Aktueller Strompreis: Was kostet eine kWh Strom und wie sieht die Zukunft aus?
Verbraucher in Deutschland müssen 2023 mit steigenden Stromkosten rechnen!
Steigende Energiekosten bereiten den Haushalten in Deutschland schon jetzt große Kopfschmerzen. Doch mit den steigenden Netzentgelten ab dem nächsten Jahr werden die Strompreise noch weiter steigen. Verbraucherinnen und Verbraucher sollten sich auf Preiserhöhungen beim Strom einstellen. Denn die Netznutzungsentgelte sollen im kommenden Jahr bundesweit um etwa 20 Prozent steigen - so viel wie nie zuvor. Ob sich ein Stromvergleich lohnt, ist aktuell fraglich. Denn häufig sind die Grundversorger günstiger als die angebotenen Stromtarife der Stromversorger.
Die Netznutzungsentgelte setzen sich aus den Kosten für die großen Stromübertragungsleitungen und für die lokalen Verteilernetze zusammen. Nach Angaben der Branche wird der Anteil der Netzentgelte am Strompreis für Haushaltskunden im Jahr 2022 durchschnittlich rund 20 Prozent betragen, kann aber von Region zu Region stark variieren.
Im Rahmen des dritten Entlastungspakets will die Bundesregierung die von Haushalten und Industrie erhobenen Entgelte für die Nutzung der großen Übertragungsnetze mit einem Zuschuss von knapp 13 Mrd. € stabilisieren. Den größten Gebührenanstieg werden die Verbraucher im norddeutschen Bundesland Mecklenburg-Vorpommern mit einem Plus von voraussichtlich über 50 Prozent zu spüren bekommen. Das könnte einer zusätzlichen Belastung von mehr als 200 € pro Jahr entsprechen. Am geringsten wäre die Belastung in Bremen (plus 4 Prozent), Thüringen (9 Prozent) und Baden-Württemberg (10 Prozent).
Was kostet aktuell eine kWh Strom?
Eine Kilowattstunde (kWh) Strom kostet aktuell durchschnittlich 43 Cent für Neukunden (Quelle: Verivox | Datenstand: 18.11.2022). Vor 12 Monaten lag der Preis für Neukunden im Vergleich bei 34 Cent pro kWh.
Die Strompreise haben sich um die 200 €/MWh-Marke konsolidiert, nachdem die Regierung von Olaf Scholz eine Preisobergrenze für Strom für Haushalte und Industriekunden angekündigt hat, um die Auswirkungen der Energiekrise abzufedern. Die Preise für Haushalte werden bei 40 Cent pro kWh für 80 % des tatsächlichen Verbrauchs gedeckelt. Im Vergleich dazu wird der Strompreis für Industriekunden auf 13 Cent pro Kilowattstunde begrenzt, die für 70 % des Vorjahresverbrauchs gelten. Zu den weiteren Maßnahmen, die Europas größter Volkswirtschaft bei der Bewältigung der Energiekrise helfen sollen, gehören eine Deckelung der Gaspreise und eine Einmalzahlung zur Entlastung der Haushaltskunden. Die Strompreise erreichten Ende August ein Rekordhoch von 700 €/MWh und folgten damit dem Anstieg der Erdgaspreise (Quelle: gas-vergleich.org), da der Krieg in der Ukraine den Gasfluss von Russland nach Deutschland unterbrochen hat. Erschwerend kam hinzu, dass eine Hitzewelle in Europa, geringe Windgeschwindigkeiten, sinkende Wasserstände des Rheins und eine starke Nachfrage aufgrund der hohen Temperaturen die Märkte ebenfalls durcheinander gebracht haben.
Prognose: Hohe Energiepreise drücken deutsche Wirtschaft in die Rezession
Nach der jüngsten Prognose des Kieler Instituts wird der Aufschwung der deutschen Wirtschaft durch die Folgen des russischen Krieges gegen die Ukraine unterbrochen werden. Im laufenden Jahr soll das Bruttoinlandsprodukt noch um 1,4 Prozent wachsen, 0,7 Punkte weniger als im Juni prognostiziert. Für das nächste Jahr korrigiert das Kieler Institut seine Prognose um 4 Prozentpunkte nach unten. Statt eines kräftigen Plus wird die deutsche Wirtschaft voraussichtlich um 0,7 Prozent schrumpfen. Die Inflation soll im nächsten Jahr mit 8,7 Prozent sogar noch höher sein als in diesem Jahr mit 8 Prozent. Während die Einhaltung der verfassungsmäßigen Schuldenbremse in Deutschland im Jahr 2023 möglich sein sollte, ist dies im Jahr 2024 fraglich.
Mit den hohen Importpreisen für Energie rollt eine wirtschaftliche Lawine auf Deutschland zu. Vor allem energieintensive Produktions- und konsumnahe Wirtschaftsbereiche werden mit voller Wucht getroffen", kommentiert Stefan Kooths, Vizepräsident und Leiter der Konjunkturprognose am Kieler Institut, den jüngsten Wirtschaftsausblick für Deutschland, Europa und die Weltwirtschaft.
