BÖRSE EXPRESS: Etwas mehr als ein Jahr Börsenlisting im direct market. Was ist ein 1. Fazit?

KAMIL KOWALEWSKI: Für uns war die Umstellung nicht so groß, da wir seit längerem mit einer Anleihe in Frankfurt am Kapitalmarkt sind. Natürlich ist eine Hauptversammlung mit Aufwand verbunden. Aber mit der Zeit weiß man, was zu tun ist. Hervorheben möchte ich hierbei die großartige Unterstützung der Wiener Börse. Wir fühlen uns gut aufgehoben, soviel kann man sagen.

 

BÖRSE EXPRESS: Was ist für Sie Ziel der Börsennotiz? Die große Liquidität in der Aktie gibt’s ja nicht...

KAMIL KOWALEWSKI: Das erste Ziel ist sicher schon erreicht: unsere Bekanntheit zu steigern und mehr österreichische Investoren zu adressieren. Mittelfristig ist unser Ziel, Kapitalmarktmaßnahmen und weitere Schritte in den Wiener Kapitalmarkt zu setzen.

 

BÖRSE EXPRESS: Nachdem das Geschäftsjahr 2019 kürzlich veröffentlich wurde: Der Umsatz wurde auf 41,9 Millionen Euro mehr als verdreifacht, das EBIT fiel um 4 auf minus 4,6 Millionen Euro. Das erklärt sich wie?

KAMIL KOWALEWSKI: 2019 stand bei uns im Zeichen des Wachstums. Dafür haben wir eine Anleihe über 15 Millionen Euro begeben. Damit konnte wir die Mehrheit an der PREMIUMVERBUND-TECHNIK Bau GmbH übernehmen.

Weiters haben wir in Nitra, wo wir unsere Bauelemente herstellen, ein weiteres Grundstück gekauft, um die Kapazität erhöhen zu können. Leider führte die Berücksichtigung der Covid-19-Krise im Konzernabschluss zu Belastungen des NOPAT etwa bei den latenten Steuern über 2,2 Millionen Euro, womit die Ertragsentwicklung mit dem Umsatz nicht Schritt hielt. Dazu kamen Belastungen bei einem Projekt in Weißrussland etc.

 

BÖRSE EXPRESS: Fallen negativen Effekte wie Weißrussland unter die betriebsbedingten Schadensfälle mit in Summe 3,7 Millionen Euro?

KAMIL KOWALEWSKI: Nein. Dabei handelt es sich um wirkliche Schadensfälle, die mit Baustellen verbunden sind und die zu einem Teil von der Versicherung, zum Teil vom Kunden, aber natürlich auch von uns getragen werden.

 

BÖRSE EXPRESS: Wenn Sie die positiven und negativen außerordentlichen Effekte in 2019 zu addieren – was kommt unterm Strich heraus?

KAMIL KOWALEWSKI: Die ao Effekte, wobei ich die Schadensfälle außen vor lasse, da diese für mich zum Risiko des Geschäftes zählen, waren 1,2 Millionen Euro aus dem Projekt Weißrussland und der Covid-19-bedingten Margenkorrektur - 0,4 Millionen aus einem Vergleich im Bereich aufgegebener Geschäftsbereiche und Covid-19-bedingte 2,2 Millionen aus latenten Steuern: In Summe sind das rund 3,8 Millionen Euro.

 

BÖRSE EXPRESS: Ein bisschen allgemeiner: Was ist Ihre Investmentstory als börsenotiertes Unternehmen bzw. der USP in der Realwirtschaft?

BERND ACKERL: Der USP liegt eindeutig in der Vorfertigung der Bau-Elemente – inklusive eingebauter Haustechnik – Licht, Wasser etwa: Wir fertigen die Elemente bereits im Werk und sparen damit an notwendigen Fach-Arbeitskräften auf der Baustelle. Was in Summe wiederum Zeit spart, allein beim Rohbau bis zu 50 Prozent. Und durch unsere spezielle Leichtbauweise lassen sich diese Elemente auch wesentlich weiter transportieren, als bei herkömmlichen Schalungs- bzw. Hohlwandherstellern. Diese kommen auf bis zu 150 Kilometer an Lieferradius – wir auf bis zu 1800 km – deswegen zählt auch Schweden zu unseren Kernmärkten.

Und: Der gesamte Wohnungsmarkt im Bereich Mikro Living ist stark am Wachsen und hier bietet VST eine besonders geeignete Technologie durch die Vorfertigung an.

Immer wichtiger wird auch der Punkt Nachhaltigkeit, wo wir einen überzeugenden Background haben: Wir bauten bereits Passiv-Häuser, als diese noch weitgehend unbekannt waren, das ist mittlerweile Baustandard. Wir gehen den Schritt weiter und schauen auch, dass beispielsweise das verarbeitete Holz aus nachhaltigen Anbau stammt.

Ein wichtiger Punkt für unsere Investoren ist, dass wir über eine patentierte Technologie verfügen, die uns vor Nachahmern schützt und wodurch wir durch Lizenzvergabe steuern können, wer unsere Produkte verwendet.

 

BÖRSE EXPRESS: Auf was für Lizenzen basiert das Geschäftsmodell?

