Börsen-Zeitung: Überdeutliche Krisensignale / Kommentar zu

Rezessionsindikatoren am Anleihemarkt von Kai Johannsen

Frankfurt (ots) - Wer derzeit auf der Suche nach ein paar

Argumenten ist für seine These, dass eine konjunkturelle Krise oder

gar Rezession im Anmarsch ist, kann am Anleihemarkt aus dem Vollen

schöpfen: Die zehnjährige Bund-Rendite bei minus 0,657% auf

Rekordtief, die 30-jährige Bund-Rendite bei minus 0,195% auf

Rekordtief, bei der zweijährigen Bund-Rendite ist mit minus 0,88%

die noch nie da gewesene Marke von minus 1% zum Greifen nah, und die

Zinskurve in den USA zwischen drei Monaten und zehn Jahren ist

invertiert. Seit gestern ist - erstmals seit 2007 - ebenfalls die

Inversion der Kurve zwischen zwei- und zehnjährigen US-Staatsanleihen

Realität. Auch die britische Zinskurve ist gestern erstmals seit 2008

invertiert. Aufgrund der Flucht in Sicherheit sind die kompletten

Zinskurven Dänemarks, der Schweiz, Deutschlands und der Niederlande

ins Minus abgetaucht. Unternehmensbonds profitieren auch von der

Flucht in Qualität, auch hier gibt es negative Bondrenditen, selbst

High-Yielder sind schon Angehörige der "Negativzinsgemeinde".

Das sind überdeutliche Signale für eine aufziehende

Konjunkturschwäche, wenn nicht gar für eine Rezession. Arg in

Mitleidenschaft gezogen wird die Wirtschaft durch den

US-Handelskonflikt, der unterbrochen von kleinen Pausen immer neue

Eskalationsstufen erreicht. Gestern kam aus Deutschland die nächste

Hiobsbotschaft: Das Bruttoinlandsprodukt sank im zweiten Quartal um

0,1%. Stimmungsindikatoren liefern das gleiche Bild: Tags zuvor war

der ZEW-Index eingebrochen.

Das wird von Seiten der Zentralbanken nicht unbeantwortet bleiben.

Die Fed wird im September den Leitzins weiter senken. Macht sie es

nicht, wird der Markt völlig durcheinandergewirbelt. Die Fed wird im

Oktober und Dezember mit weiteren Zinsschritten nachlegen. Darauf

sollte man sich einstellen. Und die Europäische Zentralbank wird

ebenfalls auf den Plan treten und im September das nächste Kapitel in

Sachen lockerer Geldpolitik aufschlagen. Auch daran zweifeln immer

weniger.

Und was heißt das für den Markt? Das Rekordfieber-Thermometer

steigt weiter: noch tiefere Renditen, noch stärkere Inversion der

US-Kurven, noch mehr Länder, deren Renditekurven komplett ins Minus

abtauchen. Denn die Anleger gehen in immer längere Laufzeiten, was

die Renditen in diesen Bereichen nach unten treibt. Und auch noch

mehr High-Yielder werden in dieser Gemengelage Negativrenditen

bekommen. Damit nehmen die Verzerrungen zu. Und wenn dann erst die

Zentralbanken wieder als Großeinkäufer bei Bonds auftreten, kommt der

nächste Renditeschub nach unten.

(Börsen-Zeitung, 15.08.2019)

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