BÖRSE EXPRESS: 2017 war Zumtobel mit einem Kursrückgang größer 40 Prozent der schlechteste Titel im ATXPrime. Bis Ende des Halbjahres schien sich das zu wiederholen. Seither liegt die Aktie aber unter den Top-5 des Marktes. Es heißt zwar, die Börse blickt in die Zukunft – die Zahlen zum 1. Quartal waren aber nochmals schlechter als die im Vorjahr – irrt sich die Börse, oder sehen Sie die Talsohle bereits durchschritten?

THOMAS TSCHOL: Das 1. Quartal zeigte, dass wir in der Gruppe die richtigen Schritte gesetzt haben, um das Geschäft zu stabilisieren – die Kosteneinsparungen greifen – operativ dürften wir die Talsohle durchschritten haben. Nach drei Quartalen erzielten wir auch unter dem Strich wieder einen Gewinn.

 

BÖRSE EXPRESS: Lichtblick das 1. Quartals war wohl das Komponentengeschäft, das erstmals seit zehn Quartalen wieder ein Umsatzplus schaffte – 0,6 Prozent, bzw. 3,2 Prozent FX-bereinigt. Wie sehen Sie hier die weitere Entwicklung? Und bitte das Stichwort IoT einfließen lassen – wie und wo kommt da Zumtobel ins Spiel?

THOMAS TSCHOL: Smart Lighting ist hier das Ziel, Licht ist ein Grundpfeiler des IoT, ermöglicht vernetzte Lösungen als Dienstleistung für den Kunden und gerade die Dienstleistung gewinnt beim Kunden enorm an Bedeutung. Mit ein Grund, warum wir in Portugal ein neues Software-Zentrum errichten. Wir möchten uns das Know-how selbst erarbeiten und besitzen. Hier werden dezentrale Standorte gebündelt und bisher outgesourctes wird wieder ins Haus geholt

 

BÖRSE EXPRESS: Warum Porto – gibt es in Österreich zu wenige Software-Ingenieure?

THOMAS TSCHOL: Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht, aber in Dornbirn wäre es unmöglich gewesen, soviele Mitarbeiter dafür zu finden. Und Porto hat sich in der EU zu einem interessanten Tech-Hub entwickelt.

Zum angesprochenen Lichtblick: Die leichte Steigerung im Komponentengeschäft nach so vielen Rückgängen ist erfreulich, jetzt ist aber Ziel für das zweite Halbjahr, auch das Leuchtengeschäft zu stabilisieren.

 

BÖRSE EXPRESS: Das wäre dann so etwas wie ein doppelter Turnraround – ein Ende des Umsatzschwunds in beiden Segmenten...

THOMAS TSCHOL: Könnte man sagen, man sollte aber bescheiden bleiben – es bleibt eine moderate Entwicklung. In Summe des Jahres werden wir das starke Umsatzminus von rund 25 Millionen Euro aus dem 1. Quartal nicht kompensieren können.

 

BÖRSE EXPRESS: Dann bleibt als Sorgenkind vor allem das Leuchtengeschäft – Osram hat die Trennung eingeläutet – wäre das nicht auch bei Ihnen überlegenswert?

THOMAS TSCHOL: Für uns sind Leuchten ein integraler Bestandteil des Geschäftsmodells und wir sehen in der Kombination mit dem Komponentengeschäft durchaus Vorteile - Synergien. Auch darf man nicht vergessen, dass derzeit Leuchten etwa 70 Prozent des Umsatzes ausmachen – will man sich vom Großteil des Unternehmens trennen?

 

BÖRSE EXPRESS: Wäre dann wiederum ein Kraftakt wie die Übernahme von Teilen Osrams eine Überlegung – Finanzierungen sind ja noch relativ günstig bzw. bei nicht wenigen Abspaltungen bekommt der Verkäufer als Gegenleistung einen Anteil am Käufer...

THOMAS TSCHOL: Dabei geht es vor allem um den Bereich Außenbeleuchtung – das ist für uns nicht so interessant und daher nicht Teil von Überlegungen.

 

BÖRSE EXPRESS: In Ihrer Branche gibt es derzeit den Wettlauf Kosteneinsparung versus Preisdruck. Ist dieser Wettlauf wirklich zu gewinnen? Wenn man sich die Chipindustrie als Beispiel ansieht, schaffen das im Endeffekt nur die ganz Großen, oder extreme Spezialisten. Was ist Ihr Weg?

THOMAS TSCHOL: Unsere Antwort darauf ist Fokus. F steht für Fokusmärkte und -anwendungen: Heißt, wir werden uns auf unsere Zielmärkte sowie nachhaltig, profitable Anwendungen konzentrieren. Für das Leuchtensegment liegt der Schwerpunkt auf Europa, im Komponentensegment sehen wir im globalen Markt unser Wachstum.

