Mehr als zehn Milliarden Euro Überschuss erwirtschaftete Biontech laut Geschäftsbericht 2021, nach einem Fehlbetrag von rund 180 Millionen Euro im Vor-Corona-Jahr 2019. Das hauptsächlich durch die Impfung geflossene Geld soll auch in die weitere Forschung der Firma fließen. Dabei schließt Biontech-Chef Ugur Sahin Zukäufe nicht aus. Dass es langfristig nicht allein um das Corona-Vakzin bei Biontech geht, steht fest. Die Krebsbekämpfung durch die mRNA-Technologie war schon immer das Ziel von Sahin und seiner Ehefrau und Biontech-Mitgründerin Özlem Türeci - schon damals, als sie vor mehr als 20 Jahren die Hexal-Gründer und Investoren Thomas und Andreas Strüngmann für ihre Idee begeisterten.

Die Impfung war quasi die Feuertaufe für die Technologie, die nicht die einzige innovative Wirkstoffklasse ist, an der Biontech arbeitet. 20 Forschungsprojekte in den klinischen Phasen I oder II und dazu noch zwölf präklinische Forschungsprogramme listet das Unternehmen auf seiner Internetseite auf. Und erst kürzlich erhielt das Unternehmen von der europäischen Arzneimittelbehörde Ema für eine Car-T-Zelltherapie bei Hodenkrebs einen Sonderstatus für vielversprechende Medikamente, durch den nun ein einfacherer Regulierungsprozess winkt.

In der Zukunft dürfte es bei den Mainzern aber verstärkt auch darum gehen, Erfolge mit mRNA abseits Corona zu feiern. Aktuell arbeitet das Unternehmen beispielsweise an entsprechenden Wirkstoffen bei multiplen soliden Tumoren.

Dabei ist Biontech bei weitem nicht allein, die gesamte Branche scheint derzeit regelrecht im mRNA-Fieber und baut Kapazitäten auf. Der französische Pharmakonzern Sanofi <FR0000120578> etwa will jährlich 400 Millionen Euro in mRNA-Impfstoffe investieren und kaufte hier zuletzt weiter zu. Und auch Zulieferer wie Merck <DE0006599905> und Evonik <DE000EVNK013> stehen in den Startlöchern und stecken viel Geld in die Erweiterung der Produktion. Es scheint viel Musik drin im Thema, damit ist harte Konkurrenz für Biontech vorprogrammiert.

Den zunehmenden Wettbewerb in der Biotechnologie sieht auch Sahin: "Man wird als Wissenschaftler nicht mehr lange allein an einer Entdeckung forschen, sondern muss davon ausgehen, dass diese Entdeckung auch woanders gemacht wurde", erklärte der Biontech-Chef kürzlich.

Von der Pandemie dürfte Biontech derweil noch eine Weile weiter gut profitieren. Trotz des Sommers steigen die Infektionen und Experten rechnen erst recht für die kältere Jahreszeit mit einer schwierigen Phase. Erst kürzlich bestellte die US-Regierung für eine geplante Booster-Kampagne bei Biontech und ihrem US-Partner Pfizer <US7170811035> in großem Stil.

Allerdings kämpfen die Hersteller mit der Zeit, denn noch ist keine einzige auf das Omikron-Virus angepasste Impfung von den Behörden zugelassen - diese stecken noch im Prüfungsverfahren. Dabei zeigt sich, dass das Virus inzwischen noch weitaus aggressivere Sublinien der Omikron-Variante hervorgebracht hat, die den Impfschutz besser aushebeln.

Sahin forderte deshalb, das Prozedere bei der Zulassung zu verkürzen, um ähnlich wie bei einer Grippeimpfung einen angepassten Impfstoff schnell und ohne Extrastudien auf den Markt bringen zu können. Doch die Behörden setzten auf Sicherheit: Die US-Arzneimittelbehörde FDA etwa forderte die Impfstoffhersteller auf, ihre noch auf die - beispielsweise in Deutschland nicht mehr kursierende - Sublinie BA.1 angepassten Impfstoffe auf die aktuelleren BA.4 und BA.5 auszurichten und entsprechende klinische Studien durchzuführen.

Derweil sieht sich Biontech neuerdings auch mit einer Patentverletzungsklage des Konkurrenten Curevac <NL0015436031> konfrontiert. Ob an den Vorwürfen etwas dran ist, haben die Gerichte zu entscheiden. Da solche Klagen in der Branche allerdings eher üblich sind, dürfte es sich weniger um einen Versuch der Tübinger handeln, die Reputation Biontechs zu beschmutzen, als vielmehr in deren prall gefüllte Kasse zu langen. Biontech hat die Anschuldigungen bereits zurückgewiesen.

Die Aktie:

Legt man die Charts von Biontech und anderen Impfstoffherstellern wie Moderna <US60770K1079>, Novavax <US6700024010> oder Valneva übereinander, zeigt sich: Die Bewegungen sind nahezu identisch - egal, wie viele gute oder schlechte Nachrichten zu dem einen oder anderen Unternehmen über die Ticker liefen.

Mehr zur Aktie und den Analyst:innen ...

 

Aus dem Börse Express PDF vom 12.07. hier zum Download

 

 Seite nicht gefunden