Erneute Spekulationen über eine baldige Beilegung der US-Rechtsstreitigkeiten um angebliche Krebsrisiken des Unkrautvernichters Glyphosat haben den Aktien von Bayer am Freitagmorgen Rückenwind verliehen. Sie stiegen auf der Handelsplattform Tradegate im Vergleich zum Xetra-Schluss um 4,30 Prozent auf 77,30 Euro. Das wäre auf Xetra der höchste Kurs seit Oktober 2018.

Anwälte einiger Kläger diskutierten mit dem Dax -Konzern über Vereinbarungen, die zu einer Gesamtsumme von 10 Milliarden US-Dollar (rund 9 Mrd Euro) führen könnten, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg am Donnerstagabend unter Berufung auf Personen mit direkter Kenntnis der Verhandlungen.

Eine Vergleichssumme in dieser Größenordnung wäre deutlich weniger als laut Analysten aktuell in den Aktienkurs eingepreist ist. Jede Summe unter 20 Milliarden Euro dürfte eine positive Kursreaktion nach sich ziehen, hatte etwa Analyst Markus Mayer von der Baader Bank jüngst in einer Studie geschrieben. Er hält um die zwölf Milliarden Euro für realistisch. In diesem Fall dürfte der Kurs rasch in Richtung 90 Euro steigen, glaubt der Experte.

Der Aktienkurs war im Sommer 2018 eingebrochen, nachdem der mittlerweile in Bayer aufgegangene US-Saatgutkonzern Monsanto eine erste Schlappe in einem US-Prozess um Krebsrisiken glyphosathaltiger Unkrautvernichter hatten hinnehmen müssen. Zwei weitere Prozesse verlor Bayer ebenfalls und die Schadenersatzforderungen liegen jeweils im mittleren bis hohen zweistelligen Millionenbereich. Zehntausende weitere Klagen sind anhängig.

Bis zum Juni 2019 fiel der Kurs denn auch bis auf ein Mehrjahrestief von 52,02 Euro. Im Vergleich zum Kursniveau vor der ersten Prozessniederlage war der Marktwert von Bayer an der Börse um rund 40 Milliarden Euro gefallen. Nach der Kurserholung der vergangenen Monate - das vorbörsliche Plus vom Freitag eingerechnet - ist die Lücke noch knapp 16 Milliarden Euro groß.

Getrieben wurde die Erholung von der Aussicht auf eine Einigung mit den Klägern. So betont Bayer zwar mit Verweis auf zahlreiche wissenschaftliche Studien die Sicherheit von Glyphosat und erhielt dabei auch unlängst Unterstützung durch die US-Regierung, die einen sogenannten Amicus-Schriftsatz bei einem Gericht in San Francisco einreichte. Allerdings zeigt sich Konzernchef Werner Baumann auch offen für einen Vergleich, wenn er finanziell sinnvoll wäre.

Eine nicht geringe Anzahl von Investoren scheint das ähnlich zu sehen. Denn: Bayer könnte zwar die Causa Glyphosat mit Berufungsverfahren durch die Instanzen bringen und dabei am Ende vielleicht Recht bekommen und straffrei ausgehen. Doch wäre das riskant, langwierig und der Ausgang ungewiss - von möglichen Imageschäden ganz abgesehen.

Mit einem groß angelegten Vergleich wäre das Thema hingegen vom Tisch. "Eine rasche Lösung ist im Interesse der Investoren", schrieb Analyst Ulrich Huwald von Warburg Research denn auch jüngst in einer Studie. Auch da die Anzahl der Klagen inzwischen ein seinen Worten nach "besorgniserregendes Niveau" erreicht hat./mis/eas/jha/

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AXC0087 2020-01-24/09:02

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