Nachdem China kurz vor dem Wochenende mit Vergeltungszöllen gegen die USA überraschte, haben die Anleger in der neuen Woche wohl neben der internationalen Geldpolitik ein weiteres, gut bekanntes Topthema. Bislang hatte es ganz danach ausgesehen, als ob vor allem das bis zum morgigen Samstag andauernde Treffen der Währungshüter im US-amerikanischen Jackson Hole mit der Rede des Fed-Chefs Jerome Powell den weiteren Trend bestimmen könnte. Zudem findet von Samstag bis Montag auch das G7-Treffen der sieben wichtigsten Industriestaaten im französischen Biarritz statt.

Powell sieht zwar "signifikante Risiken" für die amerikanische Wirtschaft, sie befinde sich aber insgesamt in einem recht guten Zustand, so der Fed-Chef. "Seine Rede hat keine neuen Erkenntnisse geliefert", kommentierte Analyst Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. Wie erwartet halte sich Powell alle Optionen offen und habe die Handlungsbereitschaft der Fed betont. Damit könnten Marktteilnehmer nach wie vor von einer weiteren Zinssenkung im September ausgehen, die aber bereits auf dem Parkett eingepreist gewesen sei.

Die Experten der LBBW hatten ohnehin nicht damit gerechnet, dass Powells Rede die Aktienmärkte hätte beflügeln können. Bei Marktteilnehmern überwiege die Furcht vor einer schärferen konjunkturellen Eintrübung, hatten sie noch vor der Ankündigung der neuen chinesischen Vergeltungszölle auf US-Waren geschrieben.

Auf ein baldiges Ende des Handelskriegs zwischen den USA und dem Reich der Mitte können Anleger angesichts der neuen Zölle also erst einmal nicht hoffen. Insgesamt will China amerikanische Waren im Wert von 75 Milliarden US-Dollar mit Strafzöllen von 5 bis 10 Prozent belegt werden. Die Zölle sollen teils am 1. September, teils am 15. Dezember in Kraft treten. Autozölle in Höhe von 25 Prozent sollen am 15. Dezember wieder aufgenommen werden. Die USA hatten erst Anfang August neue Strafzölle von 10 Prozent auf chinesische Importe im Wert von rund 300 Milliarden Dollar angekündigt.

In dem als schwacher Börsenmonat gefürchteten August hat der Dax bislang mehr als 3 Prozent verloren, sich seit seinem Tief zur Mitte des Monats bei 11 266,48 Punkten aber wieder berappelt bis auf zeitweise mehr als 11 800 Punkte. Doch mit weiteren Zuwächsen tut sich der deutsche Leitindex nun schwer. Aus charttechnischer Sicht sehen Analysten bei 11 865 Punkten für den Dax die nächste Hürde.

"Der Dax hält sich an der 11 800-Punkte-Marke fest und Investoren stehen erwartungsgemäß vorerst weiter an der Seitenlinie", sagte Marktexperte Andreas Lipkow von der Comdirect Bank. In dem ganzen Rummel um das Notenbanker-Treffen in den USA sei das G7-Treffen in Frankreich ab Samstag bisher vollends untergegangen. "Es dürfte interessant sein, wie die Regierungschefs die konjunkturelle Situation einschätzen und wie das Thema Handelsstreit unter den G7 Staaten weiter gesehen wird", so Lipkow. Er schätzt die Finanzmärkte weiterhin als sehr fragil und insgesamt schnell reizbar ein, wenn nicht der richtige Ton getroffen beziehungsweise die Ansprache verfehlt werde.

Neben den Dauerthemen Handelsstreit und Brexit richten sich die Blicke der Anleger auch in der neuen Woche wieder auf das politisch krisengeschüttelte Italien, wo im Ringen um eine neue Regierung die Parteien zunächst Verhandlungsspielraum bekommen haben. Staatspräsident Sergio Mattarella hatte für den Dienstag eine neue Runde der Konsultationen angekündigt. Er dringt nach dem Aus der Populisten-Allianz aus Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega auf eine schnelle Lösung der Regierungskrise. Doch in der Krise deutet nun vieles auf eine Annäherung zwischen der Fünf-Sterne-Bewegung und den Sozialdemokraten hin

Zuvor, am Montag, steht das Ifo-Geschäftsklima für den August auf der Agenda. Angesichts der zuletzt rückläufigen konjunkturellen Entwicklung der deutschen Wirtschaft verspreche die Veröffentlichung Spannung, schrieben die Ökonomen der DZ Bank. Im Juli hatte sich die Stimmung in der deutschen Wirtschaft vor dem Hintergrund des Handelskriegs zwischen China und den USA und einer abflauenden Weltwirtschaft stark eingetrübt.

Ebenfalls unter verstärkter Beobachtung steht nach Einschätzung der DZ Bank die Inflationsrate für den Euroraum (am Freitag) - vor allem auch deswegen, weil die Europäische Zentralbank (EZB) zuletzt angekündigt hatte, ihre geldpolitischen Schleusen wieder zu öffnen, so die Experten.

Unternehmensseitig rücken in der neuen Woche noch einmal einige Nachzügler der Berichtssaison in den Blick. Mit dem Solarpark- und Windkraftanlagenbetreiber Encavis , dem Immobilienkonzern Aroundtown , dem Medienkonzern RTL (alle am Mittwoch), der Optikerkette Fielmann (am Donnerstag) sowie dem Technologiekonzern Isra Vision (am Freitag) sind dies alles Unternehmen aus der zweiten und dritten Reihe./ajx/ag/he

--- Von Achim Jüngling, dpa-AFX ---

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AXC0213 2019-08-23/17:03

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