Ich möchte nicht in der Haut der Notenbänker stecken. Aber sie müssen jetzt die Suppe auslöffeln, die sie sich selbst eingebrockt haben. Zu lange haben sie den bequemen Weg der falschen Notenbankpolitik fortgesetzt. Während die Verantwortlichen noch immer alles verharmlosen (DIW-Chef Fratscher spricht bei Inflation sogar von Panikmache!!), mehren sich die Meinungen, dass diejenigen, die das Problem geschaffen haben, es nicht lösen können (Erfahrungswert). Der Inflationskarren ist verfahren und steckt nicht nur im Schlamm, sondern tief im Moor. Es gibt offensichtlich nur noch Lösungen, die den Bürgern weh oder sehr weh tun.

In Sachen Inflation weht gerade der perfekte Sturm. Die Zinsen sind rekordtief, die Geldmenge riesengroß. Noch höher der Schuldenberg, der adäquate Zinserhöhungen verhindert. Die gerissenen Lieferketten reduzieren das Angebot, das die noch immer vorhandene Nachfrage nicht befriedigen kann. Die Preise steigen. Der Ukrainekrieg führt zur Reduzierung von Rohstofflieferungen, sowohl im Bereich Energie als auch bei Nahrungsmittel. Deren Preise steigen auch. Überall fehlen Fachpersonal, und der Krankenstand ist wegen der Pandemie noch hoch. Die Infektionszahlen steigen schon wieder. Minister Lauterbach warnt, aber keinen interessiert es. Inflation und angespannter Arbeitsmarkt haben eine Lohn-Preis-Spirale losgetreten. Die Einfuhrpreise steigen wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Die EZB „bekämpft“ das Dilemma mit einer Zinserhöhung von minus 0,50 auf Null Prozent. Man wirft also mit Bananen auf Langstreckenraketen.

Die aus volkswirtschaftlicher Sicht wirksamste Inflations-Bekämpfung wäre eine Rezession. Die will man aber unter allen Umständen vermeiden. Sie wäre verbunden mit Gewinneinbrüchen der Unternehmen, aber auch mit einem kräftigen Anstieg der Insolvenzen, vor allem viele Zombie-Firmen gingen bankrott. Die Pleitewelle würde die Arbeitslosenzahlen explodieren lassen. Die Preise für Aktien, Anleihen und Immobilien crashen. Folgen wären eine Schulden- und damit Bankenkrise. Auch das Auseinanderfallen des Euros würde wieder zum Thema.

Die Notenbanken und die Politik weltweit werden versuchen, dieses Schreckensszenario zu verhindern. Aber, dann können sie die Geldmenge nicht kräftig zurückfahren und die Zinsen nicht bedarfskonform erhöhen. Sie können auch nicht die Schulden reduzieren. Oder die Lieferketten kitten, denn dazu müssten sie China zwingen, ihre Corona-Politik zu ändern. China will einfach nicht zugeben müssen, dass ausländische Impfstoffe wirksamer sind. Sie können auch nicht den Ukrainekrieg beenden, der länger dauern wird, als selbst Russland geplant hat. Sanktionen und Gegensanktionen sind wahrscheinlich sogar noch nicht am Höhepunkt angelangt. Sie können auch nicht den Fachkräftemangel beseitigen, so dass der Arbeitsmarkt weiter angespannt bleibt. Die Arbeitnehmer fordern inflationsbedingt höhere Gehälter. Trotzdem geht ihr Lebensstandard zurück, so dass im kommenden Jahr weitere Forderungen zu erwarten sind. Solange die Lohnstückkosten steigen, steigt auch die Inflation bzw. bleibt hoch. Im Herbst fallen noch die kurzfristigen Entlastungsmaßnahmen weg, so dass die Inflation nur wenig zurückgehen wird.

Die amerikanische Notenbank FED hat, wenn auch viel zu spät, die Zinsen relativ kräftig erhöht. Da aber die Inflation noch stärker gestiegen ist, ist der Kaufkraftverlust noch höher geworden. Und bei weiteren Anzeichen einer Rezession (Zinskurve flacht bereits ab, etliche Wirtschaftszahlen verschlechtern sich) wird sie den Geldhahn wieder aufdrehen. Noch stützen Militärausgaben und Lageraufbau die Wirtschaft. Eventuell war aber die letzte Zinserhöhung wirklich die Letzte. Ich glaube fest, dass die Verantwortlichen eher eine höhere Inflation zulassen, als eine Rezession riskieren werden.

Was würde das aber für den deutschen Sparer (zum Beispiel 100.000 Euro) bedeuten? Wenn wir davon ausgehen, dass die Inflation bei uns 2021 bei fünf Prozent lag und 2022 bei sieben Prozent liegen wird. Sie nach einem Jahr vier Prozent, ab 2024 etwa drei Jahre Jahre auf 3,5 Prozent, weitere drei Jahre auf drei Prozent zurückgeht und Anfang der 30er Jahre zwei Jahre bei 2,5 Prozent liegen wird, dann hat der Sparer in zehn Jahren etwa die Hälfte der Kaufkraft seines Geldes verloren. Das heimtückische daran ist, dass er noch immer 100.000 Euro auf dem Sparbuch hat. DIW-Präsident Fratscher würde dann wahrscheinlich sagen: Keine Aufregung, ist ja noch alles da.

