Bundesbankpräsident Jens Weidmann lehnt höhere Staatsschulden zugunsten großzügigerer Investitionen derzeit ab. "Der Flaschenhals ist oft nicht das Geld, sondern fehlende Bau- oder Planungskapazität", sagte Weidmann der "Süddeutschen Zeitung" (Samstag). "Das Ziel sollte auch nicht ein möglichst hohes Ausgabenbudget sein, sondern die Umsetzung sinnvoller Projekte. Unter der Schuldenbremse, die sich bewährt hat, gibt es dafür auch Spielräume."

Kategorisch schloss Weidmann neue Schulden aber nicht aus. "Natürlich sollte man aus der schwarzen Null keinen Fetisch machen", sagte er und betonte: "Die schwarze Null erfüllt als politisches Haushaltsziel den pädagogischen Zweck, solide Finanzen sicherzustellen. Dies ist bisher gelungen." Erforderlich seien sowohl staatliche, als auch private Investitionen, etwa in Verkehr, digitale Infrastruktur, klimafreundliche Energie sowie Bildung.

Weidmann räumte Verteilungsfragen aufgrund der expansiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) ein, den Kurs verteidigte er aber. "Es geht nicht darum, jemanden reich zu machen", sagte er. "Die Geldpolitik senkt durchaus die Finanzierungskosten in der Wirtschaft insgesamt. Und niedrigere Kreditzinsen entlasten auch verschuldete Haushalte." Aktien und Immobilien hätten zwar enorm an Wert gewonnen. "Aber zugleich wird die Einkommensungleichheit reduziert, weil die Geldpolitik zu mehr Beschäftigung führt", betonte Weidmann.

Der Bundesbankpräsident gilt als Kritiker des lockeren EZB-Kurses. Banken müssen weiter Negativzinsen von 0,5 Prozent zahlen, wenn sie Geld bei der Zentralbank parken. Zudem steckt die EZB seit November monatlich 20 Milliarden Euro in den Erwerb von Anleihen. Mit der Flut frischen Geldes will die EZB Konjunktur und Inflation zusätzlich auf die Sprünge helfen. Der Kauf von Staatsanleihen hilft Regierungen, sich günstiger neues Geld zu besorgen./bvi/DP/he

AXC0033 2019-12-15/14:55

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