Den Anlegern wird offenbar zunehmend mulmig zumute. Während die US-Märkte von Rekord zu Rekord eilen, kommt der deutsche Leitindex Dax einfach nicht in die Pötte und gibt sogar leicht nach. Denn hierzulande haben Gewinnwarnungen von Unternehmen Konjunktursorgen geweckt, die auch die Aussicht auf noch mehr Billiggeld der Notenbanken nicht vertreiben konnte. Für kürzerfristig orientierte Investoren bleibe insofern Vorsicht angebracht, schrieb Investmentanalyst Frank Klumpp von der Landesbank Baden-Württemberg. Die saisonal schwachen Börsenmonate stünden schließlich erst noch bevor.

"Der Aktienmarkt bewegt sich weiter im Spannungsfeld zwischen den unter anderem durch den Handelsstreit ausgelösten Rezessionsrisiken und dem monetären Rückenwind durch die Notenbanken", fuhr Klumpp fort. Bisher habe die US-Notenbank zwischenzeitliche Schwächeanfälle an den Börsen aufgefangen, und auch die Europäische Zentralbank dürfte nach der Nominierung von Christine Lagarde als Präsidentin die expansive und konjunkturstützende Politik von Mario Draghi fortsetzen.

Mit Beginn der Berichtssaison jedoch geraten Klumpp zufolge die harten Daten aus den Unternehmen wieder vermehrt ins Blickfeld. Der Chemiekonzern BASF , der Abfüll- und Verpackungsanlagenhersteller Krones und der Maschinenbauer Aumann sind nur drei Beispiele für Unternehmen, die allein in den vergangenen Tagen ihre Erwartungen zurückgeschraubt haben. "Vor allem hierzulande erscheint das Gewinn-Fundament brüchig", schrieb Klumpp. Bereits jetzt müssten die Analysten ihre Schätzungen kräftig nach unten korrigieren.

Auch Analyst Markus Wallner von der Commerzbank blickt skeptisch auf die kommende Woche: "Das Wirtschaftswachstum hat sich weltweit abgeschwächt, und bisher gibt es noch keinerlei Anzeichen für die allgemein für das zweite Halbjahr erwartete Trendwende." Deshalb dürften weitere deutsche Unternehmen ihre Jahresprognosen nach unten korrigieren müssen. Damit werde nun die Qualität der Unternehmensbilanzen zunehmend in den Fokus der Investoren rücken, wobei Kennzahlen wie die Eigenkapitalquote oder das Verhältnis zwischen Nettoverschuldung und Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen wichtig sein dürften.

Unter den Dax-Unternehmen legt am Donnerstag planmäßig der Software-Konzern SAP Geschäftszahlen für das zweite Quartal vor. Lediglich über seine Umsatzentwicklung gibt an diesem Tag der Online-Händler für Haustierbedarf Zooplus Auskunft. Am Freitag öffnet dann der Pharma- und Laborausrüster Sartorius seine Bücher. Darüber hinaus beginnt in den USA die Berichtssaison der Großbanken, was entsprechend auf die Kurse der hiesigen Finanzwerte ausstrahlen kann.

Doch selbst wenn es noch die eine oder andere Enttäuschung von Seiten der Unternehmen geben sollte, bleiben andere Börsianer eher gelassen. "Die Wahrscheinlichkeit weiterer Gewinnmitnahmen beim Dax ist zwar hoch, doch der Spielraum nach unten ist vorerst auf wenige 100 Punkte begrenzt", schrieb Chartanalyst Andreas Büchler vom Börsenmagazin Index-Radar. Zudem bleibe der Basistrend ungeachtet dessen positiv. Gleichwohl sollten Anleger nun genau auf weitere Schwächesignale achten.

Bereits am Montag könnten frische Konjunkturdaten den Dax stark unter Druck setzen - oder deutlich anschieben. Bereits vor Börseneröffnung "werden wir erfahren, wie stark die chinesische Volkswirtschaft im zweiten Quartal gewachsen ist", sagte Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank. Es sollte ein Anstieg des Bruttoinlandsprodukts von mehr als 6 Prozent gemeldet werden. Das wäre ein solides Resultat, das trotz aller Unsicherheiten im Handelskonflikt mit den USA wahrscheinlich sei. Wenigstens verhandelten beide Seiten wieder miteinander.

Am Dienstag stehen Nachrichten zur Industrieproduktion und zum Einzelhandelsumsatz in den USA auf der Agenda. Beide Werte beziehen sich auf den gerade abgelaufenen Monat Juni. "Den US-Daten kommt im Hinblick auf die Zinssenkungsfantasien eine hohe Bedeutung zu", schrieb Kater.

Analyst Christian Kahler von der DZ Bank zeigte sich überzeugt: "Die Hoffnung auf eine lockere Geldpolitik dürfte die Börsen noch etwas weiter tragen." Immerhin werde die US-Notenbank im Juli wohl die erste Leitzinssenkung vornehmen, der sich andere Zentralbanken anschließen dürften. Sinken die Zinsen, erscheinen Aktien im Vergleich zu anderen Anlageformen wie Anleihen in einem besseren Licht./la/bek/he

--- Von Lutz Alexander, dpa-AFX --

 ISIN  DE0008469008

AXC0197 2019-07-12/16:37

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