Bei einer weichen Landung wächst die Wirtschaft nur noch minimal. Dadurch entspannt sich die Lage am Arbeitsmarkt aber kaum und auch die Inflation geht nur sehr langsam retour. Da bei den Unternehmen durch die Kostensteigerungen die Margen deutlich geschrumpft sind, ist die Zielerreichung „weiche Landung“ fast unmöglich geworden. Entscheiden sich die Verantwortlichen dafür, wie oben vermutet, lieber eine höhere Inflation in Kauf zu nehmen, als eine Rezession loszutreten, könnten die Kapitalzinsen weiter steigen, weil sie dem gestiegenen Risiko bzw. Kaufkraftverlust Rechnung tragen.

Die 10-jährigen Zinsen haben inzwischen ihren seit Ende der 80-er Jahre Trend fallender Zinsen nach oben gebrochen Die Überalterung, die Deglobalisierung und die Klimamaßnahmen werden die Inflation eher noch anheizen. Die Marktzinsen könnten sogar dann steigen, wenn die Notenbanken den Fuß von der Bremse nehmen. Aktien- und vor allem die Immobilienmärkte werden dann leiden. Beide wurden durch die sehr offensive Geldpolitik der letzten Jahre nach oben getrieben und sind jetzt besonders anfällig bei Zinsanstiegen. Der Immobilienmarkt sendet schon erste Warnsignale. Grundstückskäufer stornieren den Kauf, weil sie das Haus aufgrund der höheren Baupreise nicht mehr finanzieren können. Auch nehmen Banken aufgrund der Preissteigerungen ihre Finanzierungszusage zurück bzw. lehnen höhere Kredite ab. So finden Verkaufswillige, die u.a. befürchten, dass die Steuerfreiheit nach zehn Jahren Haltedauer gekappt wird, keine Käufer mehr. Andere stellen fest, dass Käufer nicht mehr bereit sind, jeden Preis zu bezahlen. Alles Hinweise, dass vorläufig die Preise ausgereizt und anfällig für Korrekturen sind.

Was soll ein Anleger in dieser Konstellation tun? Zunächst hat die Qualität der Anlagen (überwiegend Aktien, aber auch bei Anleihen) oberste Priorität (Vermeidung von Totalausfällen). Er sollte weiterhin in verschiedenen Assetklassen investieren, um so Klumpenrisiken (alles in Aktien, alles in Immobilien) zu vermeiden. Erhöhte Liquiditätshaltung ist wohl angebracht, denn Crash-Kurse beinhalten auch Anlage-Chancen. Wer kein Geld hat, kann dann auch nicht preiswert kaufen.

Die Beimischung von bis zu 20 Prozent in Edelmetallen und Rohstoffen erscheint mir derzeit wichtiger denn je. In der Vergangenheit haben diese sowie Minenaktien in ähnlichen Szenarien kräftige Gewinne erzielt und so zum Werterhalt des Vermögens beigetragen. Die Stimmung ist schlecht. Die Preise sind, besonders bei Minenaktien, kräftig gefallen. Etliche Goldanleger sind enttäuscht von der Performance. Aber: Ist sie wirklich so schlecht? Zunächst haben die Anleger sich vor allem in die Liquidität geflüchtet. Sie haben von allem etwas verkauft. Aktien und auch Gold.

Denn Gold hat zwar seit Jahresbeginn in US-Dollar 3,5 Prozent verloren (der DAX liegt schon 17 Prozent hinten). Da aber der US-Dollar gegen Euro um zehn Prozent gestiegen ist, liegt der Euro-Goldkäufer sogar im Gewinn. Der Anleger verkauft nun mal lieber etwas, wo er nicht im Minus liegt. Doch gerade der starke Dollar hat beim Edelmetall Gegenwind verursacht. Ebenso wie die Zinserhöhungen der Notenbanken.

Noch braucht man Geduld. Wenn die FED aber wieder das monetäre Gaspedal tritt bzw. die Börse davon ausgeht, springen die Edelmetalle an, dann könnte ein schwächelnder Dollar den Goldpreisanstieg unterstützen. Die Kaufkraftparität des USD wird eher bei 1,20 zum Euro gesehen. Kursziele beim Gold von 2000 bis 3000 US-Dollar sind keine Utopie mehr. Nicht zu vergessen ist Silber, das mit einem Index von über 90 (für 1 Unze Gold gibt es 90 Unzen Silber) historisch preiswert (Durchschnitt ca. 55/60) gegenüber Gold ist. Die heutigen Kurse, vor allem bei den Minenaktien, sind Kaufkurse. Vielleicht hat der Anleger im Nachhinein nicht den allerbilligsten Kurs erwischt. Aber das schaffen erfahrungsgemäß nur Lügner. Trends drehen oft abrupt, das heißt mit mehreren kräftigen Kurssteigerungen an einem Tag. Dadurch haben die besonders „geizigen“ schon manchen Trend verpasst. Goldanleger sollten Ruhe bewahren. Die Zeit arbeitet für sie. Die Notenbanken wahrscheinlich auch

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Aus dem Börse Express PDF vom 08.08. hier zum Download

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