Bevor die, durchaus berechtigte, Pauschalempörung wegen obiger Aussage über mir zusammenbricht, ein paar erklärende Worte: In unseren Tagen hat sich eine Verhaltensweise etabliert, die man, einfach herrlich wie manche Worte ein richtiges Wichtigkeits-Momentum in sich tragen, Prokrastination bezeichnet. Prokrastination benennt man einfach die Verhaltensweise, nichts entscheiden zu wollen. Kennen wir. Unsere Sprüche-Sammlung ist voll davon. Zuerst Nachdenken, dann handeln. Der schnelle Vogel fängt den Wurm aber die zweite Maus bekommt den Käse. … Jedem fällt da sicher das eine oder andere dazu ein (auch Gegenteile, klar). Aber sich mit einer Entscheidung Zeit zu lassen wurde in unseren Tagen immer mehr zum alltäglichen Brot. „Ja gern! Machen wir! Lass‘ uns das doch bei einem neuen Treffen besprechen! Dann machen wir Pläne wie und wann. Aber sicher.“ Kennen wir doch, oder? Die Zeit mit Entscheidungslosigkeit, die als Vorbereitung künftiger Entscheidungen maskiert wird totzuschlagen, ist mittlerweile unsere tägliche Erfahrung. Wachstum und Entscheidungen passieren oft nur mehr im engsten privaten Umfeld. Entscheidungsprozesse in Beruf und Wirtschaft werden immer mehr verzögert. Oft gar nicht einmal selbst verschuldet, denn Administration in allen möglichen Bereichen hat mittlerweile ungeahnte Ausmaße erreicht. Eine Entscheidung darf nicht mehr rasch erfolgen. Davor muss dokumentiert werden wie wild. Etliche Randbereiche müssen abgeprüft werden und am Ende gibt es ja noch das Risiko, dass die Entscheidung doch nicht zum gewünschten Ergebnis führt. Blöd. Also lieber noch eine Runde nachdenken, oder einen neuen Termin ausmachen.

All das hat unsere Wirtschaftsprozesse langsam gemacht. Man kann sagen, schwach gemacht. Und unsere Politik hat sich in diesem Umfeld pudelwohl gefühlt. Von einer Wahl zur anderen unbeschadet zu kommen war die Maxime. Wir brauchen nicht weit zu blicken, um zu erkennen, in welchen Staaten dieses Faktum am stärksten die Wirtschaft gebremst, Investitionen verhindert und Wettbewerbsvorteile in Nachteile gewandelt hat.

Nun, damit ist jetzt Schluss. Unser lieber Donald hat uns vorgemacht, wie es ist, mit Unlogik und mutwilligem Populismus die eigene Position der Stärke zu missbrauchen. Zum Schaden Dritter natürlich zuerst. Und genau diese Dritten sind wir. Wir müssen uns jetzt bewegen. Unwirtlichen Gegenwinden ausweichen, oder sich im Bewusstsein eigener Stärke erst recht diesen stellen. Die USA sind unser Freund gewesen. Sie sind es nicht mehr. Ein Präsident, der sich maximal um seine Medien-Präsenz kümmert und für seine wirtschaftlichen Agenden offensichtlich künstliche Intelligenz einsetzt, um Lösungen zu präsentieren (aufgepasst, jede KI antwortet auf das, was man sie fragt. Richtig und vollkommen zu formulieren ist daher die wichtigste Kunst im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz), die selbst bei großzügigem Ignorieren volkswirtschaftlicher Zusammenhänge keine sind, der sich mit einem opportunistischen Polit-Volk umgibt, das einzig und allein in aggressiver Umwandlung ihren Vorteil sieht, der wird uns nicht Zeit für neue Gespräche erlauben, der treibt uns vor sich her und wer sich nicht ändert, wird überrollt. Es ist ein Faktum, dass die Logik wirtschaftlicher Prozesse nicht unbedingt die Logik von Wählern ist. Ob es die Hillibillies in Montana sind, die sich jetzt vielleicht am Kopf kratzen, weil die verhasste Inflation gerade den Turbo eingeschaltet hat und man sich überlegt, welche Minderheit jetzt schuld daran sein muss, denn „unser MAGA-Donald“ kann’s ja nicht sein, oder ob die grüne Ideologie in Deutschland zu berücksichtigen vergessen hat, wie man die Butter aufs Brot verdient. Prokrastination wurde mittlerweile zu einem der stärksten Dopingmittel für Rechtspopulismus. Jene, die sich als „Entscheider“ präsentieren und sich, ohne wirklichen Mut, dabei nur auf Althergebrachtes beziehen, weil das kennt man ja schon.

Es wird Zeit, dass wir uns jetzt bewegen. Der Weckruf aus Washington war brutal, unerwartet und eigentlich dumm. Aber er ist passiert. Jetzt wird es Zeit, sich damit auseinanderzusetzen. Und zwar schnell. Wer bremst verliert, ist auch so ein Spruch, aber diesmal passt er.

Und für alle die sich hilfesuchend umsehen, ein kurzer Zuruf: es geht fast allen so! Die Chance auf ein Neues Gemeinsames ist so groß wie schon lange nicht. Wichtig dabei ist aber der Terminus „gemeinsam“. Sonst hast Du im aktuellen geopolitischen Umfeld keine Chance und wirst von machttrainierten Präsidenten aus-arbitriert.

Und, eigentlich herrlich manchmal im Leben auch die Filmindustrie heranziehen zu können, im Film der Pate (Film und Buch ein für mich politisches Meisterwerk) gibt es die Szene, in der an die Versammlung, um die verfeindeten Familien an den Tisch zu bringen, gedacht wird und man sich nicht sicher ist, in welcher Verhandlungsposition man selber steht. Die Worte des Vito Corleone waren: „Der, der Dich als erster fragt, ob Du dich mit den Familien treffen willst, der ist der Verräter“. Also, sollte China anklopfen und sich als „bester Freund“ präsentieren … schau nach beim Paten.