Die kräftige Erholung am US-Aktienmarkt nach der scharfen Talfahrt hat am Freitag gestoppt. Anleger gingen vor dem Wochenende angesichts der enormen Unsicherheit in der Corona-Krise lieber auf Nummer sicher. Über der Marke von 22 000 Punkten, die der Dow Jones Industrial zeitweise wieder zurückeroberte, konnte sich der US-Leitindex letztlich nicht halten. Konjunkturdaten hatten zugleich kaum Einfluss auf das Handelsgeschehen.

Mit einem Abschlag von 4,06 Prozent auf 21 636,78 Punkte beendete der Dow den Tag. Auf Wochensicht bedeutet dies immer noch ein Plus von knapp 13 Prozent und damit das größte seit 1938. Allerdings relativiert sich dies, denn noch am Montag war das weltweit bekannteste Börsenbarometer zeitweise in Richtung 18 200 Punkte auf den tiefsten Stand seit Ende 2016 gesackt. Die ausgeprägte Berg- und Talfahrt ruft Erinnerungen an die Finanzmarktkrise wach: Zuletzt Ende Oktober 2008 hatte der Dow mit etwas mehr als 11 Prozent ein prozentual zweistelliges Wochenplus verbucht und auch damals war er in den Wochen zuvor kräftig abgesackt.

Der marktbreite S&P 500 fiel am Freitag um 3,37 Prozent auf 2541,47 Punkte. Der technologielastige Nasdaq 100 verlor 3,91 Prozent auf 7588,37 Punkte.

Kaum Beachtung fanden die Februardaten zu den Konsumausgaben und den privaten Einkommen der US-Bürger oder auch die Inflationsdaten. Allesamt spiegelten noch die Situation vor der Virus-Pandemie wider. Doch auch die Stimmungsdaten der US-Verbraucher, die von der Universität Michigan erhoben werden, bewegten kaum. Dabei brach dieser Indikator im März, als die Corona-Krise die USA erreichte, so stark ein wie zuletzt im Oktober 2008.

Inzwischen haben sich nach Angaben von US-Experten weltweit bereits mehr als eine halbe Million Menschen mit dem neuartigen Coronavirus infiziert. Bis Freitagnachmittag gab es in den USA mehr als 94 000 bekannte Infektionen, in Italien mehr als 86 000 und in China rund 82 000, wie aus einer Übersicht der amerikanischen Johns-Hopkins-Universität hervorgeht.

Unter den einzelnen Unternehmen an der US-Börse gab es nur sehr wenige Gewinner. Zu denen zählten vor allem Aktien aus Branchen, die in Krisen- und Rezessionszeiten als defensiv gelten, also weniger konjunktursensibel sind. Vor allem Papiere aus dem Konsumgüter-, Telekom- oder Pharmasektor entzogen sich dem Abwärtssog. So legte die Aktie des Konsumgüterherstellers Procter & Gamble als der größte von nur zwei Gewinnern im Dow um 2,6 Prozent zu. Die Versichereraktie The Travelers stieg um 1,3 Prozent, nachdem Atlantic Equities sie auf "Overweight" hochgestuft hatte. Walmart drehten nach anfänglichen Gewinnen in die Verlustzone.

An der Nasdaq konnten sich die Aktien von Pepsico knapp im Plus halten, ebenso wie die von Ebay . Dagegen büßten die Aktien von Fluggesellschaften wie American Airlines , Delta und United wieder kräftig zwischen sieben und zehn Prozent ein. Besonders schwach zeigten außerdem wieder Aktien von Kreuzfahrt-Reedereien wie Carnival und Royal Caribbean Cruises , die nach jüngsten Erholungsgewinnen nun wieder um 19 Prozent beziehungsweise 15 Prozent nachgaben. Sie leiden unter der Virus-Krise besonders stark. Daher will Carnival auch bis zu sieben Milliarden Dollar an neuen Schulden aufnehmen.

Boeing waren schwächster Wert im Dow mit minus 10,3 Prozent. Laut US-Finanzminister Steven Mnuchin benötigt der Konzern eigener Einschätzung zufolge keine Staatshilfen. Allerdings haben die Aktien nach ihrem rasanten Kurssturz infolge der Virus-Krise bereits wieder einiges an Boden gut gemacht, allerdings auch wegen der Aussicht auf Staatshilfen. Nachdem sie vor neun Tagen bis auf 89 Dollar abgesackt waren, werden sie aktuell wieder mit 162 Dollar gehandelt. Die Erholung relativiert sich zugleich etwas vor dem Hintergrund, dass die Boeing-Aktien Mitte Februar noch mehr als 330 Dollar gekostet hatten. Apple und Microsoft verloren im US-Leitindex jeweils 4,1 Prozent und Intel 5,7 Prozent.

Am US-Rentenmarkt stiegen richtungweisende zehnjährige Staatsanleihen um 1 12/32 Punkte auf 107 16/32 Punkte und rentierten mit 0,705 Prozent. Der Euro legte unterdessen kräftig zu und wurde zum Börsenschluss an der Wall Street mit 1,1120 Dollar gehandelt. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs am Freitag auf 1,0977 (Donnerstag: 1,0981) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,9110 (0,9107) Euro./ck/he

--- Von Claudia Müller, dpa-AFX ---

 ISIN  US2605661048  US6311011026  US78378X1072

AXC0402 2020-03-27/21:30

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