WDH/ROUNDUP 3: EU-Wettbewerbshüter verdonnern Google zu neuer Milliardenstrafe
20.03.2019 | 21:50
(Im vierten Absatz, letzter Satz wurde ergänzt, dass die Einschränkungen seit 2009 schrittweise gelockert wurden.)
BRÜSSEL (dpa-AFX) - Die EU-Wettbewerbshüter haben zum dritten Mal
eine Milliardenstrafe gegen Google
Die EU-Kommission hat Googles Geschäftsverhalten seit gut einem Jahrzehnt im Visier. 2017 verhängte sie wegen des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung bei Produktanzeigen in Suchergebnissen eine Strafe von 2,42 Milliarden Euro. Wegen der Wettbewerbslage beim meistverwendeten Smartphone-System der Welt - Android - wurde 2018 sogar die Rekordstrafe von 4,34 Milliarden Euro fällig. Der Konzern steckte die finanziellen Strafen schnell weg - doch die Kommission setzte auch Änderungen an Googles Geschäftsmodell durch.
Aus Brüsseler Sicht erfülle Google bisher die Vorgaben, sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager nun zu den beiden ersten Fällen. Zugleich gebe es weiterhin Beschwerden von Konkurrenten in den Bereichen Job-Anzeigen und lokale Werbung, die Kommission prüfe das, sagte sie und ließ damit die Aussicht auf neue Wettbewerbsverfahren offen.
Mit Blick auf "AdSense for Search" erklärte sie, Google habe mehr als zehn Jahre lang seine marktbeherrschende Stellung missbraucht und anderen Unternehmen die Chancen auf fairen Wettbewerb und Innovationen verbaut. Internetportalen, die "AdSense" einbanden, seien vertragliche Beschränkungen auferlegt worden, andere Anbieter zu nutzen. Außerdem wurden Google-Anzeigen in den Suchergebnissen prominent dargestellt. Das Geschäftsgebaren bestand demnach mindestens seit dem Jahr 2006. Die Einschränkungen wurden ab 2009 sukzessive gelockert und 2016 - nach ersten Einwänden der Kommission - aufgehoben.
Internetseiten und Werbekunden hätten weniger Auswahl gehabt und sich höheren Preisen ausgesetzt gesehen, die letztlich auch an die Verbraucher weitergereicht werden konnten, sagte Vestager weiter. "Jeder, der durch Googles Verhalten geschädigt wurde, kann vor nationalen Gerichten auf Entschädigung klagen."
Mit dem dritten Wettbewerbsfall geht Vestager nun auch zumindest gegen einen Teil des Kerngeschäfts von Google mit Online-Werbung vor. Finanziell ist "AdSense" für Google eher ein Nischenprodukt. Genaue Zahlen zu dem Teildienst gibt es nicht.
Googles Werbegeschäft spielt insgesamt den Löwenanteil der Erlöse
des Mutter-Konzerns Alphabet
Tiefgreifende Änderungen am Geschäftsmodell setzte Brüssel vor allem
bei Android durch: Google verlangt inzwischen von Geräteherstellern
Geld, wenn sie in Europa Smartphones mit bislang kostenlosen Apps
des Konzerns wie Karten oder GMail verkaufen. Am Mittwoch kündigte
das Unternehmen zudem an, Android-Nutzer künftig über
Internet-Suchmaschinen und Webbrowser anderer Anbieter zu
informieren. In Frage kommen da etwa die Suchmaschine Bing des
Konkurrenten Microsoft
"Wir sind auf die Einwände der Kommission eingegangen und haben bereits eine Vielzahl an Produktänderungen vorgenommen", erklärte Google-Manager Kent Walker. "In den kommenden Monaten werden wir weitere Updates machen, um Wettbewerbern in Europa mehr Sichtbarkeit einzuräumen."
Google-Kritiker aus der ICOMP-Initiative für mehr Online-Wettbewerb äußerten sich trotz allem äußerst kritisch. "Die große Strafzahlung heute, deren Ermittlung Jahre dauerte, [...] wird nur einen geringen Effekt haben. In der Zwischenzeit sind Konkurrenten verkümmert oder gestorben", sagte ICOMP-Vorstand Michael Weber. Die EU und Regierungen in aller Welt müssten stattdessen unter anderem Googles Suchmaschinengeschäft von der Vielzahl anderer Produkte trennen - etwa der Videoplattform YouTube oder dem Smartphone-System Android./asa/DP/nas
ISIN US5949181045 US02079K1079
AXC0348 2019-03-20/21:50
Copyright dpa-AFX Wirtschaftsnachrichten GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung, Wiederveröffentlichung oder dauerhafte Speicherung ohne ausdrückliche vorherige Zustimmung von dpa-AFX ist nicht gestattet.