BÖRSE EXPRESS: Gratulation, Sieg bei der Wahl zum Zertifikat des Monats mit einer klassischen Aktienanleihe auf Immofinanz. Das ist insofern ungewöhnlich, da diese auch wegen der Liquidität der Aktie nicht einmal regelmäßiger Emissionstitel bei den großen österreichischen Banken ist. Woher orteten Sie Interesse für diese Emission?

ANOUCH WILHELMS: Wir legen grundsätzlich einen Schwerpunkt auf den österreichischen Markt, auch weil es bei uns im Österreich-Fans, teils mit rot-weiß-roten Wurzeln, gibt. Wir sehen hier von österreichischen Anlegern großes Interesse nach österreichischen Einzeltiteln, weniger nach dem Index ATX - da wird trotz allem dann DAX oder Stoxx gehandelt.

 

BÖRSE EXPRESS: Und wie lief die Nachfrage dann in der Realität?

ANOUCH WILHELMS: Die Nachfrage könnte natürlich immer noch besser sein, grundsätzlich passt die Richtung aber. Grund ist wohl, dass die Zinsen wie ein Stein gefallen sind und das nun durch den Wiederveranlagungsdruck spürbar wird: alte Anleihen mit noch hohen Zinskupons laufen mehr und mehr aus und nun kommt auch der risikoscheue Anleger drauf, dass das mit den Minuszinsen kein Einmaleffekt ist. Inflation hinzugerechnet zehrt das am Vermögen – wir haben quasi einen negativen Zinseszinseffekt. Und die Inflation kann rein mit der Sicherheit einer deutschen Staatsanleihe auch nicht mehr aufgefangen werden. Die Aktienanleihe ist da ein ideales Einstiegsprodukt in den Kapitalmarkt abseits von Sparbuch und Staatsanleihe: reduziertes Aktienrisiko plus im Vergleich ein extrem hoher Zinskupon.

 

BÖRSE EXPRESS: Die Immofinanz vielleicht als Fallbeispiel für die Risikofreude: Aufgelegt wurde eine Serie mehrerer Classic Aktienanleihen: gleiche Laufzeit, unterschiedliche Kupons von drei bis sieben Prozent aufgrund unterschiedlicher am Schluss zu erreichender Basispreise. Wurde die risikoärmste oder -reichste Variante am stärksten nachgefragt?

ANOUCH WILHELMS: Die Antwort ist eindeutig: die mit dem höchsten Zinskupon, als risikoreichste Variante.

 

BÖRSE EXPRESS: Und gleich anschließend: gab es feststellbare Unterschiede in der Risikofreude zwischen Österreich und Deutschland, sollte es von dort auch Nachfrage gegeben haben.

ANOUCH WILHELMS: In Zeiten von Online-Brokern ist es kaum möglich herauszufinden, woher die Orders kommen – da möchte ich nicht spekulieren.

 

BÖRSE EXPRESS: Wie ist bei der Commerzbank das Zusammenspiel zwischen Aktienanalyse und Emissionsabteilung: muss eine Aktie als Basiswert ein gewisses Mindestrating aufweisen, um überhaupt für eine Produktemission in Frage zu kommen?

ANOUCH WILHELMS: Als Emittent positionieren wir uns grundsätzlich neutral – es gibt also kein Zusammenspiel mit der Aktienanalyse. Wir haben wir ja auch Short-Produkte, die einen negativen Analystenkonsens abbilden – und was, wenn der Konsens knapp nach der Emission dreht?

 

BÖRSE EXPRESS: Gibt es dann sonstige internen Regeln?

ANOUCH WILHELMS: Es gibt innerhalb der Bank eine ‘Restricted List’ für Unternehmen, mit denen die Bank keine Geschäfte macht, was dann auch für uns gilt. Da geht es aber eher um Rechtliches. Für uns ist vor allem die Handelbarkeit des Basiswerts wichtig – und das erhoffte Interesse der Anleger dafür.

