Katharina Scheyerer-Janda: Ich darf Sie alle im Namen des Börse Express und der PHH Rechtsanwälte recht herzlich zu unserem heutigen Round Table begrüßen. Meine erste Frage an Sie: Was sind die Entscheidungskriterien, warum ein familiengeführtes Unternehmen an die Börse geht?

Franz Jurkowitsch: Bei uns war das Wachstum ausschlaggebend. Wir waren ja vorher ein Handelsunternehmen und sind erst später in die Immobilienentwicklung, speziell von Hotels eingestiegen. Als Immobilienentwickler mit dem Schwerpunkt Zentral- und Osteuropa mussten wir eigentlich immer 2 bis 3 Projekte machen, von denen wir auch immer eines verkaufen mussten, damit wir dann zusätzlich eines im Bestand hatten. In den ersten 15 Jahren nach der Wende waren die Märkte noch nicht so transparent bzw. noch nicht so liquide. Das heißt wenn wir gesagt haben, wir wollen jetzt irgendwo ein Grundstück oder eine Immobilie zur Umnutzung kaufen, hatten wir noch genug Zeit, um etwas zu verkaufen oder zu refinanzieren. So dass wir das Geld hatten, um wieder etwas einzukaufen.

In den Jahren 2004, 2005 kamen die ersten großen Private Equity Häuser in die Märkte, vor allem nach Tschechien, aber auch nach Ungarn. Diese konnten solche Käufe - ich übertreibe jetzt ein wenig - in wenigen Stunden abwickeln. Ab diesem Zeitpunkt waren wir nicht mehr so konkurrenzfähig. Wir hätten uns in der Folge auf Sekundärstädte oder auf nicht mehr so attraktive Lagen konzentrieren müssen. Da haben wir uns gesagt, wir müssen die Schlagkraft erhöhen. Weshalb wir uns dann einen Börsegang überlegt haben.

 

Katharina Scheyerer-Janda: Das heißt der Börsegang sollte die Finanzkraft erhöhen?

Franz Jurkowitsch: Ja, aber wir wollten nicht die Firma verkaufen, wir wollten auch nicht die Mehrheit verlieren. Daraus ist dann der Börsegang entstanden. Wir haben es auch nicht bereut, obwohl sich die Börsen sehr verändert haben. Natürlich ist es mehr Aufwand und es sind höhere Kosten, aber die Firma ist viel transparenter. Dadurch haben wir uns bei Finanzierungen viel leichter getan, weil die Firma für jede Bank oder jeden anderen Finanzier, ein offenes Buch war. Das hat uns sehr geholfen.

 

Katharina Scheyerer-Janda: Das heißt die Finanzierung war für Sie der ausschlaggebende Grund. Herr Schwartz, welche Tipps würden Sie einem Unternehmen geben, wenn es sich überlegt an die Börse zu gehen? Was spricht dafür?

Gerhard Schwartz: Die Finanzierung ist häufig der wichtigste Grund und der Anstoß um diesen Schritt zu setzen. Es gibt aber eine Reihe von weiteren wichtigen Gründen. Durch einen Börsegang steht das Unternehmen deutlich stärker in der Öffentlichkeit, was sich durchaus auswirken kann. So hören wir immer wieder, dass es einfach attraktiver ist ein gelistetes Unternehmen zu sein. So etwa wenn es um das Recruiting der wirklich guten Leute geht, auch was das Management betrifft. Das sind Faktoren, die bei einem Börsegang und dann beim Leben an der Börse ganz sicher mitspielen. Sicher, man muss das Unternehmen professionalisieren, dafür sorgt auch der regulatorische Druck. Aber wie häufig im Leben, wenn man zu etwas mit sanftem Druck gezwungen wird, kommt man nachher drauf, dass es in Summe doch etwas gebracht hat. Das gilt auch am Kapitalmarkt.

 

Katharina Scheyerer-Janda: Wie sieht das Ganze aus rechtlicher Sicht aus?

