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16.09.2020 | 19:31
Ein Trauerspiel / Kommentar zur Lage der Lufthansa von Lisa Schmelzer
Frankfurt (ots) - Die Rechnung ist schnell gemacht: Die Lufthansa verbrennt
aktuell 500 Mill. Euro monatlich und hat ein staatliches Hilfspaket von
insgesamt 9 Mrd. Euro zur Verfügung. Das Geld reicht also für 18 Monate -
maximal. Denn noch nicht eingerechnet ist, dass sich das Geschäft angesichts
steigender Infektionszahlen weiter verschlechtern könnte, weil es nach und nach
wieder mehr Reisebeschränkungen gibt. Ebenfalls noch nicht einkalkuliert ist,
dass Ende nächsten Jahres das Kurzarbeitsreglement endet, was die Personalkosten
deutlich ansteigen lässt. Auch die nun geplanten Kündigungen würden den Aufwand
zunächst einmal erhöhen.
Die Lufthansa selbst rechnet damit, dass sich die Passagierzahlen frühestens
2025 erholt haben werden und hinter der Erlös- und Ergebnisentwicklung selbst
dann noch ein dickes Fragezeichen steht. Bis dahin sind es indes noch mehr als
18 Monate, und der Lufthansa könnte in der Zwischenzeit das Geld ausgehen. Die
Handlungsoptionen, um dies zu verhindern, sind übersichtlich. Weitere staatliche
Hilfe wird das Management der Fluglinie möglichst nicht in Anspruch nehmen
wollen, denn dann dürfte der Staat auf einer deutlich höheren Beteiligung an der
Lufthansa bestehen. Einen spendablen Großaktionär wie etwa der Konkurrent IAG,
dessen Anteilseigner aus Katar gerade eine milliardenschwere Kapitalerhöhung
absicherte, hat die deutsche Fluggesellschaft nicht. Die Einnahmen durch die nun
geplanten Verkäufe von Unternehmensteilen könnten angesichts der Krise der
Luftfahrtbranche ebenfalls hinter den Erwartungen zurückbleiben.
Bliebe das immer wieder durchgespielte Szenario eines Schutzschirmverfahrens. Zu
Beginn der Corona-Pandemie wurde das zwar diskutiert, aber verworfen, da man
befürchtete, durch die entstehende Unsicherheit viele Kunden zu vergraulen. Doch
mittlerweile fliegt sowieso nur noch, wer unbedingt muss, so dass ein solches
Verfahren wieder in den Bereich des Möglichen gerückt ist.
Alles in allem ist das Kapitel Lufthansa in der Coronakrise ein Trauerspiel. Ein
Unternehmen, das zwar ein paar Makel hatte, aber in seinen Grundstrukturen noch
Anfang des Jahres pumperlgesund war, führt nur wenige Wochen später einen
Überlebenskampf. Eine Besserung ist mittelfristig nicht in Sicht. Langfristig
wird der Luftverkehr wieder anziehen, und Lufthansa könnte dann in verschlankter
Form zu denen gehören, die gestärkt aus dieser Krise fliegen. Aber erst einmal
muss die Firma überleben.
(Börsen-Zeitung, 17.09.2020)
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