O steht für Operative und Prozess-Exzellenz: Im Sinne unseres Lean Management Ansatzes werden wir weiter auf eine Verbesserung unserer Kostenbasis in allen Bereichen - von der Produktion über die Verwaltung bis zum Vertrieb - setzen. Darunter verstehen wir auch das Vorantreiben der Digitalisierung sämtlicher Geschäftsprozesse.

K steht für Komponenten: Wir glauben an das nahtlose Zusammenspiel von Komponenten und Leuchten als Treiber der Digitalisierung. Daher ist Tridonic auch ein integraler Bestandteil der Zumtobel Group.

U sind unsere unikalen Marken: Mit den Kernmarken Zumtobel, Thorn und Tridonic haben wir drei starke Marken im Konzern. Und S steht für Services & schlüsselfertige Lösungen: Diese sind ein integraler Bestandteil für das Leuchten- und Komponentensegment der Zumtobel Group und ein wichtiger Treiber für zukünftiges Wachstum. Innovation findet sich in allen unseren Produkten, Technologien, Services und Geschäftsprozessen wieder.

Heißt: Bei Komponenten möchten wir zu den Großen gehören, bei den Leuchten zu den Spezialisten.

 

BÖRSE EXPRESS: Um bei Komponenten global mitzuspielen, gehören wahrscheinlich die USA fix dazu, wo Sie derzeit kaum präsent sind.

THOMAS TSCHOL: Das werden wir stärken und ausbauen, wobei es dabei vor allem um den Vertrieb geht.

 

BÖRSE EXPRESS: Beim Punkt O haben Sie Kosteneinsparungen angesprochen. Es gibt das Ziel, die Kosten um 50 Millionen Euro zu reduzieren. Das sind im Vergleich mit den Vertriebs- und Verkaufsaufwendungen etwa 15 Prozent. Das klingt viel – doch um auf etwa Osram-Niveau zu kommen, müsste die Ersparnis knapp verdreifacht werden. Und Osram hat gerade nochmals ein Kostensenkungsprogramm angestoßen. Dies vor allem auf Ihr Ziel hin, im Geschäftsjahr 2020/21 eine EBIT-Marge von rund 6 Prozent zu erzielen. Werden die 50 Millionen da reichen?

THOMAS TSCHOL: Vorab – mit Osram kann man uns durch eine unterschiedliche Aufstellung nicht wirklich vergleichen. Und ja, mit den 50 Millionen Euro sollte sich das 6-Prozent-Margenziel ausgehen. Ziel für heuer ist, beim bereinigten Gruppen-EBIT gegenüber dem Vorjahr - 19,7 Mio. Euro - eine leichte Verbesserung zu erzielen.

 

BÖRSE EXPRESS: Sehen Sie das Kosteneinsparungspotenzial dann an sich ausgeschöpft?

THOMAS TSCHOL: Ich sage nicht, dass es das Ende der Fahnenstange ist, aber es ist das, was wir uns für die nächsten zwei Jahre vorgenommen haben. Und hätten dann einen großen Schritt gemacht, immerhin kommen wir von einer EBIT-Marge kleiner zwei Prozent.

 

BÖRSE EXPRESS: Diese 6 Prozent halten aber nur, wenn es nicht weiteren Preisdruck in der Branche gibt...

THOMAS TSCHOL: Beim Thema Preiswettbewerb ist das Unternehmen gefordert, diesen in den Produktionskosten wieder abzufangen.

 

BÖRSE EXPRESS: CEO Andreas Felder liegt mit seinen gekauften Zumtobel-Aktien im Minus, COO Bernhard Motzko liegt im Plus. Wie steht der CFO zur Aktie? Ein reines Finanzierungsinstrument, oder nutzen Sie diese an sich auch zur persönlichen Anlage?

THOMAS TSCHOL: Da die Aktie eine interessante Anlageklasse darstellt, ist sie sicher kein No-go in meiner privaten Veranlagung. Diese halte ich aber auch gern dort – im Privaten. Sobald Zumtobel dabei wäre, würden Sie es entsprechend der Veröffentlichungsvorschriften offiziell erfahren.

 

BÖRSE EXPRESS: Mit der EIB wurde ein Finanzierungspaket über 40 Millionen Euro mit 6 Jahren Laufzeit geschnürt. Wie bekommt man von der EIB überhaupt Geld – und wofür wird das eingesetzt?

THOMAS TSCHOL: Die EIB vergibt Kredite an R&D-intensive Unternehmen, wie wir eines sind - und möchte da unsere rund 4700 Patente verweisen. Bei uns passte das sehr gut in die Finanzierungsstruktur, da im September 40 Millionen Euro an Fremdkapital fällig werden. 

Aus dem Börse Express-PDF vom 13. September