Seit den Zeiten der Finanzkrise, als Junk Bonds und Ramsch-Anleihen berühmt-berüchtigt waren, hat sich das Image von Hochzinsanleihen stark gebessert. Mit einem Volumen von mehreren Billionen US-Dollar nimmt das High-Yield-Segment mittlerweile wieder einen wichtigen Teil des Anleihemarkts ein. War der Markt früher auf wenige Branchen beschränkt, ist die Diversifikation heute um einiges größer. Dazu kommt, dass Unternehmen die Erträge aus Anleiheemissionen nicht mehr so oft in riskante Übernahmen stecken, sondern diese zur Bereinigung der Bilanzen oder der Senkung des Fremdkapitalanteils nutzen. Dies hat in der Folge zu einer Erhöhung der Bonität und einem Rückgang des Ausfallrisikos geführt.

Rating 2.0. Doch wie identifiziert man überhaupt potenzielle Default-Kandidaten? Dabei halfen bisher ausschließlich Ratingagenturen wie z.B. Standard & Poor’s oder Moody’s mit ihren Bonitätsratings, deren Skala von AAA/Aaa (ausgezeichnet) bis D (Zahlungsausfall) reicht. Zur Beurteilung und Einstufung der zu bewertenden Schuldner oder Emissionen arbeitet man dabei mit quantitativen Faktoren, also betriebswirtschaftlichen Kennzahlen, ebenso aber mit qualitativen Kriterien bezüglich Management, Unternehmensstrategie, Organisationsstruktur usw.

JAR Capital hat sich in seinen Unternehmensanalysen seit jeher zusätzlich auf andere Risikofaktoren fokussiert: „Wir haben uns natürlich gefragt, woher die Risiken eines Zahlungsausfalls kommen. Und dabei ist uns aufgefallen, dass bei vielen großen Ausfällen in der Unternehmensgeschichte in erster Linie Rechtssicherheits-, Reputations-, Umweltrisiken oder ein Versagen im Corporate Governance-Bereich - also u.a. Kriterien eines E (Environmental) S (Social) G (Governance)-Ratings - die Ursachen waren. Als uns dann zugleich noch Investoren und Wealth Management-Kunden signalisierten, dass ihnen eine Integration von Nachhaltigkeitsratings in das Auswahlverfahren der Emittenten wichtig ist, haben wir 2014 unseren ersten nachhaltigen High Yield Corporate Bond Fonds emittiert“, erläutert Fondsmanager Kerrin Tansley die Motive für die Auflage des JAR Capital Sustainable Income UI (siehe Fonds des Monats-Präsentationen am Montag im Börse Express).

Erfreuliche Studienergebnisse. In der Zwischenzeit haben Studien wie z.B. die von Fidelity International sogar gezeigt, dass höhere ESG-Faktoren die Anlageergebnisse von Unternehmensanleihen steigern. Die Untersuchung von insgesamt 1500 Anleihen aus dem Universum der ICE-BofAML (Bank of America Merrill Lynch)-Indizes kam zu interessanten Ergebnissen: Anleiheemittenten, die bei Umweltschutz, sozialen Belangen und Unternehmensführung über hohe Standards verfügen, können ihre Verbindlichkeiten mit einer größeren Wahrscheinlichkeit bedienen als Gesellschaften mit entsprechend niedrigeren Anforderungen. Die Ausfallwahrscheinlichkeit bei Gesellschaften mit höheren ESG-Werten ist also niedriger. „Auffällig ist, dass der Faktor Governance der mit Abstand wichtigste Bestandteil eines hohen ESG-Werts ist. Eine robuste Aufstellung in diesem Teilbereich wirkt sich in der Regel positiv auf Umweltschutz und soziale Belange aus“, betont dazu Annika Milz, Leiterin institutionelles Asset Management bei Fidelity International. Daten der Bank J. Safra Sarasin und der BofAML belegten zudem, dass sich die Risikoreduktion durch ESG-Analyse im Hochzinsanleihesegment noch stärker auszahlt. Und 2016 kam Barclays in einer Studie zum Schluss, dass bei Anleihen mit besseren ESG-Kennzahlen zugleich die Performance höher ausfällt.