Die Energieimportrechnung Deutschlands wird in diesem Jahr voraussichtlich um 123 Milliarden Euro und im nächsten Jahr um weitere 136 Milliarden Euro steigen. Dieses Geld fehlt im Inland für den Konsum und verringert die Rentabilität energieintensiver Unternehmen. Infolgedessen wird die deutsche Wirtschaftsleistung im nächsten Jahr um 130 Milliarden Euro niedriger sein als bisher erwartet. Die Kaufkraft der privaten Haushalte wird im nächsten Jahr voraussichtlich um 4,1 Prozent sinken, der stärkste Rückgang, den es im wiedervereinigten Deutschland je gab.
Die Energiekrise macht dem sonst so starken Aufschwung nach der Pandemie einen Strich durch die Rechnung. Die teuren Energieimporte führen dazu, dass Deutschland jetzt einen viel größeren Teil seines Arbeitseinkommens ins Ausland transferieren muss als früher. Das macht Deutschland insgesamt ärmer. Mit ihren Entlastungspaketen kann die Regierung die Lasten daher nur umverteilen, aber nicht beseitigen.
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird nun voraussichtlich bis weit ins nächste Jahr hinein sinken und erst im dritten Quartal 2023 wieder leicht positiv werden. Für 2024 rechnet das Kieler Institut mit einem BIP-Wachstum von 1,7 Prozent.
Die Inflation in Deutschland wird wahrscheinlich weiter steigen, weil sich die hohen Energiepreise erst allmählich in den Endverbrauchertarifen und auch in Waren und Dienstleistungen niederschlagen.
Die Inflationsrate wird im laufenden Jahr voraussichtlich 8 Prozent und im nächsten Jahr 8,7 Prozent betragen. Erst im Jahr 2024 soll der Preisdruck deutlicher nachlassen und die Rate bei 3,1 Prozent liegen.
Die real verfügbaren Einkommen sinken im wiedervereinigten Deutschland so stark wie nie zuvor und werden 2023 voraussichtlich um 4,1 Prozent zurückgehen, nach einem Minus von 0,4 Prozent im laufenden Jahr. Im Jahr 2021 waren sie bereits um 0,9 Prozent gesunken. Erst im Jahr 2024 werden sie voraussichtlich wieder ansteigen.
Die Rezession, aber auch die Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro führen dazu, dass das Beschäftigungswachstum in den kommenden Monaten weiter an Schwung verlieren dürfte. Im nächsten Jahr wird die Beschäftigung aufgrund demografischer Faktoren mit 45,6 Millionen ihren Höhepunkt erreichen. Von da an werden mehr Menschen den Arbeitsmarkt verlassen als neu hinzukommen.
Wie lange wird die Schuldenbremse halten?
Trotz erheblicher Mehrausgaben zur Abfederung der Auswirkungen der hohen Energiepreise wird sich der Finanzierungssaldo der öffentlichen Hand kaum verschlechtern, da der hohe Preisauftrieb auch hohe Steuereinnahmen generiert. Er wird von 1,7 Prozent im laufenden Jahr auf knapp über 2 Prozent in den nächsten zwei Jahren steigen. Die Bundesregierung kann auf hohe Rücklagen zurückgreifen und zum Beispiel das jüngste Entlastungspaket wird nur eine zusätzliche Belastung im unteren zweistelligen Milliardenbereich mit sich bringen.
Das bedeutet, dass der Haushalt des nächsten Jahres die Schuldenbremse wahrscheinlich einhalten wird. Im Jahr 2024, wenn die Möglichkeit der Nettokreditaufnahme nach den Regeln der Schuldenbremse durch den Aufschwung stark eingeschränkt wird, dürfte die Einhaltung jedoch schwieriger werden. Wahrscheinlich werden trotz diverser Entlastungspakete einige finanziell schwache Haushalte einen Minikredit aufnehmen müssen, um die Strom- und Gasrechnungen zu bezahlen. Der Staat muss dringend die bereits angekündigte Strompreisbremse einführen, um die Haushalte in der Energiekrise weiter zu entlasten.
Der Anteil der öffentlichen Bruttoverschuldung am nominalen BIP dürfte sogar sinken, von 68,7 Prozent im Jahr 2021 auf 64,6 Prozent im Jahr 2024, da das nominale BIP aufgrund der insgesamt hohen Inflation aufgebläht wird.
Euroraum driftet in die Rezession, Weltwirtschaft deutlich eingetrübt
Auch der Euroraum driftet in eine Rezession mit negativem Wachstum im laufenden und kommenden Quartal. Es wird erwartet, dass das jährliche BIP im Jahr 2022 um 2,8 Prozent steigt und 2023 fast stagniert, um dann im Jahr 2024 moderat um 1,6 Prozent zu steigen.
Die Inflation im Euroraum wird im laufenden Jahr voraussichtlich auf 8,1 Prozent steigen und damit den höchsten Wert seit Beginn der Währungsunion erreichen. Im Jahr 2023 wird die Inflationsrate wahrscheinlich nur leicht auf 7,2 Prozent sinken und sich erst 2024 mit dem erwarteten allmählichen Rückgang der Energiepreise deutlicher abschwächen.
Auch die Aussichten für die Weltwirtschaft haben sich deutlich verschlechtert: Es wird erwartet, dass die Weltwirtschaft in diesem Jahr nur um 2,9 Prozent und im nächsten Jahr um 2,2 Prozent wächst. Ein Grund dafür ist auch, dass Chinas Wirtschaft aufgrund seiner strengen Nullzinspolitik und Problemen im Immobiliensektor schwächelt.