Hannes Havranek: Ich glaube, dass sehr viele Familienunternehmen davon profitieren würden Compliance-Spielregeln umzusetzen. Gerade in Zeiten in denen dieses Thema immer wichtiger wird und auch vom Markt gefordert wird, sollte man sich damit auseinandersetzen. Manchmal werden gesellschaftsrechtliche Themen in Familienunternehmen nicht ganz so ernst genommen, durch einen Börsegang wird man gezwungen hier klare Regeln zu schaffen.

Natürlich kann man das auch ohne Börsegang machen. Aber wir alle wissen, dass man einem Firmengründer wahrscheinlich ganz schwer erklären kann, dass er jetzt auf einmal sein Verhalten ändern muss, wenn der entsprechende Druck nicht da ist.

 

Katharina Scheyerer-Janda: Ein Börsegang hat also einige Vorteile. Ist das dann so eine Art Ritterschlag, wenn man an die Börse geht. Tut man sich dann auch International leichter?

Franz Jurkowitsch: Ich glaube, dass hängt vom jeweiligen Markt ab in dem man tätig ist. Das Image spielt bei einem Markenprodukt natürlich eine größere Rolle. Wir als Warimpex sind in Österreich gar nicht tätig, hier ist nur unser Firmensitz. In Polen, wo wir ja ein Doppellisting haben, hat uns das schon sehr geholfen, dort hatten wir ja auch sichtbare Gebäude.

 

Katharina Scheyerer-Janda: Das heißt Image spielt doch eine große Rolle?

Franz Jurkowitsch: Ja, sicher.

 

Katharina Scheyerer-Janda: Gibt es auch Nachteile, wenn man an die Börse geht?

Franz Jurkowitsch: Es ist ein Aufwand, nicht nur an Geld, sondern auch an Energie. Vielleicht kannst du Daniel ein bisschen mehr darüber erzählen.

Daniel Folian: Es ist ein organisatorischer Aufwand. Als privates Unternehmen hatten wir auch schon Quartalsreporting, aber nicht in dem Detailierungsgrad, wie das jetzt an der Börse vorgeschrieben ist. Die Organisation der Hauptversammlung ist ebenfalls ein Aufwand. Wenn man alles richtig macht, kann man eigentlich nichts gewinnen. Aber man kann viel verlieren, wenn man Formfehler macht und die HV wiederholen muss. Dazu kommt, dass sich das Umfeld in den letzten 10 Jahren sehr geändert hat. Früher gab es viel mehr Fonds, die auch in kleinere Unternehmen investiert haben. Mittlerweile investieren die Fonds hauptsächlich in möglichst liquide Titel. Das schadet natürlich der Wahrnehmung von allen kleineren Unternehmen. Nicht nur die Warimpex ist ein kleines Unternehmen, international gesehen sind fast alle Unternehmen an der Wiener Börse kleine Unternehmen.

 

Katharina Scheyerer-Janda: Das heißt dieser Drang in attraktive Titel und große Unternehmen zu investieren, schadet generell der Wiener Börse? Kann man das so sehen?

Daniel Folian: Ja, die Wiener Börse wird übersehen. Es wird dann halt auf größere Börsen geschaut.

 

Katharina Scheyerer-Janda: Wie teuer ist denn das Leben an der Börse für ein Unternehmen Herr Schwarz?

Gerhard Schwartz: Die Größe ist sicher ein wichtiger Aspekt. In diesem Zusammenhang wird ja oft gefragt, was die Mindestgröße ist, um an der Börse zu notieren. Dabei gibt es aus meiner Sicht zwei Dimensionen, die man beachten muss. Die Eine ist, wie Herr Folian bereits angesprochen hat, jene, dass aus internationaler Sicht eigentlich alle Unternehmen, die in Österreich gelistet sind, klein sind - abgesehen von wenigen Ausnahmen wie OMV oder ein paar Player aus dem Financial Services Bereich.

