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27.05.2020 | 20:30
Abkehr von der Ära Ghosn, Kommentar zur Strategie von Renault und
Nissan von Gesche Wüpper
Frankfurt (ots) - Die französisch-japanische Allianz von Renault, Nissan und
Mitsubishi zieht einen endgültigen Schlussstrich unter die Ära des früheren
Konzern- und Bündnischefs Carlos Ghosn. Der von ihr präsentierte Plan ist in
gleich mehrfacher Hinsicht eine Abkehr von seiner Strategie. Statt auf Masse und
vollmundige, aber nicht eingehaltene Versprechen wie unter Ghosn setzt sie auf
eine engere, effizientere Zusammenarbeit, um Kosten zu sparen. Drang der Ende
2018 in Japan verhaftete und inzwischen in den Libanon geflohene Manager auf
eine Fusion von Renault und Nissan, geht der neue Plan auf die japanischen
Sorgen ein, sich den Franzosen unterordnen zu müssen. Dafür werden die Rollen
der drei Allianzpartner unter Berücksichtigung der jeweiligen Stärken klar
definiert. Jeder von ihnen bekommt die Federführung für bestimmte Regionen,
Zukunftstechnologien und Modelle.
All das klingt vernünftig. Damit die Umsetzung funktioniert, ist es jedoch
zwingend notwendig, dass sich die drei Partner voll vertrauen. Mit der Vorlage
ihres neuen Plans haben sie bereits den Unkenrufen getrotzt, dass ihre Allianz
ohne Ghosn auseinanderbrechen werde. Allerdings haben Renault, Nissan und
Mitsubishi durch die Affäre um Ghosn viel Zeit verloren, da die dadurch
ausgelösten Spannungen und Turbulenzen ihre volle Aufmerksamkeit in Anspruch
genommen haben.
Angesichts der Coronaviruskrise sind die Allianzpartner jetzt jedoch mehr denn
je aufeinander angewiesen. Nur durch eine engere Zusammenarbeit können ihnen die
dringend benötigten Kosteneinsparungen gelingen, die umso notwendiger sind, als
die Entwicklung von Elektrofahrzeugen und selbstfahrenden Autos viel Geld
verschlingt. Ironischerweise will die Allianz nun dem Rezept von PSA-Chef Carlos
Tavares folgen, der früheren Nummer zwei von Ghosn, der die Modellpalette der
Opel-Mutter verkleinert hat, um sie wieder auf die Gewinnspur zurückzuführen.
Das Bündnis will jetzt die Modellpalette ebenfalls schrumpfen, um 20 Prozent.
Wer jedoch bei der Präsentation der Strategie auf konkrete Details zu
Einsparungen und Synergien gehofft hat, wurde enttäuscht. Der neue Plan legt das
Fundament, doch die konkrete Gestaltung der Aufbauten überlässt er den drei
Allianzpartnern. Nissan und Renault wollen in den nächsten zwei Tagen
Einzelheiten zu geplanten Einsparungen bekanntgeben. Alle drei Bündnispartner
sind in die roten Zahlen gerutscht. Deshalb kommt der neue Strategieplan für die
Allianz fast zu spät.
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