Am deutschen Aktienmarkt sollten sich die Anleger nach den jüngsten Kursgewinnen Experten zufolge auf etwas stürmischere Zeiten einstellen. In Erwartung baldiger Lockerungsmaßnahmen im Zuge der Coronavirus-Pandemie hätten Aktien weltweit in den vergangenen Wochen einen beachtlichen Teil der krisenbedingten Verluste aufgeholt, schrieb Analyst Markus Reinwand von der Landesbank Helaba. Damit sei nun "viel Positives vorweggenommen, so dass es zwischenzeitlich durchaus zu Enttäuschungen kommen kann." Eine Verschnaufpause würde demzufolge auch dem deutschen Leitindex Dax nicht schaden.

So war der Dax im Zuge des Corona-Crashs, der ab dem 24. Februar Fahrt aufnahm, bis Mitte März um fast 40 Prozent bis auf 8255 Punkte eingebrochen. Mittlerweile notiert der deutsche Leitindex wieder bei rund 10 600 Punkten, hat sich also bereits um rund 28 Prozent erholt.

Bund und Länder hatten die Einschränkungen im Kampf gegen das neuartige Coronavirus allerdings zuletzt nur in kleinen Schritten gelockert. So gibt es zwar mehr Einkaufsmöglichkeiten, Reisen und Restaurantbesuche aber sind weiterhin nicht erlaubt. Von der Diskussion um ein Ende der Corona-Einschränkungen für die Wirtschaft hätten sich einige Anleger mehr versprochen als die eher kosmetischen Lockerungen ab dem 20. April, schreibt Chefvolkswirt Ulrich Kater von der Dekabank. Trotzdem seien die Zeichen gesetzt: Es gehe wieder aufwärts mit der wirtschaftlichen Aktivität.

Der Aktienmarkt jedoch wird Kater zufolge auch in dieser Phase keine Einbahnstraße sein, denn "noch sind die Schäden, die die Corona-Pause bei Angebot und Nachfrage angerichtet hat, nicht abzuschätzen." Langsam beginne sich jedoch eine Stimmung zu etablieren, dass die Krise bei aller Dramatik am Ende wirtschaftlich beherrschbar bleibe.

Marktexperte Stephan Rieke von der Investmentbank Oddo BHF verwies auf den aktuellen Verlauf der Pandemie: "Die in den letzten Tagen von der Weltgesundheitsorganisation veröffentlichten Coronavirus-Daten geben Anlass zur Zuversicht, dass der globale Höhepunkt der Neuinfektionen überschritten sein könnte." Diesem Hoffnungsfaktor stehe allerdings gegenüber, dass der Aktienmarkt in den kommenden Wochen mit großer Wahrscheinlichkeit einer Vielzahl an stark belastenden Wirtschafts- und Unternehmensnachrichten ausgesetzt sein dürfte. Rieke sieht insbesondere die vermutlich "schmerzlich verlaufende Berichtssaison" als "Lackmustest für die Verfassung des Marktes".

Während allerdings in der neuen Woche bereits recht viele Unternehmen aus den USA und verschiedenen europäischen Ländern ihre Bücher öffnen und so auch die Kurse der deutschen Branchenkollegen bewegen können, stehen hierzulande nur recht wenige Termine auf der Agenda. Bei den Aussagen der Unternehmen sei besonders auf die Stellungnahmen zum künftigen Geschäftsverlauf, zu den Dividendenzahlungen und den laufenden Aktienrückkaufprogrammen zu achten, schrieb Chris-Oliver Schickentanz, Chefanlagestratege der Commerzbank. Eine Reihe von Unternehmen legte Rückkaufprogramme aber schon auf Eis und kürzte die Dividenden.

Am Dienstag präsentiert nun der Göttinger Laborzulieferer Sartorius seine Geschäftszahlen für das erste Quartal, bevor der Zuckerkonzern Südzucker zur Wochenmitte vorläufige Resultate bekannt gibt. Am Donnerstag stehen der Software-Entwickler Software AG und der Telekomausrüster Adva Optical Networking im Blick.

Aus konjunktureller Sicht richtet sich das Augenmerk in der neuen Woche nach Ansicht der Landesbank BayernLB auf die Stimmungsindikatoren für den laufenden Monat April. Das am Freitag anstehende und viel beachtete Ifo-Geschäftsklima dürfte den Experten zufolge weiter sinken. Nach dem Einbruch der Geschäftserwartungen im März könnte im April auch bereits die Lageeinschätzung die negative Entwicklung nachvollziehen. Auch bei den Geschäftserwartungen bestehe prinzipiell noch Abwärtspotenzial. Bereits am Donnerstag sollten Einkaufsmanager-Indizes aus Europa und den USA erste Aufschlüsse über die Auswirkungen der Virus-Krise auf die Wirtschaftsleistung geben./la/bek/he/mis

--- Von Lutz Alexander, dpa-AFX ---

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AXC0051 2020-04-20/05:50

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