Auf dem diesjährigen - sehr ruhigen - Aktionärstreffen haben sich die Wogen rund um den Fresenius-Konzern spürbar geglättet. Vor einem Jahr war es auf der Hauptversammlung turbulent zugegangen; Firmenchef Stephan Sturm hatte angesichts der miserablen Aktienkursentwicklung und der Schwierigkeiten bei der Dialysetochter Fresenius Medical Care (FMC) im Kreuzfeuer gestanden.

Und heute? Die Fresenius-Aktie notiert zwar noch tiefer als vor einem Jahr und FMCs Bilanz liest sich weiterhin alles andere als rosig, doch Sturm hat offenbar mit der Vorlage eines mehrjährigen Sparprogramms und dem vorsichtigen Aufbrechen der bisherigen Strategie die Gemüter beruhigen können.

Der Druck auf den Vorstand, an den Kosten und der Organisation zu feilen, war zuletzt merklich gestiegen. Hatte Fresenius nach der im Jahr 2018 gefloppten Übernahme des US-Generikaherstellers Akorn an der Börse schon unter Beschuss gestanden, setzte schließlich die Corona-Pandemie dem Konzern auch bilanziell erheblich zu. Im Klinikgeschäft blieben die Patienten fern und Operationen wurden verschoben. Die nervlichen Belastungen sorgten für eine hohe Fluktuation, Personal zu halten ging wiederum ins Geld. Richtig dramatisch brachen die Gewinne bei FMC ein, auch hier verursacht durch steigende Ausgaben sowie durch den Wegfall von Behandlungen durch die vielen Corona-Toten unter den Blutwäsche-Patienten.

Inzwischen geht es zumindest im Klinikgeschäft wieder aufwärts, dort wird wieder mehr behandelt. Und auch bei der Servicegesellschaft Vamed springt das Projektgeschäft wieder an. Die auf Flüssigmedizin und biopharmazeutisch hergestellte Nachahmermedikamente spezialisierte Tochter Kabi kämpft zwar weiter mit Schwierigkeiten im wichtigen US-Markt, profitierte zuletzt aber von einem starken Schwellenländergeschäft.

FMC hingegen verzeichnete auch im ersten Quartal einen Gewinneinbruch, will aber nach dem Rückschlag im vergangenen Jahr das Ergebnis in 2022 wieder verbessern. Und auch Mutter Fresenius hat einen leichten Zuwachs angekündigt. Dabei setzen die Firmen auch auf die bereits im Frühjahr 2021 eingeläuteten Sparprogramme. FMC etwa kündigte dazu den Abbau von 5000 Stellen an und eine Neuaufstellung seiner Organisationsstruktur.

Ursprünglich sollten wohl allein die Spar- und Umbaumaßnahmen die Unternehmen zu alter Stärke zurückführen. Doch dass dies nicht reichte, um die Börse zufriedenzustellen, wurde in den vergangenen Monaten an den weiterhin dümpelnden Aktienkursen beider Dax-Konzerne klar.

Vom Fresenius-Chef zunächst noch abgelehnt, hat der Manager inzwischen die Türen für einen FMC-Verkauf geöffnet: Eine solche Transaktion wird grundsätzlich nicht mehr ausgeschlossen. Allerdings liegt auch FMCs Aktienkurs brach, sodass ein solcher Deal unvorteilhaft für die Verkäuferin Fresenius wäre. Deshalb dürfte hier vorerst mit wenig wirklich Spektakulärem zu rechnen sein.

Bereits am Markt vorgefühlt haben soll Fresenius in Richtung möglicher Interessenten für das Klinikgeschäft Helios. Auch für die Servicegesellschaft Vamed wünscht sich die Konzern-Führung Investoren an Bord, um die Geschäfte dort weiterzuentwickeln.

Bewusst zügig ließ Sturm bei Kabi auf Worte Taten folgen, da Fresenius hier künftig vorrangig sein Geld investieren und wichtige Kompetenzen der Tochter ausbauen will: Ende April gab der Konzern die Übernahme des Biopharmazie-Unternehmens Mabxience und des US-Infusionstherapiespezialisten Ivenix durch Kabi bekannt.

Auch personell wird umgesattelt. Anfang 2023 wird Carla Kriwet die Nachfolge des aus Altersgründen scheidenden FMC-Chefs Rice Powell antreten. Kriwet war zuletzt Chefin der Bosch-Tochter BSH Hausgeräte GmbH und bringt reichlich branchenrelevante Erfahrung zu FMC, die sie auf ihren vorherigen Stationen etwa bei Philips, Linde und Drägerwerk gesammelt hat. Ihre Wahl ist auch deshalb ein kluger Schachzug, da die in Essen gebürtige künftige zweite Frau im Dax als polyglotte Managerin gilt. Es könnte ihr womöglich leichter fallen als Powell, der kein Deutsch spricht, die Investoren jenseits des Atlantiks und auch hierzulande wieder für sich zu vereinnahmen.

Für Fresenius-Chef Sturm gilt es nun jedoch zu beweisen, dass die eingeleiteten Maßnahmen die richtigen sind, um nicht nur die erhofften nachhaltigen Ergebnisverbesserungen zu bringen, sondern auch den Aktienkurs wieder zu heben.

Die Aktie:

Nicht so schlecht wie befürchtet, lautete das Urteil der Analysten anlässlich der Fresenius-Zahlen zum ersten Quartal Anfang Mai. Doch der entsprechend positive Kurseffekt ist längst wieder verpufft. Und inzwischen ist auch ein gutes Stück der Erholung nach dem Einbruch der Märkte im Zuge des Ukraine-Kriegs dahin: Aktuell kostet die Aktie rund 32 Euro.

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Aus dem Börse Express PDF von 31. Mai hier zum Download

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