet. Das Bankhaus Metzler geht indes wegen der
steigenden Zinsen ab dem zweiten Halbjahr von einer deutlich
nachlassenden Gewinndynamik aus.
Cewe-Papiere sanken um knapp acht Prozent. Im Verlauf
waren sie bis auf den tiefsten Stand seit März 2020 abgesackt. Hauck
Aufhäuser Investment Banking strich vor den Quartalszahlen des
Fotodienstleisters die Kaufempfehlung.
Die Morphosys-Aktien wurden von der gesenkten
Umsatzprognose des Biotech-Unternehmens für Monjuvi nur kurz
belastet und gewannen am Ende fast fünf Prozent. Die im Rahmen
vorläufiger Quartalszahlen veröffentlichten US-Umsätze für das
Blutkrebsmedikament fielen laut Berenberg-Analystin Xian Deng
erwartungsgemäß aus. Aufwind erwartet sie von den Wirkstoffen
Pelabresib und Gantenerumab - Daten zu Gantenerumab stünden im
Schlussquartal an.
Der Euro rutschte in Richtung 1,01 US-Dollar. Zuletzt
kostete die Gemeinschaftswährung 1,0111 Dollar. Die Europäische
Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs davor auf 1,0124 (Montag:
1,0236) Dollar festgesetzt.
Am Rentenmarkt fiel die Umlaufrendite deutscher Bundesanleihen von
0,95 Prozent am Vortag auf 0,85 Prozent. Der Rentenindex Rex
stieg um 0,48 Prozent auf 136,65 Punkte. Der
Bund-Future gewann 0,89 Prozent auf 156,07
Zähler./gl/he
--- Von Gerold Löhle, dpa-AFX ---
ISIN DE0008469008 DE0008467416
AXC0287 2022-07-26/18:27
Copyright dpa-AFX Wirtschaftsnachrichten GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung, Wiederveröffentlichung oder dauerhafte Speicherung ohne ausdrückliche vorherige Zustimmung von dpa-AFX ist nicht gestattet.