Zwar für ihre fußballerischen Fähigkeiten bekannt, haben sowohl Argentinien als auch Kolumbien in letzter Zeit mit wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen. Angesichts der gegenwärtigen Krise, mit einer der weltweit höchsten Inflationsraten, scheint Argentinien jedoch die schwächere der beiden Mannschaften zu sein. Welche Taktik könnte zum Ziel führen? 

Argentinien: Kurzfristige Risiken, aber langfristige Vorteile?

Tatsächlich behalten Investoren Argentinien – und die Türkei – genau im Auge, weil sie besorgt sind, dass diese beiden Länder gemeinsam die Emerging-Market-Rally verderben könnten. Und die Skepsis dürfte angebracht sein, zumindest auf kurz- bis mittelfristige Sicht. Der Kampf bei den im Oktober stattfindenden argentinischen Präsidentschaftswahlen wird allem Anschein nach zwischen dem amtierenden Mauricio Macri und der linksgerichteten ehemaligen Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner ausgetragen. Dies stellt die Wähler unwillkürlich vor eine Entweder-oder-Entscheidung: Fortsetzung von Macris marktfreundlicher Politik oder Rückkehr zu drohenden Zahlungsausfällen. Um seine Stellung in den Meinungsumfragen zurückzuerobern und wiedergewählt zu werden, muss Macris‘ Argentinien bessere Wirtschaftsdaten und eine stabile Währung vorweisen. Das argentinische BIP-Wachstum sank 2018 um 2,5 Prozent und schloss das Jahr mit der zweithöchsten Inflationsrate in Lateinamerika ab, in Höhe von 47,6 Prozent. Dies zwang Macri ein Rettungspaket von 56 Milliarden US-Dollar vom Internationalen Währungsfonds in Anspruch zu nehmen und unpopuläre Sparprogramme anzukündigen. All das und eine vorzeitige Dürre führten zu einer schweren Währungskrise, bei der der Argentinische Peso mehr als die Hälfte seines Wertes verlor.Auch wenn die Kennzahlen bisher nicht überzeugen, so gibt es für die zweite Jahreshälfte doch mehr Optimismus. Argentiniens Leistungsbilanzdefizit dürfte sich erheblich verringern, da der schwächere Peso, zusammen mit sinkendem Konsum und rückläufigen Investitionen, zu steigenden Exporten und zurückgehenden Importen führen könnte. Das Land profitiert zudem von einer großen sowie vielfältigen Marktwirtschaft mit einer niedrigen Verschuldung des Privatsektors. Als aktive Investoren finden wir daher weiterhin gute Investmentmöglichkeiten bei Unternehmensanleihen, die verglichen zum breiteren Index eine attraktive Rendite bei niedrigeren Bewertungen bieten.Wir bevorzugen weiter Anleihen defensiver Unternehmen, wie Versorger und Flughäfen, die dem spezifischen, politischen Risikoumfeld besser standhalten können. Ein Beispiel ist der internationale Flughafen Argentiniens, mit geringer Verschuldung und Einnahmen in US-Dollar, die als Währungshedge gegen die Volatilität der Lokalwährung dienen. Insgesamt verfolgen wir angesichts der Volatilität einen reaktionsschnellen Investmentansatz zur Steuerung unserer Anteile in der Region. 

Kolumbien: Ein Defensivspiel

Demgegenüber scheint sich Kolumbien in einer weitaus weniger volatilen Situation zu befinden. Das Land kann auf eine solide Phase umsichtiger Wirtschaftspolitik zurückblicken. Seit den 1990er Jahren hat Kolumbien seine Wechselkurse frei schwanken lassen, während es sich auf die Senkung der Inflation konzentrierte – mit dem Ergebnis, das die Inflation erfolgreich von über 20 Prozent in den 1990er Jahren auf unter 5 Prozent in den letzten 10 Jahren reduziert wurde. Trotzdem ist der Ausblick derzeit uneindeutig. In der Tat so kontrovers, dass die beiden Ratingagenturen Moody's und Fitch Anfang dieses Jahres die Bonität des Landes gegensätzlich bewerteten. Während Moody's sein Rating anhob, stufte Fitch seines herab.  

Einer der Gründe für den Downgrade von Fitch war das Risiko einer Haushaltskonsolidierung. Ein Risiko, das wir ebenfalls als Gegenwind betrachten. Während die kolumbianische Regierung bekräftigt, sie wolle politische Maßnahmen zum Abbau des Haushaltsdefizits und zur Stabilisierung der öffentlichen Verschuldung unterstützen, geraten dabei jedoch ihre Haushaltsziele unter Druck. Die Regierung revidierte ihre Defizitziele für 2019 auf -2,7 Prozent des BIP und für 2020 auf -2,3 Prozent des BIP, um die Kosten der Einwanderung aus Venezuela zu berücksichtigen. Zudem wird das im Jahr 2018 verabschiedete Finanzierungsgesetz ab 2020 zu niedrigeren Steuereinnahmen führen. Und zu guter Letzt weist Kolumbien eine hohe Rohstoffabhängigkeit sowie eine sich verschlechternde Leistungsbilanz aufgrund höherer Importe und Dividenden auf. 

Trotz der wirtschaftspolitischen Unsicherheit und unterschiedlichen Bonitätsbewertungen gehen wir für dieses Jahr weiterhin von einem stabilen Ausblick für Kolumbien aus. Für die zweite Jahreshälfte erwarten wir seitens Kolumbiens ein defensives Spiel innerhalb Lateinamerikas und favorisieren Sektoren wie Öl und Gas vor dem Hintergrund eines steigenden Produktionsniveaus und weiterer Innovationstätigkeit. Wir bevorzugen Anleihen kolumbianischer Unternehmen, die eindeutig ihre Verschuldung abbauen und eine erfolgreiche Leistungsbilanz aufweisen. Ein Beispiel für eine attraktive Investition ist unserer Meinung nach Canacol. Sie sollten davon profitieren, dass die Erdgasmengen vor der Inbetriebnahme einer neuen Pipeline in der zweiten Jahreshälfte steigen.

Wer wird gewinnen?

Letztendlich hängt Argentiniens Ausblick stark von den im Oktober anstehenden Wahlen ab und wir erwarten bis dahin eine anhaltende Volatilität. Im Gegensatz dazu rechnen wir bei Kolumbien trotz der Widrigkeiten rund um das Kreditrating des Landes mit einer soliden Entwicklung. Ungeachtet des ungewissen Wahlausgangs in Argentinien und dem damit verbundenen Wirtschaftsausblick sind wir jedoch recht sicher, wer dieses Spiel gewinnen wird: Argentinien.