In Deutschland gibt es familiengeführte Unternehmen, die deutlich größer sind, als der Schnitt der bei uns notierten Unternehmen. Das führt mitunter zu einer babylonischen Sprachverwirrung, wenn wir uns mit unseren deutschen Freunden über den Mittelstand unterhalten. Klar ist auch, dass Anleger keinen Unterschied machen was die Größe eines notierten Unternehmens betrifft. Sie erwarten sich von allen Unternehmen die Einhaltung des Regelwerkes. Das macht es per se für kleine Unternehmen schon einmal herausfordernder, schließlich gibt es Infrastrukturkosten, die getragen werden müssen. Je kleiner das Unternehmen, desto schwieriger ist es diese Kosten zu tragen.

Ich denke aber, dass das eigentliche Thema nicht so sehr die absolute Größe zum Zeitpunkt der Entscheidung für einen Börsegang ist. Vielmehr geht es um die Frage wie schaut es eigentlich mit dem Wachstum aus, hat das Unternehmen eine Wachstumsfantasie. Gibt es in diesem Bereich genügend Potenzial und Fantasie, dann ist die absolute Größe zum Zeitpunkt des Börsegangs nicht mehr so bedeutend. Wenn ein Unternehmen das aber nicht hat, dann werden diese Strukturkosten umso relevanter und schlagender. Persönlich glaube ich, dass allgemein die regulatorischen Anforderungen in letzter Zeit so stark erhöht wurden, dass der Kostennachteil bei einer Börsenotierung gar nicht mehr so durchschlägt. Die hohen Anforderungen gelten zunehmend für alle Teilnehmer am Markt. Denken wir nur an den Datenschutz und andere Themen. Ein börsenorientiertes Unternehmen kann damit professioneller umgehen und dadurch sein Risiko bei diesen anderen Themen vielleicht sogar vermindern.

 

Katharina Scheyerer-Janda: Herr Havranek, wie sieht es diesbezüglich bei den zahlreichen mittelständischen Unternehmen aus, die Sie betreuen?

Hannes Havranek: Das primäre Thema sind da wahrscheinlich gar nicht so sehr die laufenden Kosten, wenn es einmal funktioniert. Es geht vielmehr um die Umstellung eines Unternehmens, um es börsefit zu machen. Das ist ja nicht nur mit externen Kosten und den Umstellungskosten verbunden, sondern bindet auch Managementkapazitäten. Wenn sich das Management zwischen sechs und acht Monate, oder sogar noch länger, darauf fokussiert, das Unternehmen an die Börse zu bringen, hat das bei einigen Unternehmen sicher Auswirkungen auf das operative Geschäft. Das gilt es zu beachten.

Noch ein Wort zu den möglichen Nachteilen eines Börsegangs. Wenn man an der Börse notiert ist, kann man Informationen über das Unternehmen nicht mehr so steuern, wie vorher. Denken wir nur an die Verpflichtung zu Adhoc-Meldungen, etc. Das ist definitiv ein Nachteil.

 

Katharina Scheyerer-Janda: Das gilt vor allem in Krisensituationen?

Hannes Havranek: Das kann, muss aber natürlich nicht unbedingt mit einer Krise verbunden sein. Die Informationssteuerung ist ja grundsätzlich ein Teil des strategischen Managements eines Unternehmens und dieser Teil wird dem Management genommen.

Daniel Folian: Ich denke man müsste in diesem Zusammenhang die Kosten den Ersparnissen gegenüberstellen, etwa wenn es darum geht, um wie viel günstiger man sich finanzieren kann. Auch die Wahrnehmung in und um ein Unternehmen erhöht sich. Wenn man ein Produkt verkauft ist das ja Gratiswerbung. Wenn man einen Börsegang macht, wird in allen Zeitungen darüber berichtet. Vor diesem Hintergrund sind die Kosten nicht so ein Thema. Es ist viel mehr die Struktur, die man schaffen und leben muss und das Faktum, dass das Unternehmen dann öffentlich ist.

