Bitcoin und Blockchain – Begriffe, die inzwischen viele kennen, aber nicht alle schätzen, zumindest was Bitcoins betrifft. Skandale haben hier einen schlechten Beigeschmack hinterlassen. Nun könnte sich ein neuer Begriff etablieren und die Zukunft des Investments bestimmen: die Tokenisierung realer Assets. Die Gründe liegen laut Experten unter anderem darin, dass sich der elektronische Handel zwar auf Rohstoffterminkontrakte, Aktien und Anleihen aber weniger stark auf reale Vermögenswerte ausgewirkt hat. Gemälde, Immobilien, nicht börsennotierte Unternehmen und viele andere illiquide reale Vermögenswerte werden immer noch physisch und nicht elektronisch oder in Bruchteilen gehandelt.

Und hier kommt die Tokenisierung ins Spiel. Darunter versteht man die Umwandlung teilweiser oder vollständiger Eigentumsrechte an einem Vermögenswert in eine digitale Form eines Tokens, der in der Blockchain gespeichert und verwaltet wird. Konkret handelt es sich dabei um sogenannte „Asset“- oder „Security Tokens“, wobei letztere, wertpapierähnlich ausgestattete Tokens, im Wege über ein Security Token Offering (STO) ausgegeben werden. Das Innovative daran ist die Flexibilität in der Ausgestaltung des Tokens, des Token-Designs.

Denn der Token kann nicht nur etwa Anteile an einer Liegenschaft oder Anteilsrechte an einer Gesellschaft widerspiegeln, sondern auch das Recht auf Erträge wie Dividenden und Zinsen oder Informations- und Mitbestimmungsrechte einräumen. Beispiel Direktinvestment in eine Immobilie im Wert von einer Million Euro: mithilfe der Tokenisierung kann sie erstmals gestückelt und handelbar gemacht werden, z.B. in 10.000 Immo-Tokens mit einem Gegenwert von je 100 Euro. Jeder Token würde somit 0,01 Prozent der Rechte dieser Immobilie widerspiegeln und könnte an eigens dafür geschaffenen Exchange-Plattformen verkauft und gekauft werden. „Ich gehe davon aus, dass das Anfangsmodell der Tokenisierung im Bereich Immobilien eher ein Direktinvestment ist, kann mir aber auch das Token-Basket-Modell vorstellen, das sich dem Immobilienfonds annähert.“, erklärt Ronald Frankl (Bild rechts), Rechtsanwalt und Managing Partner bei Lansky, Ganzger & Partner. Für Frankl liegt derzeit einer der größten Vorteile bei Investments in einen Token in der Blockchain-Technologie, und zwar etwa aufgrund der geringeren Kosten, weil man beim z.B. beim Immo-Direktinvestment ohne weitere Akteure wie Notare, Treuhänder und Makler auskommt. Außerdem bietet die Technologie durch ihr dezentrales Datenregister, das Informationen über zahlreiche Computer aufzeichnet, ein hohes Maß an Sicherheit und Transparenz für jeden Tokeninhaber, der auf diese Informationen zurückgreifen und auf die Rechte vertrauen kann. Ein zweiter großer Vorteil liegt auf der Hand, ist aber jetzt noch Zukunftsmusik: Illiquide Asset werden liquide. „Wenn es erst einmal Exchange-Plattformen gibt, können Security Tokens gelistet werden, und zwar unkompliziert. Damit schaffe ich Liquidität. Bisher gibt es Kryptoexchange-Plattformen, an denen Utility-Tokens gehandelt werden. Für den Handel von Security Tokens, womit man sich einer Wertpapierbörse annähert, ist eine Lizenz der Aufsichtsbehörde notwendig.“ Frankl rechnet damit, dass mit der wachsenden Anzahl von Tokenisierungen und STOs auch die Zahl solcher lizensierter Handelsplattformen steigen wird. Zwar nehmen aktuell die USA und Asien eine Vorreiterrolle in der Tokenisierung von Assets ein, aber auch in Europa tut sich einiges. So stehen etwa die Stuttgarter Börse und die in Gibraltar bereits in den Startlöchern zur Etablierung eines Sekundärmarktes. Auch in der Schweiz, dessen Börse für seine Initial Coin Offerings (ICOs) bekannt ist, hat sich die eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma bereits Expertise dahingehend aufgebaut. In Österreich dagegen wurden zwar schon STOs für Start Ups über die Bühne gebracht, bei der Entwicklung eines Sekundärmarktes hinkt man noch hinterher. Was die Tokenisierung von Immobilien anbelangt, blickt Frankl auf etwa fünf wegweisende Projekte in den letzten zwei Jahren in den USA, Deutschland und der Schweiz zurück und zieht sein Resümee: „Erstens sieht man, dass die Bereitschaft dazu am Markt zwar generell vorhanden ist, aber in der Regel nicht das gesamte Immobilienprojekt über einen Token finanziert wird, sondern nur ein Teil des Volumens. Zweitens haben in all diesen Projekten die Tokens nicht traditionellen Wertpapierkonzepten, also eins zu eins einer Aktie oder einer Anleihe, entsprochen. Der Trend geht eher in folgende Richtung: Man schnürt ein eigenes Rechtepaket, das den Bedürfnissen von Emittent bzw. Eigentümer auf der einen und dem Investor auf der anderen Seite entgegenkommt.“.

Ein weiterer wichtiger Vorteil der Tokenisierung liegt in der potenziellen Erschließung neuer Kunden- bzw. Anlegerschichten im weniger finanzstarken Segment. Doch hier gibt es für Frankl noch eine Hürde zu überwinden: „Im Gegensatz zum traditionellen IPO ist dem Großteil des breiten Anlegerpublikums das Konzept der Tokenisierung und die Begriffswelt digitaler Assets noch weitgehend unbekannt. Hier sollte es eine Organisation oder Plattform geben, die die Aufgaben einer Investmentbank inklusive Beratung übernimmt. Eigentlich wäre dies für Banken ein neues attraktives Geschäftsfeld aber diesen Trend sehe ich derzeit noch nicht.“ Insgesamt zeigt sich Frankl aber hoffnungsvoll. Ende 2018, das zunächst vom Krypto-Hype und danach vom großen Bitcoin-Absturz geprägt war, glaubte man bereits an ein Einschlafen des Marktes. „Bei den Fachkonferenzen im Frühjahr 2019 war der Aufschwung dann wieder da, nur war er realitätsbezogener. Man war optimistisch, blieb aber mit beiden Beinen auf dem Boden.“ Derzeit ist die Stimmung Corona-bedingt etwas schaumgebremst, längerfristig schauen Experten wie Frankl aber gut gelaunt in die Zukunft: „In fünf Jahren wird es sehr viele Exchange-Plattformen geben, wo Tokens gehandelt werden. Und ich würde mich nicht wundern, wenn dann etwa klassisches Crowdfunding im Konzept der Tokenisierung aufgegangen ist.“<<