Auch abseits des Tagesgeschäfts war in Wolfsburg im vergangenen Jahr gewohnt viel los: Diess krempelte bei den Konzerntöchtern weite Teile des Managements nach seinen Vorstellungen um und will den Umbau hin zum Elektro- und Technologiekonzern mit seinen Gefolgsleuten damit forcieren. Das ging nicht ohne Reibereien ab, letztlich konnte Diess aber viele seiner Wünsche durchsetzen. Gerade jetzt, wo der Markt für Elektroautos in Europa deutlich wächst und US-Elektropionier Tesla vor den Toren von Berlin seine Gigafactory baut, entscheidet sich für den Manager der weitere Weg: Kann VW wie angepeilt Weltmarktführer bei Elektroautos werden?

Vergangenes Jahr startete das wichtige Massenmodell ID.3 in der Golf-Klasse, kürzlich kam der Kompakt-SUV ID.4 hinzu - und VW hat weitere Modelle bei der Hausmarke und bei den Töchtern in den Startlöchern. Mit dem ID.3 sprang der Konzern nach eigenen Angaben in vielen Märkten Europas direkt an die Spitze der rein batteriegetriebenen Modelle und lieferte 2020 rund 56 500 Stück aus.

Den Tesla Model 3 mit fast 87.000 Stück und den Renault-Kleinwagen Zoe konnte der ID.3 damit laut Daten des Auto-Analysten Matthias Schmidt noch nicht knacken - aber das VW-Modell kam auch erst im September auf den Markt. Vom Audi E-tron verkaufte der Konzern 2020 zusätzlich 47.300 Stück. Damit war die VW-Gruppe im Jahr 2020 in Westeuropa laut Schmidt insgesamt klarer Marktführer vor Renault-Nissan-Mitsubishi und auch vor Tesla bei rein elektrischen Antrieben.

Das zweite Halbjahr 2020 war im Tagesgeschäft auch in der Gesamtsicht weitaus erfreulicher als das erste und zweite Quartal, auch wenn nach fast ausgeglichenen Verkaufszahlen im dritten Quartal im Schlussjahresviertel wieder ein Dämpfer erfolgte. Die Pandemie ist mit den aktuellen Lockdowns in vielen Ländern für den Autobauer noch lange nicht ausgestanden. Doch VW ließ schon durchblicken, dass das operative Ergebnis vor Sondereinflüssen bei rund 10 Milliarden Euro (VJ: 19,3) gelegen haben dürfte - soviel hatte dann doch kaum einer auf dem Zettel.

Aktuell drückt mit dem Chipmangel aber neben den Lockdowns auch eine der vielen Folgelasten der Covid-Ausbreitung auf die Laune der Manager. Weil Chiphersteller beim Einbruch der Automärkte umdisponierten und auch Rohmaterialien knapp geworden sind, kommen die Elektronikkonzerne derzeit nicht mit der Lieferung von Halbleitern hinterher. Nahezu alle Autobauer haben für das erste Quartal zumindest teilweise Produktionsprobleme angekündigt. Umso spannender wird, wie der Konzern die Lage in diesem Jahr einschätzt, was Auslieferungen, Umsatz und operative Rendite angeht.

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