(durchgehend aktualisiert)

BERLIN/BRÜSSEL (dpa-AFX) - Zur Bewältigung der Corona-Krise muss die EU Entwicklungsländer nach Ansicht von Entwicklungsminister Gerd Müller deutlich stärker als bisher angekündigt unterstützen. "Wir brauchen einen Schutzschirm für Krisenstaaten", sagte der CSU-Politiker am Mittwoch nach einer Videoschalte mit seinen EU-Kollegen. Er begrüße zwar das EU-Hilfspaket von gut 15 Milliarden Euro, aber "für mich sind die Vorschläge nicht weitgehend genug". Müller kritisierte vor allem, dass es sich nicht um frisches Geld handele, sonder bereits bestehende EU-Mittel umgewidmet würden.

"Für viele unserer Partner könnte es die schlimmste Krise seit Jahrzehnten sein", warnte auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell nach der Videoschalte. Ziel sei, die gefährdetsten Länder zu unterstützen, insbesondere in Afrika und in der eigenen Nachbarschaft, aber auch in Asien, Lateinamerika und in der Karibik.

EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte am Dienstag ein Hilfsprogramm in Höhe von 15,6 Milliarden Euro angekündigt. Das Geld stammt Borrell zufolge aus bestehenden Ressourcen der EU-Kommission sowie der Europäischen Investitionsbank (EIB). Durch Zusagen der EU-Staaten sowie der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung käme man auf mehr als 20 Milliarden Euro. Damit wolle man zunächst die unmittelbare Gesundheitskrise bekämpfen. Außerdem sollten die Gesundheits-, Wasser- und Sanitärsysteme unterstützt werden, sagte Borrell. Zudem sollten soziale und wirtschaftliche Auswirkungen der Krise minimiert werden.

Die Welthungerhilfe begrüßte Ankündigungen dieser Art: "Auch die Länder des Südens brauchen einen Rettungsschirm. Dabei müssen Ernährung und Gesundheit gemeinsam gedacht werden", sagte Generalsekretär Mathias Mogge. "Viele Menschen brauchen direkte Unterstützung mit Geld oder Nahrungsmitteln, um ihr Überleben zu sichern. Dafür sollen bewährte Strukturen, auch die von Nichtregierungsorganisationen, genutzt werden." Langfristig angelegte Programme dürften nicht leiden.

CSU-Minister Müller forderte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen auf, in ihrem angekündigten Marshall-Plan für die Zeit nach der Corona-Krise auch Afrika zu bedenken. Es brauche frisches Geld. Sein Ministerium werde nicht unbedingt nötige Infrastrukturmaßnahmen und Projekte zurückstellen und eine weitere Milliarde Euro bereitstellen.

Um die Handlungsfähigkeit der Staaten und Unternehmen zu sichern, brauche es zusätzlich zu bereits bestehenden Programmen der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds weitere Kreditprogramme, sagte Müller. Er forderte Kreditlinien der EIB in Höhe von 10 Milliarden Euro, die auf 100 Milliarden gehebelt werden könnten.

In der afrikanischen Sahelregion seien mehr als fünf Millionen Menschen von Hunger bedroht, warnte Außenminister Heiko Maas am Mittwoch. "Durch die Covid-19-Pandemie wird sich die Nahrungsmittelversorgung voraussichtlich weiter verschlechtern", sagte der SPD-Politiker. Vor einer humanitären Katastrophe in den Sahelstaaten Burkina Faso, Niger und Mali hatte vor wenigen Tagen auch das UN-Welternährungsprogramm (WFP) gewarnt.

Maas erklärte, um die Menschen in der Sahelregion mit Nahrungsmitteln zu erreichen, habe das Auswärtige Amt dem Welternährungsprogramm in diesem Jahr zehn Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus unterstütze Deutschland mit der Förderung den humanitären Flugdienst der Vereinten Nationen, um Hilfsbedürftige auch in schlecht zugänglichen Gebieten zu erreichen. "Wir prüfen derzeit auch die Bereitstellung zusätzlicher humanitärer Hilfe für von der Covid-19-Pandemie besonders betroffene Menschen."

Gerade weil die Corona-Krise die humanitäre Arbeit auf die Probe stellt, benötigt das WFP nach eigener Schätzung bis August dringend 208 Millionen US-Dollar, um weiter Überlebenshilfe leisten zu können./cn/DP/fba

AXC0369 2020-04-08/19:02

Copyright dpa-AFX Wirtschaftsnachrichten GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung, Wiederveröffentlichung oder dauerhafte Speicherung ohne ausdrückliche vorherige Zustimmung von dpa-AFX ist nicht gestattet.