Und so ist die Frage absolut berechtigt: Kann ich investiert bleiben? Muss ich absichern oder mich von großen Teilen meiner Aktien trennen, weil die Zeitenwende in der globalen Weltordnung auf Jahre hinaus die Erträge meiner Aktienanlagen gefährdet? Soll ich jetzt noch verkaufen, um dann wieder (günstiger) zurückzukaufen?

Emotional sind all diese Fragen gut nachvollziehbar. Wir alle können uns der Macht der Bilder, die wir aktuell in den Medien wahrnehmen, nicht entziehen. Neben der empathischen Anteilnahme am Schicksal von Millionen Menschen, die unter den Kriegsfolgen leiden, gesellt sich die Angst um die eigene Zukunft, zunächst zumindest in materieller Form. An dieser Stelle möchte ich festen, dass wir hier ausschließlich über die finanziellen Folgen für die Anleger:innen sprechen. Die humanitäre Katastrophe und die Folgen der geopolitischen Zeitenwende sollen hier außen vor bleiben. Hier muss jede:r für sich einen Weg finden, wie ein Beitrag zur Linderung des Leids der Betroffenen geleistet werden kann.

Somit zurück zu der Ausgangsfrage: Aktien haben in den vergangenen 50 Jahren bei einer Haltedauer von 20 Jahren, gemessen an einem Investment im DAX, eine durchschnittliche Rendite von ca. 8,6 Prozent jährlich erwirtschaftet (Quelle: Deutsches Aktieninstitut, Januar 2022). Selbst wer den absolut schlechtesten 20-Jahres-Zeitraum in diesen fünfzig Jahren erwischte, konnte immerhin noch eine jährliche Rendite von 3,3 Prozent erwirtschaften. Diese Renditen erfordern allerdings, dass an dem Investment auch in schwierigen Zeiten, und davon gab es genug, festgehalten wurde.

Laut einer Studie der Universität Michigan erwirtschaften an der Wall Street drei Handelstage 95 Prozent der Gesamt-Jahresrendite. Was ist, wenn ich heute verkaufe und morgen der erste dieser drei Tage folgt? Seit über vierzig Jahren verfolge ich beruflich das Geschehen an den Finanzmärkten, und ich habe in all den Jahren niemanden kennengelernt, der es geschafft hat, beides erfolgreich abzuschließen: verkaufen UND günstig wieder einzusteigen. Wer verkauft, möchte bestätigt werden, und weiter fallende Kurse erfüllen diesen Wunsch. Wenn sich dann die Kurse stabilisieren, halten die Pessimisten dies für eine „technische Korrektur“ und steigen in der Folge erst wieder ein, wenn die Kurse bereits davongelaufen sind.

Kriegszeiten sind immer Zeitperioden gewesen, in denen der Wert des Geldes abnahm. Dass sich derzeit die Inflationsraten ohnehin schon auf einem Vierzig-Jahres-Hoch bewegen, kommt erschwerend hinzu. Und Geld auf dem Konto ist dieser Entwertung schutzlos ausgeliefert. Insofern bleiben die sieben Gebote der Anlage weiterhin gültig:

1. Das beste Timing zum Kauf von Aktien ist immer JETZT – auch wenn jede aktuelle Krise natürlich eine „ganz andere Dimension hat als alle anderen Krisen vorher“.

2. Aktien sollten immer nur den Teil des Vermögens ausmachen, der in den nächsten fünf Jahren nicht benötigt wird.

3. Neben Aktien bieten Immobilien und Gold historisch Schutz vor der Geldentwertung.

4. Aktionismus in Form von hektischem Rein-und-Raus macht eher die Banken reich, nicht die Investierenden.

5. Emotionen wie Panik und Gier sind die schlimmsten Feinde der erfolgreichen Investition.

6. Wenn Aktien aufgrund von fallenden Kursen immer preiswerter werden, steigen die Chancen auf außerordentliche Gewinne.

7. Keine „Wetten“ auf vermeintliche Gewinner, sondern breit diversifizierte, international gestreute Investments in Aktien von Unternehmen, die über ein stabiles Geschäftsmodell, starke Preissetzungsmacht und eine solide Bilanz verfügen.

Der Mensch neigt aufgrund des Medienkonsums dazu, die gegenwärtigen Ereignisse massiv überzugewichten und dabei den langfristigen Blick zu vernachlässigen. Der Blick über den aktuellen Tellerrand hat selten geschadet. Schauen Sie daher nicht jeden Tag in ihr Depot und klagen über die (temporären) Kursverluste. Es gibt viele, die dieses Problem gerne gegen die eigenen tauschen würden.

Diesen und weitere Vermögensverwalter mit Meinungen und Anlagestrategien finden Sie auf www.v-check.de.

 

 

Aus dem Börse Express PDF von 15. März hier zum Download

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