 

Katharina Scheyerer-Janda: Ein Börsegang braucht ja eine gewisse Vorbereitungszeit. Wie lange haben Sie sich bei Warimpex vorbereitet?

Daniel Folian: Wir haben uns ca. ein Jahr vorbereitet. Aber Herr Schwartz kann da sicher mehr dazu sagen.

Gerhard Schwartz: Aus unserem Beratungsansatz heraus, sagen wir, dass man mit zwei Jahren rechnen sollte, um das solide zu machen. Die Erfahrung zeigt aber, dass gerade in Österreich Börsegänge tatsächlich rascher ablaufen.

Ich denke man muss da zwei Dinge berücksichtigen. Gerade bei Familienunternehmen kann man viele der Nachteile von Anfang an wegbekommen, wenn man sich eben diese Zeit zur Vorbereitung nimmt. Bei diesen Unternehmen hat man - wie schon erwähnt - häufig eine Verflechtung zwischen dem Unternehmerischen und dem Privaten. Das ist a priori nichts Schlechtes, im Gegenteil: Es zeigt, dass der Unternehmer nicht nur mit ganzem Herzblut, sondern auch mit vielen anderen Dingen wie z.B. Vermögensgegenständen für die Firma einsteht. Das muss aber vor einem Börsegang entflochten werden, denn danach kann ich diese Transaktionen nicht mehr so einfach durchführen.

Rational betrachtet würden wir dem alle zustimmen, natürlich ist das so. Vom Emotionalen her kann es mitunter schwierig werden, wenn man vergisst etwas im Vorfeld zu erledigen. Da kann es schon zu Unstimmigkeiten kommen, weil der Gründer dann fragt, warum er etwas was vorher möglich war nun nicht mehr machen darf. So sind zumindest unsere Erfahrungen. Das heißt vor dem Börsegang sind eine Menge Hausaufgaben zu erledigen. Und dafür braucht man Zeit und den unbedingten Willen der Eigentümer es auch so zu machen. Und wahrscheinlich braucht man auch Berater von außen, die einem Feedback geben.

Der zweite Aspekt in punkto Zeit ist jener, dass man auch an die Zeit nach dem IPO denken muss. Auch das muss vorbereitet werden. Denn danach sind sie in dem Rad der jährlichen bzw. halbjährlichen Berichterstattung und Adhoc-Meldungen drinnen. Ein Rad, dass sich nicht mehr zurückdrehen lässt. Wenn Sie sich darauf nicht gut vorbereiten, können Sie sehr schnell unter Druck geraten. Man sollte sich auch vorher überlegen wie man kommuniziert, wenn es mal nicht so gut läuft.

Hannes Havranek: Ich glaube das ist ein wichtiger Punkt. Vor allem weil wir vorher über die positiven Aspekte in punkto Öffentlichkeit gesprochen haben. Man muss sich dessen bewusst sein, dass das auch in die andere Richtung gehen kann. Man muss als Unternehmer bedenken, dass es da kein Zurück mehr gibt.

 

Katharina Scheyerer-Janda: Was muss man da rechtlich beachten, vor allem in Bezug auf die Rechtsform?