Ausbaufähiger Prozess. JAR Capital wollte bei der ESG-Analyse professionell vorgehen und sah sich im Bereich der Nachhaltigkeitsratingagenturen um. „Wir dachten zunächst, wir können uns das Research einkaufen, haben aber bald festgestellt, dass keine der damaligen Agenturen bis dahin den High Yield-Bondmarkt analysiert und geratet hatte. Daher haben wir den Spieß umgedreht und als ersten Schritt gewisse Sektoren bzw. Industrien wie beispielsweise Alkohol, Rüstung, Glücksspiel, Pornografie, Atomenergie und ähnliche ausgeschlossen“, erinnert sich Tansley an die Anfangsschwierigkeiten. Dabei stellte sich heraus, dass das europäische Investmentuniversum dadurch nicht sehr eingeschränkt wurde, weil viele dieser Unternehmen gar nicht im High Yield-Bereich vertreten waren. Der Ausschluss der Bankbranche fiel und fällt wesentlich stärker ins Gewicht, so Berthold. „Bankbilanzen sind für uns eine Black Box, weil sie zu wenig transparent sind. Das Universum reduziert sich so um ca. 27 Prozent.“ Mit der Überprüfung der verbleibenden Emittenten, die zumindest über ein Bonitätsrating von B- verfügen müssen, wurde ISS-oekom - damals noch oekom research - beauftragt. Das Ergebnis der international renommierten Firma, die zu den weltweit führenden Ratingagenturen im Bereich des nachhaltigen Investments zählt und im März 2018 Teil der amerikanischen Institutional Shareholder Services Inc. - weltweit größter Anbieter von Corporate Governance und Responsible Investment-Lösungen - wurde, war laut Berthold ernüchternd. „Der Großteil unseres damaligen Portfolios bekam die Nachhaltigkeitsratingnote D, die schlechteste Bewertung. Weil viele für das Rating notwendigen Informationen entweder gar nicht vorlagen oder nicht in einem für die Analyse geeigneten Format.“

Engagement hilft. Rund 60 Prozent der Emittenten im High Yield Markt Europas sind nämlich nicht börsengelistet und stehen in der öffentlichen Wahrnehmung an zweiter oder dritter Stelle. Gläubigerfragen zur Nachhaltigkeit sind daher Neuland für sie. „Aus diesem Grund haben wir uns entschieden, auch einen Engagement-Ansatz zu verfolgen und den Dienstleister GES (Global Engagement Service) einzuschalten. GES vertritt Asset Owners mit einem Vermögen von einer Billion Euro und berät Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit“, erklärt Berthold. „Wir als bestehende Bondinvestoren fungieren dabei als Türöffner und machen den Emittenten bewusst, dass bereits Kapitaleigner, Vermögensverwalter und Finanzdienstleister mit einem weltweiten Vermögen von ca. 70 Billionen US-Dollar die ‚Grundsätze für verantwortliches Investieren‘ der Vereinten Nationen (United Nations Principles for Responsible Investment, kurz: UN PRI) unterzeichnet haben. Und dass ohne überarbeitetes Nachhaltigkeitsrating die Finanzierungskosten steigen können. Spätestens dann werden CFOs in der Regel hellhörig.“ Die Dialoge mit den Unternehmen zeigten jedenfalls bis dato fast immer Wirkung. Schwachstellen bei der Bereitstellung von Infos für das Nachhaltigkeitsrating in den Unternehmen konnten aufgezeigt, Ziele vereinbart und das Rating zumeist stufenweise upgegraded werden.

Innerhalb des Portfolios ist der durchschnittliche ISS-oekom Performance Score des Investmentuniversums von 18 auf knapp unter 30 gestiegen, wobei ein Score von 50 für das Erreichen des Prime Status (Nachhaltigkeitsleader) innerhalb des respektiven Sektors steht. Wo notwendig, wird nachgehakt und nach Beendigung eines Bondinvestments bleibt man im proaktiven Dialog mit den Emittenten. „So erweitert sich peu à peu das geratete Universum, aus dem wir schöpfen können“, bleibt Berthold optimistisch, auch hinsichtlich des zukünftigen Endziels im ESG-Ratingprozess, die Anwendung des Best-In-Class-Ansatzes.

Spreu und Weizen. Derzeit erstaunt das zunehmende Angebot an nachhaltigen High Yield Bond-Fonds, meint Berthold. Die ebenfalls steigende Anzahl an verantwortlichen Investoren würde so einer Flut an - oft selbst ernannten - Nachhaltigkeitsexperten gegenüber stehen. Was die Fonds-Auswahl schwierig macht. Ohne objektive Qualitätskennzeichnung, die die Spreu vom Weizen trennt, geht es da nicht. Wie gut, dass es im deutschsprachigen Raum das Siegel des Forums für Nachhaltige Geldanlagen (FNG) gibt und dass JAR Capital diese Auszeichnung für den Teilfonds JAR Capital Sustainable Income UI mit zwei Sternen verliehen bekommen hat - und zwar als erster und einziger High Yield Fonds. Dabei hob FNG explizit die institutionelle Glaubwürdigkeit, Produktstandards sowie die Selektions- und Dialogstrategien des Investmenthauses hervor. „Wir freuen uns sehr, dass unser Engagement-Ansatz Anerkennung findet. Wir zielen damit auf eine Verbesserung bei den betroffenen Unternehmen und nicht nur auf Erhalt des Status quo ab“, sieht Berthold das Siegel als weiteren Meilenstein für JAR Capital.