In der Covid-19-Pandemie wird oft vergessen, dass Biontech kein reines Impfstoffunternehmen ist. Die Mainzer, die 2019 noch rote Zahlen schrieben, hatten sich zunächst auf neuartige Therapien gegen Krebs spezialisiert. Diese basieren wie auch der Corona-Impfstoff auf dem noch recht jungen mRNA-Ansatz, bei dem das Immunsystem über einen Botenstoff zum Kampf gegen das Virus Sars-Cov-2 angeregt wird.

Allerdings: Für Biontech ist der Corona-Impfstoff das erste firmeneigene Präparat auf dem Markt. Zusammen mit dem Partner Pfizer hat das Unternehmen im Dezember in den USA und der EU grünes Licht für das Vakzin bekommen, das hierzulande inzwischen unter dem Namen Comirnaty vermarktet wird.

Und die Staaten reißen dem Duo den Impfstoff quasi aus den Händen, auch wenn es immer wieder mal kleinere Ruckler bei den vertraglich zugesicherten Liefermengen gibt. Im Mai zurrte etwa die EU eine Großbestellung weiterer bis zu 1,8 Milliarden Dosen fest. Der Vertrag läuft bis 2023, 900 Millionen Dosen sind fest bestellt, weitere 900 Millionen eine Option. Das Vertragsvolumen wird auf bis zu 35 Milliarden Euro geschätzt. Für die laufende Impfkampagne hatte die EU bereits zwei Rahmenverträge mit Biontech/Pfizer über 600 Millionen Impfdosen geschlossen, die seit Ende 2020 ausgeliefert werden.

Unter anderem gilt die neue Großbestellung auch als Vorsorge für den Bedarf zur Impfung von Kindern und Jugendlichen. Vor dem Wochenende erhielt das Biontech-Präparat in der EU auch eine Empfehlung für Kinder ab 12 bis 15 Jahren. Bis dahin war das nur für ab 16-Jährige der Fall.

Das alles schlägt sich mittlerweile auch spürbar in den Zahlen des Konzerns nieder. Nachdem im Vorjahreszeitraum noch ein Nettoverlust angefallen war, lag der Nettogewinn im ersten Quartal bei 1,1 Milliarden Euro. Auch im Vergleich mit dem vierten Quartal 2020 war das eine Verdreifachung. Der Umsatz kletterte zwischen Januar und Ende März geschätzt auf 2,05 Milliarden Euro - mehr als 70 Mal so viel wie ein Jahr zuvor.

Für dieses Jahr ging Biontech Stand Anfang Mai aufgrund der Lieferverträge von Impfstofferlösen in Höhe von 12,4 Milliarden Euro aus. Auch für Partner Pfizer lohnen sich die Geschäfte, der Konzern stellte bei seiner Prognose kürzlich deutlich mehr Umsatz und Gewinn in Aussicht.

Ob die Geschäfte aber weiter derart florieren, muss sich noch erweisen. Anfang Mai stellte die US-Regierung unter Präsident Joe Biden wegen der Schieflage beim Impffortschritt zwischen reichen und armen Ländern den Patentschutz für die Vakzine infrage. Das würde es anderen Medikamentenherstellern unter Umständen möglich machen, die Impfstoffe zu produzieren, ohne Lizenzgebühren an die Entwickler wie eben Biontech zu zahlen. Um die Impfungen in der dritten Welt anzukurbeln, hatten viele Hilfsorganisationen und ärmere Länder sich für einen solchen Schritt ausgesprochen. Die EU und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatten sich hingegen skeptisch bis ablehnend geäußert.

Die Position der US-Regierung wirkte aber offenbar. Denn obwohl einem solchen Vorhaben viel entgegenstünde - etwa die Zustimmung der Mitgliedsländer der Welthandelsorganisation WTO und auch die technische Möglichkeit einer schnellen Nachahmer-Produktion - sagten die Hersteller Mitte Mai ärmeren Ländern prompt insgesamt 1,3 Milliarden Dosen Impfstoff zu. Biontech/Pfizer wollen davon mit rund einer Milliarde Dosen den Löwenanteil beisteuern. Die Lieferungen sollen in der zweiten Jahreshälfte beginnen. Die ärmsten Staaten sollen nur die Herstellungskosten bezahlen müssen, für Entwicklungsländer soll ein "Niedrigkostenpreis" gelten.

"Wir werden weiterhin Länder mit niedrigem oder unterem mittleren Einkommen mit unserem Impfstoff zu einem nicht gewinnorientierten Preis versorgen", hieß es von Biontech. Die Mainzer hatten sich gegen eine Patentfreigabe gestemmt.

Die Produktionskapazität will Biontech bis Ende dieses Jahres auf 3 Milliarden Dosen jährlich hochschrauben. 2022 sollen dann mehr als 3 Milliarden Dosen hergestellt werden. Allein in der neuen Produktionsstätte in Marburg sollen bis zu einer Milliarde Dosen jährlich produziert werden können.

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