FRANKFURT (dpa-AFX) - Mit einem deutlichen Sprung über die Marke von 13 000 Punkten hat der Dax am Freitag auf Konjunkturdaten aus China reagiert. Einen Tag nach dem Leitzinsentscheid der Europäischen Notenbank (EZB) wird auch deren Kampf gegen die Inflation von den Anlegern wohlwollend aufgenommen. Am Nachmittag lag der deutsche Leitindex mit 1,43 Prozent auf 13 088,38 Zählern im Plus, im Tageshoch war er zuvor bei 13 120 Punkten auf ein Hoch seit Ende August gesprungen. Damit steuert das Börsenbarometer aktuell auf ein kleines Wochenplus zu, nachdem die Vorwoche noch unter negativen Vorzeichen beendet wurde.

Der MDax der mittelgroßen Werte rückte am letzten Handelstag der Woche noch deutlicher als der Dax vor, mit plus

2,21 Prozent auf 25 680,84 Punkte. Kräftige Zuwächse gab es auch auf europäischer Bühne, der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 stand zuletzt knapp 1,9 Prozent höher.

"Während ein Teil der Anleger mit der Aussicht auf weiter steigende Zinsen den Aktienmarkt vorerst meidet, sieht der andere Teil den nun konsequenten und konzertierten Kampf der Notenbanken als ein gutes Signal für die Zukunft und greift ungeachtet der Rezessionsgefahren bei deutschen Aktien zu", fasste Börsenbeobachter Jürgen Molnar von Robomarkets die Lage zusammen.

In den vergangenen Wochen hatte sich der Dax noch in einer engen Spanne von rund 400 Punkten bewegt, der Test der Marke von 13 000 Zählern war erst am Vortag gescheitert. Mit den aktuellen größeren Kursgewinnen könnte nach Einschätzung einiger Experten womöglich auch das Startsignal für eine nachhaltigere Erholung im Dax gegeben sein: "Aus technischer Sicht bietet der nun schon fast komfortable Sprung des Dax über die 13 000 Punkte das Potenzial für weitere Kursgewinne, den saisonal schwächsten Börsenmonaten September und Oktober zum Trotz", befindet Robomarkets-Experte Molnar.

Pierre Veyret vom Broker Activtrades warnt jedoch vor vorschnellen Schlüssen: "Solange kein signifikanter Durchbruch bei den gesamtwirtschaftlichen Problemen erzielt ist, dürften die Schwankungen an den Aktienmärkten noch zunehmen", befürchtet der technische Analyst.

Die brisanten Themen wie hohe Inflation und die Gefahr eines Wirtschaftsabschwungs schoben die Anleger jedoch auch im breiteren Markt am Freitag an die Seite. Stattdessen griffen sie insbesondere bei zuletzt unter die Räder gekommenen Papieren zu.

Die vom Start weg bei den Anlegern gefragten Aktien des Krankenhaus- und Gesundheitskonzerns Fresenius bauten bis zum Nachmittag ihr Kursplus noch etwas aus und notierten zuletzt 4,3 Prozent höher. Analyst Justin Smith von der französischen Bank Societe Generale (SocGen) hält die Papiere für "überraschend fehlbepreist", also zu niedrig bewertet, wobei die Geschäftsaussichten etwa der Tochter Kabi nicht angemessen berücksichtigt seien. Der Experte untermauert seine Kaufempfehlung mit einem Kursziel von 92 Euro - fast das Vierfache des aktuellen Aktienkurses von rund 25 Euro.

Deutsche Telekom fanden sich ebenfalls unter den Dax-Favoriten wieder, mit einem Kursplus von mehr als dreieinhalb Prozent. Gute Nachrichten für Investoren kamen hier von der Tochter T-Mobile US , die ein Aktienrückkaufprogramm von umgerechnet bis zu rund 14 Milliarden Euro angekündigt hat. Bank-Aktien profitierten erneut europaweit von der Aussicht auf steigende Zinsen, für Deutsche Bank ging es um mehr als zwei Prozent nach oben, Commerzbank -Papiere schlugen sich mit plus vier Prozent noch besser.

Der sinkende Gaspreis lieferte den Aktien des wegen der Energiekrise angeschlagenen Uniper -Konzerns Rückenwind. Sie setzten ihre Erholung vom am Mittwoch erreichten Rekordtief mit mehr als neun Prozent Kursplus fort. Weil der Konzern russisches Gas fehlt, muss er derzeit Gas teuer am Markt erwerben, um seine Kundenverträge zu erfüllen. Ein niedrigerer Preis spielt Uniper deshalb in die Hände.

Den Spitzenplatz im Kleinwerteindex SDax eroberten Papiere des Elektronikhändlers Ceconomy , die ihre am Vortag begonnene Erholungsrally mit einem Plus von fast 15 Prozent fortsetzten - vorangegangen ist allerdings eine nahezu kontinuierliche Talfahrt seit Ende 2021 und ein Rekordtief zur Wochenmitte.

Auch der Euro profitierte von der Rekordleitzinserhöhung in Europa. Im Nachmittagshandel kostete die Gemeinschaftswährung 1,0057 US-Dollar. Sie notierte so über der Parität zum Dollar. Die EZB hatte den Referenzkurs am Donnerstag noch auf 1,0009 Dollar festgesetzt.

Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 1,46 Prozent am Vortag auf 1,61 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,83 Prozent auf 130,71 Punkte. Der Bund-Future stieg um ein halbes Prozent auf 143,87./tav/mis

--- Von Tanja Vedder, dpa-AFX ---

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AXC0187 2022-09-09/15:00

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