FRANKFURT (dpa-AFX) - Hinweise auf eine mögliche Reduzierung der
Pandemie-Hilfen der Europäischen Zentralbank (EZB) sind am Dienstag
bei Investoren schlecht angekommen. Am Vormittag hatte der Dax
noch mit einem deutlichen Plus erstmals seit
zweieinhalb Wochen wieder die Marke von 16 000 Punkten in Richtung
seines Rekordhochs übersprungen, am Nachmittag ging es dann mit
deutlich unter 15 800 Punkten in die andere Richtung. Erste
Schnäppchenjäger nutzten gegen Handelsende das tiefere Kursniveau
aber wieder zum Einstieg, sodass am Ende für den Dax noch ein Minus
von 0,33 Prozent auf 15 835,09 Punkte stehen blieb. Der MDax
verlor 0,87 Prozent auf 35 952,74 Zähler.
Nachdem die am Vormittag veröffentlichte Inflation für den Euroraum
einen Anstieg auf den höchsten Stand seit fast zehn Jahren gezeigt
hatte, ließen am Nachmittag Aussagen von Österreichs Zentralbankchef
Robert Holzmann aufhorchen. Holzmann, der als EZB-Rat über die
Geldpolitik im Euroraum mitentscheidet, brachte eine Reduzierung der
Corona-Pandemiehilfen ins Spiel. Daraufhin gerieten sowohl die
Aktienkurse als auch Bundesanleihen unter Druck.
Die Reaktion auf die erneut gestiegene Inflation in der Eurozone
habe nicht lange auf sich warten lassen, kommentierte Marktexperte
Andreas Lipkow von Comdirect die Gedankenspiele aus dem EZB-Rat über
ein Ende der expansiven Geldpolitik. Das luftige Kursniveau im Dax
im Bereich der 16 000 Punkte bleibe vorerst zu hoch. Die expansive
Geldpolitik der Notenbanken gilt als einer der wesentlichen Treiber
für die Kursgewinne an den Aktienmärkten in den letzten Jahren.
An der Dax-Spitze stiegen die Aktien des Essensauslieferers Delivery
Hero um 3,6 Prozent. Sie profitierten von
Rekordaufträgen der südkoreanischen Tochter Woowa, von einer
geplanten Anteilsaufstockung der niederländischen Internetholding
Prosus und einem positiven Analystenkommentar. Die am
Vortag als Tagessieger klar höher aus dem Handel gegangenen Papiere
des Kunststoffkonzerns Covestro landeten diesmal mit
minus 3,1 Prozent auf dem letzten Platz im Leitindex.
Lufthansa verloren im MDax 1,5 Prozent, belastet von
einer Verkaufsempfehlung des Bankhauses Metzler. Auch Aussagen von
Konzernchef Carsten Spohr sorgten nicht für Entlastung. Nach seiner
Einschätzung hat die Airline die Corona-Krise noch nicht überwunden.
Die zuletzt stark gelaufenen Titel des Chipindustrie-Ausrüsters
Aixtron gerieten am Nachmittag erheblich unter Druck
und beendeten den Handel als MDax-Schlusslicht 6,3 Prozent tiefer.
Mit minus 5,7 Prozent waren auch die Titel des
Online-Gebrauchtwagenhändlers Auto1 sehr schwach.
Nach Börsenschluss wurde bekannt, dass sich mit DN Capital ein
Altaktionär aus der Zeit vor dem Börsengang von 2,2 Millionen Aktien
trennen will.
Die Papiere von Teamviewer - jüngst noch vom
Ronaldo-Wechsel nach Manchester vorwärts getrieben - sanken um 4,1
Prozent. Schwache Wachstumssignale des Videokonferenzdienstes Zoom
für das laufende Quartal trübten nun die
Anlegerstimmung.
Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 sank um 0,06
Prozent auf 4196,41 Punkte. Auch der französische Cac 40
schloss leicht im Minus. Der britische FTSE 100
gab am Dienstag nach der feiertagsbedingten Pause zum
Wochenauftakt etwas deutlicher nach. In den USA notierte der
Wall-Street-Index Dow Jones Industrial zum
Börsenschluss in Europa knapp im Plus.
Der Euro kletterte mit 1,1845 Dollar auf ein Hoch
seit Anfang August. Nach Börsenschluss kostete die
Gemeinschaftswährung dann nur noch 1,1799 Dollar. Die Europäische
Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Nachmittag auf 1,1834
(Montag: 1,1801) Dollar festgesetzt, der Dollar damit 0,8450
(0,8474) Euro gekostet.
Am Rentenmarkt hatten sich die Kurse bis zum Schluss des
Kassahandels am Mittag nur wenig bewegt, bevor die Aussagen zu den
EZB-Pandemiehilfen die Anleihen unter Druck setzten. Die
Umlaufrendite hatte mit minus 0,48 Prozent stagniert. Der
Rentenindex Rex war um 0,01 Prozent auf 145,90 Punkte
gesunken. Der Bund-Future verlor nach Börsenschluss
zuletzt 0,54 Prozent auf 175,44 Punkte./ajx/mis
--- Von Achim Jüngling, dpa-AFX ---
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