Franz Jurkowitsch: Ich glaube die Rechtsform GmbH oder AG macht jetzt keinen Unterschied, solange es nicht eine öffentliche ist. Zu dem vorher Gesagten möchte ich Ihnen allerdings noch eine kleine Anekdote erzählen, die zeigt worum es aus meiner Sicht geht. Ich habe jahrelang bei einer Privat Equity-Conference für Emerging Markets mit Fokus auf Eastern Europe teilgenommen. Eigentlich war es eine Mischung aus Private Equity und Venture Capital. Da waren Polen, Russen und Israeli von Start-ups, und natürlich auch ein paar Deutsche und Österreicher. Da ist mir der große Unterschied im Denken erstmals so richtig aufgefallen. Die Mitteleuropäer wollten eigentlich kein Private Equity, die haben immer gedacht sie wachsen mit Krediten und geben nur minimale Anteile her, damit die Anderen nicht zu viel mitreden können. Diese Unternehmen waren in ihrem Wachstumsprozess eher langsam und dadurch auch nicht sehr erfolgreich. Die Russen und die Israeli haben ganz anders gedacht: Die hatten großes Interesse an Kapitalerhöhungen, eine und am besten noch eine dazu, dann noch Private Equity und am liebsten New York Stock Exchange in zwei Jahren. Das ist natürlich ein Cultural Clash. Diese Leute wollten wachsen, weil Sie für Ihr Produkt eine Philosophie hatten. Sie haben sich gesagt ich habe lieber 20 Prozent an einer großen Torte, als eine kleine Torte alleine. Die mitteleuropäische Denke ist bei unseren Unternehmen noch immer ein bisschen verhaftet. Es gibt noch immer viele, die davor Angst haben zu teilen, weil ihm der andere jetzt zu viel hineinschaut. Ohne dabei zu bedenken, dass Sie im Ausgleich dafür ja Geld erhalten. In meinen Augen ist das die falsche Philosophie. Wenn man an ein Produkt, an ein Unternehmen bzw. an eine Unternehmenskonzeption glaubt, dann macht es Sinn über die Börse wachsen zu können und das Unternehmen größer zu machen. Vor allem auch, um in punkto Kredite unabhängiger zu werden. Wenn Sie immer nur mit Krediten wachsen, werden Sie natürlich beim ersten Gegenwind wesentlich anfälliger sein, als wenn sie mit einer breiteren Eigenkapitalbasis wachsen. Ich glaube das viele Unternehmen das noch nicht so wirklich aus dieser Perspektive betrachtet haben.

 

Katharina Scheyerer-Janda: Das klingt als wären Sie sehr zufrieden mit Ihrem Change?

Franz Jurkowitsch: Wir sind sehr zufrieden. Wenn Sie mich fragen würden wir es heute wieder so machen.

Hannes Havranek: Zur Frage des rechtlichen Unterschiedes möchte ich eine kurze Ergänzung vornehmen. Ich bin weitgehend bei Ihnen, dass es kaum Unterschiede gibt. Zwei Unterschiede sollten wir doch hervorstreichen. Bei einer GmbH kann sich der Mehrheitsgesellschafter in aller Regel seine Mitgesellschafter aussuchen. Bei einer Aktiengesellschaft ist das nicht mehr so. Bei einer GmbH gibt es ein Weisungsrecht vom Eigentümer an die Geschäftsführer. Bei einer AG agiert der Vorstand weisungsfrei. Das ist sicher etwas, was viele Familienunternehmen anders sehen als Sie. Deshalb bewundere ich Ihren Zugang, weil Sie das Vertrauen haben und loslassen können. Aber für ganz viele Familienunternehmen ist es eigentlich ein absolutes No-Go, wenn sie keinen direkten Zugriff mehr auf das Unternehmen haben.

Franz Jurkowitsch: Da haben Sie schon Recht. In dem Moment in dem das Unternehmen größer wird und man nicht mehr selbst in der Geschäftsführung tätig ist, treffen die Punkte, die sie aufgezählt haben zu. Aber ich würde das nicht überschätzen, denn wenn Sie wachsen und nicht mehr selbst die Geschäftsführung machen wollen, müssen Sie dem oder der Neuen vertrauen. Das gilt auch für eine GmbH.

Hannes Havranek: Stimmt schon, aber auch das Thema direktes Weisungsrecht und die Möglichkeit den Geschäftsführer abzuberufen, was auf die GmbH zutrifft, spielt eine Rolle. Das steckt in den Köpfen drinnen. Aus unserer Wahrnehmung ist das bei ganz vielen Familienbetrieben ein echtes Thema, deshalb tun sich viele schwer, den Schritt von der GmbH zur AG zu machen.

