BÖRSE EXPRESS: Gratulation zum Sieg beim Zertifikat des Monats. Und das mit einem Basiswert, der mit Blick zurück eigentlich wenig Freude machte, der Aktie der voestalpine. Da muss dann wohl die Produktausgestaltung entsprechend attraktiv sein: Als Parameter sehe ich eine Laufzeit von fünf Jahren, 10 Prozent Teilschutz gegen Kursverluste und eine auf 30 Prozent begrenzte 1 zu 1 Partizipation nach oben. Woran erkenne ich als Anleger, ob diese Konditionen attraktiv sind, wobei ein ‚,dass die subjektive Sicht des Selbstentscheiders entscheidet‘ wenig helfen würde…

MARIANNE KÖGEL: Bei standardisierten Auszahlungsprofilen gibt es in der Regel ein umfangreiches Angebot, so dass ein Vergleich der Konditionen schnell zum besten/günstigsten Emittent führt. Anders stellt sich die Situation bei ausgefalleneren Auszahlungsprofilen wie zum Beispiel dem "voestalpine Winner" dar. Was hier hilft, ist ein Vergleich mit dem Direktinvestment, d.h. in unserem Fall der Kauf eine bestimmten Anzahl voestalpine-Aktien. Für das Direktinvestment spricht, dass ich als Aktionär während der nächsten Jahre eine Dividende bekomme, in welcher Höhe bleibt allerdings abzuwarten. Davon abgesehen partizipiere ich an der Kursentwicklung - egal ob es nach oben oder nach unten geht.

Beim Zertifikat ‘tausche’ ich die erwarteten Dividenden und Kursgewinne über plus 30 Prozent hinaus gegen eine Absicherung von 90 Prozent des investierten Nominale. Das heißt, wenn der Aktienkurs in 5 Jahren z.B. 20 Prozent unter dem aktuellen Kurs liegt, verliere ich mit dem Zertifikat nur 10 Prozent.

Nicht nur jene Anleger, die den Kursrutsch im vergangenen Jahr mitgemacht haben, können diesem Deal etwas abgewinnen und finden die Konditionen folglich attraktiv.

 

Kommen wir zum Basiswert. Goldman Sachs kam kürzlich zum Schluss, dass die Aktie der europäischen Stahlbranche zu weit gefallen sind – die voestalpine wurde sogar als ‚Conviction Buy‘ tituliert. Aus der Analyseabteilung der Raiffeisen kommt ein Kaufen für die Aktie. Hat so ein hausinternes Rating Auswirkungen auf die Produktausgestaltung bzw. die Emission als solches?

Bei allen Emissionen, die mit einer Zeichnungsfrist ausgestattet sind, wird die Analysten-Einstufung berücksichtigt. Eine Verkaufsempfehlung führt zum Ausschluss der Aktie. Schließlich wollen wir keinesfalls Zertifikate in Zeichnung geben, mit dem Anleger auf eine positive oder seitwärts laufende Kursentwicklung einer Aktie setzen, während unsere Analysten diese Aktie als ‘Verkauf’ einstufen.

 

Auch der Blick auf den Chart spricht eigentlich für das Konzept des Produkts: die Aktie notiert nicht weit von den Tiefs als Wendepunkte der letzten Jahre: das ist aber wohl Zufall, oder sieht man sich in den Emissionsabteilungen auf der Suche nach Produktideen auch so etwas an?

Nein, das ist kein Zufall - wobei der Impuls zur Emission eher daher kam, dass zahlreiche Anleger ‘alte’ voestalpine-Zertifikate vom Sekundärmarkt gekauft haben. Also Zertifikate mit Basiswert voestalpine, die aufgrund des schwachen Kursverlaufes des Basiswertes teilweise weit unter ihrem Emissionskurs notieren. Offenbar haben viele Anleger die Kurse seit Anfang des Jahres als Kaufgelegenheit betrachtet. Um dieser Nachfrage auch ‘frische’ Emissionen anzubieten, haben wir sowohl Express-Zertifikate als auch das gegenständliche Kapitalschutz-Zertifikat strukturiert.

 

Wahrscheinlich eine rein technische Frage. Aber was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem teilgeschützen Partizipations-Zertifikat mit Cap und einem Discount mit Cap?

Der wesentliche Unterschied ist der, dass ein Zertifikat mit z.B. 90% Kapitalschutzlevel einen maximalen Verlust von 10% aufweist, wenn der Basiswert am Laufzeitende um mehr als 10% im Vergleich zum Startwert gefallen ist. Also wenn der Basiswert z.B. 40% verliert dann erfolgt die Tilgung des Kapitalschutz-Zertifikates dennoch zu 90% vom Nominale. Beim Discount-Zertifikat habe ich diese Verlustbegrenzung nicht.

 

Nur um die Schwierigkeiten der Branche im Vertrieb durch MiFID abschätzen zu können: Findet so ein doch recht einfach zu verstehendes Produkt in Beratungsgesprächen überhaupt Eingang, oder ist die Zielgruppe hier bereits der reine Selbstentscheider?

Kapitalschutz-Zertifikate werden überwiegend im Beratungsgeschäft vertrieben.

 

Die RCB wurde beim diesjährigen Zertifikate Award in Österreich mit dem Preis für die Innovation des Jahres ausgezeichnet – Ihrem Zertifikate-Finder (siehe hier). Abseits der Freude über den Preis. Wie sehr wird dieses Such/Vorschlagstool von Kunden angenommen? Und schlussendlich wird Erfolg in Ihrem Geschäft immer unterm Strich abgerechnet – stellt sich das Tool als verkaufsfördernd heraus?

Wir verzeichnen heuer konstant hohe Zugriffsraten, sowohl von Selbstentscheidern als auch von Beratern, die den Zertifikate-Finder im Kundengespräch einsetzen und sich so gemeinsam mit dem Anleger eine überschaubare Auswahl von Zertifikaten am Sekundärmarkt filtern.

 

Gibt es bereits etwas in Planung, mit dem Sie 2020 zur Titelverteidigung antreten werden, sprich an welchen Features/Innovationen arbeiten Sie gerade?

Während dem turbulenten vierten Quartal 2018 haben wir unseren ‘Barrier Watcher’ optimiert, um wichtige Informationen zum Barriere-Abstand in Echtzeit übersichtlich darzustellen. Ob dieses Tool dann aber ins Rennen geschickt wird entscheiden wir 2020.

 

Da die Urlaubszeit vor der Tür steht. Wenn ich mich einmal für ein paar Wochen nicht um mein angenommen breit diversifiziertes Aktien-Portfolio kümmern möchte – an welche Ihrer Produkte sollte ich da zur Absicherung denken?

Für aktiv handelnde Selbstentscheider und Trader sind Put-Optionsscheine eine Möglichkeit, insbesondere weil derzeit die Volatilität eher niedrig ist. Als Absicherungsmöglichkeit ohne Volatilitätseinfluss gibt es zum Beispiel Turbo-Short Zertifikate.

Längerfristig orientierte Anleger, die ihr Depot ohnehin defensiv aufgestellt haben und neben Garantie- und Kapitalschutz-Zertifikaten z.B. auf Bonus-Zertifikate mit sehr hohem Sicherheitspuffer setzen, können auch ohne extra Absicherung gelassen in den Urlaub fahren. <

 

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