Historisch betrachtet zählen österreichische Siege über Deutschland leider eher zu den seltenen Ereignissen. Doch zuletzt erweckte es den Anschein, als könnte sich unsere Alpenrepublik deutlich häufiger gegen den großen Bruder durchsetzen und Córdoba ‘78 zunehmend in Vergessenheit geraten lassen. Am 2.6.2018 war es mal wieder soweit, die ÖFB-Elf besiegte Deutschland mit 2:1 durch Tore von Hinteregger und Schöpf und beendete eine 32jährige Durststrecke.

Vergangenen Dienstag wiederholten sich die Ereignisse. Wer hätte das gedacht? Österreich schlägt Deutschland nach rund einem Jahr schon wieder! Zu Recht werden Sie jetzt beanstanden, dass in dieser Woche gar kein Länderspiel der A-Nationalmannschaft stattgefunden hat. Jedoch konnte Österreich auf einem anderen Parkett einen wichtigen Sieg gegen den manchmal übermächtig wirkenden Nachbar einfahren. Der EuGH in Luxemburg verkündete am Dienstag, dass der österreichischen Klage (unterstützt durch die Niederlande) gegen die deutsche PKW-Maut größtenteils stattgegeben wird und Deutschland die Maut in der bisher geplanten Form nicht einführen darf, da sie gegen bestehendes EU-Recht verstößt. Dies stellt insbesondere für die bayerische CSU einen herben Rückschlag dar, die sich federführend für die neue Maut eingesetzt hatte. Das Konzept des deutschen Verkehrsministeriums hat vorgesehen, dass alle EU-Bürger (inkl. der deutschen) die Maut hätten zahlen müssen, jedoch die deutschen Autofahrer den gesamten Betrag über die Kfz-Steuer zurückerstattet bekommen hätten. Faktisch hätten somit nur EU-Ausländer bezahlen müssen, was eine eindeutige Diskriminierung darstellt. Europäische Solidarität ist eben keine Einbahnstraße!

Doch auch in Österreich gab es nicht nur Gewinner des EuGH Urteils. Der heimische Mautsystemspezialist Kapsch hatte in einem 50/50 Joint Venture mit dem deutschen Unternehmen CTS Eventim den Zuschlag zur Errichtung und zum Betrieb des deutschen Mautsystems erhalten. Der deutsche Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) kündigte nach den jüngsten Geschehnissen den Vertrag mit Kapsch, woraufhin die Aktie unter Druck geriet. Ironischerweise fiel die Urteilsverkündung des EuGH genau auf denselben Tag, an dem Kapsch seine (durchaus guten) Ergebnisse zum Geschäftsjahr 2018/19 berichtete. Georg Kapsch (CEO) betonte, dass durch die Vertragskündigung Deutschlands, keinerlei Verluste für das Unternehmen entstehen und zumindest alle bisher erbrachten Leistungen abgegolten werden. Die Frage ob es darüber hinaus Kompensationszahlungen geben wird und inwieweit diese die zukünftig ausbleibenden Erlöse abdecken können bleibt fraglich. CTS Eventim Geschäftsführer Klaus-Peter Schulenberg meinte hierzu bereits 2018, dass man für den Fall, dass die Maut vor Gericht scheitert, vertraglich abgesichert sei.

Die Ziele, die Kapsch noch am Dienstag in der Früh verlautbarte (Umsatz und EBIT um 5% steigern, mittelfristig EBIT-Marge von 10%), sind nun jedenfalls in ernster Gefahr, da nicht davon auszugehen, dass man für das gesamte Vertragsvolumen entschädigt wird. Die Aktie ließ seit dem Bekanntwerden des Urteils um rund 6% nach.

Auch im Flugliniengeschäft musste Deutschland vergangene Woche eine empfindliche Niederlage einstecken. Die Aktie des größten deutschen Luftfahrtunternehmens und AUA-Mutter Lufthansa musste einen Verlust von rund 16% hinnehmen, nachdem der Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr aufgrund des starken Konkurrenzdrucks bei Kurzstreckenflügen aus dem Billigflugsegment gesenkt werden musste. Demnach erwartet man nun einen operativen Gewinn von 2-2,4 Mrd. Euro, nach ursprünglich 2,4-3 Mrd. Euro. In ihrem Rekordjahr 2017 hatte die Lufthansa operativ rund 3,0 Mrd. Euro verdient, ein Jahr darauf waren es immerhin noch gut 2,8 Milliarden. Vor allem die Billigtochter Eurowings dürfte dieses Jahr die Gewinnschwelle verfehlen und somit negativ zum Konzernergebnis beitragen. Bis zum Ende des laufenden Kalenderjahres erwartet Lufthansa keine Erholung am innereuropäischen Markt. Seit dem Jahreshoch Ende Februar ging der Aktienkurs bereits um rund 37% zurück! Gestern erhielt Lufthansa postwendend die nächste Hiobsbotschaft. Die Flugbegleiter-Gewerkschaft UFO hat Streiks bei der Lufthansa und ihren Töchtern Eurowings und Germanwings angekündigt und möchte das Unternehmen zurück an den Verhandlungstisch zwingen. Dies konnte insbesondere in der Hauptferienzeit im Sommer für einiges Chaos an deutschen und österreichischen Flughäfen sorgen.

Auch andere Fluglinien wurden in die Negativspirale von Lufthansa hineingezogen. In ihrem Sog büßten am Montag Air France und die British Airways-Mutter IAG sowie die Billigflieger Ryanair, EasyJet und Wizz bis zu 6,8% ein. Der Preiskampf wird derzeit so hart geführt wie selten zuvor. Insbesondere der Flughafen Wien ist hierbei eines der am härtesten umkämpften Pflaster. Die Anzahl an Billigfluglinien ist in Wien innerhalb der letzten Jahre rasant gestiegen (easyjet, Eurowings, Laudamotion, Wizz, Level) und hat die Flugticketpreise kontinuierlich fallen lassen. Auch die Luthansa Tochter Austrian Airlines hat in letzter Zeit versucht diesen Preiskampf anzunehmen und auf einen natürlichen Verdrängungsprozess gebaut, der bis dato aber noch nicht eingesetzt hat. Europas größte Billigairline und Laudamotion-Mutter Ryanair berichtete im Geschäftsjahr 2018/19 (GJ bis 31.3.) bereits einen Gewinnrückgang von 39% auf 885 Mio. Euro. Neben niedrigeren Ticketpreisen (-6%), machten dem Unternehmen allein Anlaufverluste für Laudamotion in Höhe von 139,5 Mio. Euro zu schaffen. Seit Mitte April steht beim irischen Unternehmen ein Kursverlust von 21% zu Buche.