Franz Jurkowitsch: Gut, aber wenn wir diesen Gedanken mit dem Weisungsrecht und der mehr oder weniger extensiven Ausnutzung weiterspinnen, heißt das ja, dass der Unternehmer in der Geschäftsführung drinnen ist.

Hannes Havranek: Natürlich ist irgendwann eine Grenze erreicht, wo eine überaus große Anzahl von Weisungen auch rechtliche Konsequenzen hat und der Unternehmer praktisch die Geschäftsführung innehat.

Franz Jurkowitsch: Ich denke da nicht nur an die juristischen Konsequenzen, sondern vor allem an die Fälle wo Familienmitglieder dann die Geschäftsführer oder die Vorstände mehr oder weniger vergrämen.

Hannes Havranek: Womit wir wieder bei dem bereits diskutierten Thema wären, wie bekommt man gute Leute. Einen guten Manager wird man nicht bekommen, wenn der Eigentümervertreter ihm ständig dreinredet und ihm sagt, was er zu tun hat.

Franz Jurkowitsch: Das macht ja auch keinen Sinn. Entweder macht der Unternehmer es dann selber besser oder auch nicht. Das hängt dann davon ab, wie gut er im Markt drinnen ist. Das Gleiche gilt natürlich auch für Mitarbeiter. Wenn ich diese zu sehr gängle, dann werde ich auch keine guten Mitarbeiter kriegen.

 

Katharina Scheyerer-Janda: Dieser Paradigmenwechsel ist aber in Wahrheit auch etwas sehr Positives, weil das in der AG gelebt werden muss, was in der GmbH gelebt werden sollte, um schlagkräftig zu sein. Bei einem börsenotierten Unternehmen ist man dann halt dazu gezwungen, ist das richtig?

Gerhard Schwartz: Ja. Es gibt unzählige Veranstaltungen und Kongresse für Governance in Familienunternehmen, die sich damit beschäftigen wie man das Thema auch in einem Familienunternehmen umsetzen kann. Prinzipiell geht das, aber nach meiner Lebenserfahrung gibt es nur sehr wenige die das dann auch freiwillig und ohne Druck machen. Ausnahmen bestätigen die Regel.

Hannes Havranek: Was da noch dazukommt ist, dass die jüngere Generation, die vielleicht schon moderner aufgewachsen ist, diese Veränderungen in aller Regel ja möchte. Sie tut sich nur sehr schwer dem Familienpatriarchen, der über allem steht, zu erklären, dass der Führungsstil, den er über 30 Jahre gehabt hat, jetzt nicht mehr so funktionieren kann. Das ist eine ganz schwierige Situation, vor allem für die jüngere Generation. Das führt in sehr vielen Familien zu heftigen familieninternen Streitigkeiten. Man darf nicht übersehen, wie viele Familien sich schon ernsthaft über die Art und Weise wie das Unternehmen zu führen ist, nachhaltig zerstritten haben.

 

Katharina Scheyerer-Janda: Herr Folian, sie sind ja ein klassischer Vertreter der angesprochenen jüngeren Generation, wie war das bei Ihnen?

Daniel Folian: Mein Vater hat zu seinem 70igsten Geburtstag gesagt, er geht in Pension und hat sich zurückgezogen. Er steht dem Unternehmen zwar beratend zur Verfügung, ist aber nicht im Aufsichtsrat und mischt sich nicht in die Geschäfte ein. Nichtsdestotrotz fragt man ihn um Rat.

 

Katharina Scheyerer-Janda: Sie haben das also als positiv empfunden. Wie wichtig war es geschäftlich und privat voneinander zu trennen?

Daniel Folian: Geschäftlich und Privat sind natürlich getrennt. Das muss man in einer Familie machen, weil sonst redet man auch am Sontag nur über das Geschäftliche.