BERND ACKERL: Es gibt unterschiedliche Arten von Lizenzen. Einerseits das Werksanlagengeschäft. Dabei geht es darum, außerhalb Europas ganze Werksanlagen inklusive Know-how zu verkaufen. Andererseits vergeben wir Vertriebslizenzen innerhalb Europas.

 

BÖRSE EXPRESS: Unter Vertriebslizenz stelle ich mir vor, ein Händler in Frankreich darf anbieten und Sie bekommen x Prozent?

BERND ACKERL: Richtig. Frankreich ist ein gutes Beispiel, weil wir dort bereits einige Projekte umsetzen konnten.

 

BÖRSE EXPRESS: Wofür genau gibt es die Lizenz?

BERND ACKERL: Konkret ist der automatisierte Herstellungsprozess der Bau-Elemente patentiert.

 

BÖRSE EXPRESS: Ziel ist somit dort Märkte zu erschließen, wo man selbst im 1800-Kilometer-Umkreis selbst kein Werk hinstellen möchte?

BERND ACKERL: Genau so ist es. Auch weil jeder Markt seine Spezifika hat. Es wäre illusorisch zu glauben das die VST in China erfolgreich ein Bauunternehmen betreiben könnte, das muss man schon den Regionalen überlassen.

 

BÖRSE EXPRESS: Um Ihr Geschäft besser zu verstehen. Wenn ich die Projekte Kehl, Unterammergau und Schweden ansehen – wodurch ergeben sich unterschiedliche m2-Preise?

BERND ACKERL: Es gibt zwei Komponenten: Einerseits ist die Lieferdistanz entscheidend, andererseits hängt es natürlich mit der Komplexität des Bauvorhabens zusammen. Aber grundsätzlich haben wir pro m2 den selben Preis, egal ob dieser nach Schweden oder Deutschland geschickt wird.

 

BÖRSE EXPRESS: Der m2-Preis für eine Wand liegt in etwa wo?

BERND ACKERL: Bei ungefähr 44 Euro pro Quadratmeter.

 

BÖRSE EXPRESS: Das heißt bei einer Kapazität von 250.000 Quadratmeter in Nitra kommt man ungefähr auf 10 Millionen Euro an Umsatz?

KAMIL KOWALEWSKI: Rein von den Wänden her ja. Wir produzieren auch andere Produkte mit teils höheren Preisen, wie Decken, Stützen, Treppen und andere Elemente, die wir in Quadratmeter Wände ‘übersetzen’, weil das das Hauptprodukt ist.

 

BÖRSE EXPRESS: Über den Bereich Bautätigkeit wurden bereits 2019 mehr Verbundsysteme verkauft, als im Bereich Verbundsysteme selbst. Das verstärkt sich durch die Übernahme der Premiumverbund, einen auf Verbundschalungstechnik spezialisierten Generalunternehmen im Hochbau. Gehört das zur strategischen Planung?

 

KAMIL KOWALEWSKI: Definitiv. Auch weil der deutsche Markt etwas spezieller als nordische Märkte wie Schweden ist. In diesen Märkten lassen sich Elemente noch als Elemente verkaufen, vielleicht noch mit inkludierter Montage. Deutschland ist ein Markt, der sehr stark auf Vollkasko-Projekte setzt. Heißt, ein Generalunternehmer sucht sich seine Systeme aus, die dieser kennt und wir würden als neuer Lieferant an viele Projekte gar nicht herankommen, wenn wir nur den Produktvertrieb verfolgen würden. Mit dem Kauf der Premiumverbund haben wir uns einen Markt gesichert, den wir so nicht erschließen hätten können.

 

BÖRSE EXPRESS: Diese 44 Euro als Quadratmeterpreis gelten auch als Verrechnungspreis innerhalb der Gruppe?

KAMIL KOWALEWSKI: Natürlich.

 

BÖRSE EXPRESS: Merken Sie im Development Bereich etwas von der Corona-Krise?

BERND ACKERL: Wir haben nicht den Eindruck, dass der Markt völlig paralysiert wäre und jeder Developer davon Abstand nehmen würde, momentan ein Projekt anzugehen. Wir sind weiter dabei, Angebote zu schreiben und bekommen auch Anfragen. Unser Eindruck ist nicht, dass es in unserem Bereich zu einem Stillstand gekommen ist. Kurzum: Wir waren mit den ersten 5 Monaten des Jahres sehr zufrieden.

 

BÖRSE EXPRESS: Apropos Fünf: auf der Einladung zur Hauptversammlung finde ich den Punkt Aktiensplit 1:5 – warum dies?

KAMIL KOWALEWSKI: Grund ist, die Aktie im Handel ein bisschen attraktiver zu machen, optisch ist der Kurs mit rund 40 Euro je Aktie vielleicht ein bisschen hoch. Jedenfalls würde die Kombination aus günstigerem Kurs und mehr vorhandener Anteile den Einstieg weiterer Aktionärskreise erleichtern.

 

BÖRSE EXPRESS: Bei der 2019erAnleiheemission hatten Sie eine Umtauschquote für Besitzer eines älteren Bonds angeboten. Wie viele haben die Möglichkeit angenommen?

KAMIL KOWALEWSKI: Rund ein Drittel der alten Anleihegläubiger ist gewechselt, wir waren mit diesem Ergebnis sehr zufrieden. 

 

Mehr zu VST Building Technologies gibt’s auf www.boerse-express.com hier 

Ein Unternehmensvideo hier