 

BÖRSE EXPRESS: Apropos Regeln: Gibt es irgendwelche Vorschriften, ab denen man ein Produkt als mit Teilschutz – bei Ihnen würde ich Protect sagen – bezeichnen darf/kann? Grund der Frage: Bei einer Serie von Emissionen mit gleichem Beginn und unterschiedlichen Basispreisen ist klar, dass wir hier nicht überall einen Basispreis von 100 Prozent haben – die niedrigverzinsten hatten etwa einen Abschlag von etwa 5 Prozent auf den Kurs …

ANOUCH WILHELMS: Für Teilschutz gibt es keinen Industriestandard und ist bei uns keine Klassifizierung. Protect heißt es bei uns, wenn die Barriere nur zu Laufzeitende aktiv ist.

 

BÖRSE EXPRESS: Kommen wir zu etwas ganz anderem. Aktuell startete bei Ihnen das Börsenspiel Trader 2019 – mit einem Jaguar als Hauptpreis lief die Anmeldephase wahrscheinlich nicht schlecht… Was erwartet uns heuer – und würden Sie sagen, konservative Anleger sind beim Trader eher Fehl am Platz? Was ist eigentlich Ihr Ziel mit diesem Börsenspiel?

ANOUCH WILHELMS: In der Vorbereitung auf den Trader haben wir zum Beispiel die Onlineseite neu lanciert – haben in die Technik investiert und bieten jetzt etwa Live-Charts an – was auch auf dem Smartphone funktioniert. Den Trader gibt es heuer das 17. Mal – und ich sehe ihn als ideal für Einsteiger. Hier bieten wir auch Einiges in Sachen Wissensvermittlung der Basics. Anleger können den Einstieg in den Kapitalmarkt zu 100 Prozent praxisnah üben, komplett ohne Risiko. Und der bereits fortschrittlichere Anleger kann neue Strategien ausprobieren, wieder ohne Risiko.

Und gewinnen können bei uns alle Teilnehmer: Wöchentlich gibt es eine iPhone 10-Verlosung. Dazu 2222 Euro für den Wochensieg und einen E-Jaguar für den Gesamtsieg. Und ja, ich glaube wir werden wieder eine Rekordteilnehmerzahl vermelden.

 

BÖRSE EXPRESS: Vielleicht ein Tipp an die Leser: Gab es bei den Siegern der vergangenen Jahre aus Ihrer Sicht irgendwelche Gemeinsamkeiten, die dann zum Erfolg führten?

ANOUCH WILHELMS: Ich beantworte es umgekehrt: alles auf eine Karte zu setzen und zu hoffen am Schluss vorne zu sein, hat in den 17 Jahren bisher nie geklappt.

 

BÖRSE EXPRESS: Kommen wir wieder zum Markt: Merken Sie in jüngster Zeit irgendwelche Auffälligkeiten bei der Nachfrage nach Produkten?

ANOUCH WILHELMS: In unseren Absatzstatistiken ist Gold weit nach vorne gesprungen, nimmt Platz 2 hinter dem DAX ein. Wirecard folgt mit anhaltend hohem Interesse auf Platz 3, erst dahinter kommen die US-Indizes. Stark steigende Nachfrage gibt es auch im Währungspaar Euro/US-Dollar und dem Bund-Future, der Möglichkeit, an sinkenden deutschen Renditen zu verdienen.

 

BÖRSE EXPRESS: Bei Produktkategorien etwas Auffälliges?

ANOUCH WILHELMS: Man merkt, dass das Wissen von Privatanlegern über Zertifikate, und deren Wesen, jenem der Basics entwachsen ist: so werden ganz explizit in hektischen Börsephasen Discount-Zertifikate gekauft, speziell an Crash-Tage. Warum? Die Vola ist hoch, das gilt dann auch für die Optionsprämie was wiederum für einen tieferen und damit den Anleger attraktiveren Discount sorgt. Das ist ein Riesentrend am Markt. 

 

 

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