Die Schutzvereinigung der Kleinaktionäre (SdK) erhob schon 2008 schwere Anschuldigungen gegen das Unternehmen. 2010 brach der Aktienkurs nach dem Vorwurf dubioser Geldtransfers zeitweise um ein Drittel ein. Im Februar 2016 beschuldigte ein anonymer Studien-Autor im Handelsblatt die Firma Wirecard des betrügerische Gebarens. Der Zahlungsabwickler wies dies damals als verleumderisch und gänzlich unwahr zurück.

Die Aktie konnte sich immer wieder von den Rückschlägen erholen. Das Geschäftsmodell im Bereich des bargeldlosen Bezahlens florierte, und die Firma gewann immer mehr neue Kunden. Das Wachstum wurde 2018 belohnt durch die Aufnahme in die erste Börsenliga (DAX).

Im Oktober 2019 stellt ein Investigativ-Report der „Financial Times“ Umsätze und Gewinne einer für Wirecard wichtigen Tochtergesellschaft in Dubai in Frage. Verschiedene Wirtschaftsmedien veröffentlichten danach immer wieder Berichte über unklare Firmentransaktionen im Ausland und zweifelhafte Geschäftsbeziehung. Schließlich sollen externe Gutachter Licht ins Dunkel bringen. Am 18.Juni 2019 muss der Vorstand zugeben, dass Wirecard wohl Opfer betrügerischer Aktivitäten geworden ist. Fast zwei Milliarden Euro sollen nicht mehr vorhanden sein.

Fortführung trotz Insolvenz?

Inzwischen hat der Vorstand die Insolvenz beantragt, will aber das Unternehmen fortführen. Die Aktie ist nun zur Zockeraktie verkommen, ein Investment in Wirecard hat mittlerweile nahezu Roulette-Charakter. Schade, sehr schade.

Wenn die Gesellschaft überlebt, die Schadenersatzforderungen im Rahmen und die Kunden bei der Stange bleiben, hat das Unternehmen eine Chance. Allerdings ist die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nun absehbar. Auch eine insolvente Firma kann noch an der Börse notiert bleiben. Wo sich der Kurs der Aktie aber dann einpendeln wird, ist seriös nicht prognostizierbar.

Ohne neues Vertrauen kein frisches Kapital.

Aufgrund der "verschwundenen" 1,9 Mrd. Euro könnten Banken nun Kreditlinien kündigen und die Liquiditätskrise bei Wirecard vergrößern. Dazu könnten Vertragspartner des Zahlungsabwicklers den Anbieter wechseln, weil sie kein Vertrauen mehr in die Firma haben. Bei der Faktenlage ist schwer vorstellbar, dass die Kommunikation von Wirecard den gesetzlichen Standards entsprochen hat. Trifft dies zu, dürfte es zu einer Flut von Klagen kommen. Sind die erfolgreich, dürften viele Milliarden an Schadenersatzforderungen auf das Unternehmen zukommen.

Wirecard braucht jedenfalls Geld, ob von Banken, durch einen Kapitalschnitt und Ausgabe neuer Aktien, oder über einen großen Investor, der in die Firma einsteigt. Problem: Investoren und Geldgeber können nicht abschätzen, ob die Gelder operativ Verwendung finden können oder für Schadensersatzzahlungen verloren gehen.

Im schlimmsten Fall wird es die Firma in ein paar Jahren nicht mehr geben. In dieser Zeit werden Kunden und Mitarbeiter abwandern. Die Aktie wird für ein paar Euro an der Börse notiert und immer wieder hohe Schwankungen erleben, ausgelöst durch wilde Spekulationen. Dazu gibt es viele Beispiele aus der Vergangenheit: Hypo Real Estate, Enron, Worldcom uvm.

Fazit:

Gegen Betrug kann man nie zu 100 Prozent geschützt sein. Wer in einzelne Aktien investiert, muss daher das Risiko streuen - in verschiedene Unternehmen, Branchen und Regionen.

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