Ein Trauerspiel / Kommentar zur Lage der Lufthansa von Lisa Schmelzer

Frankfurt (ots) - Die Rechnung ist schnell gemacht: Die Lufthansa verbrennt

aktuell 500 Mill. Euro monatlich und hat ein staatliches Hilfspaket von

insgesamt 9 Mrd. Euro zur Verfügung. Das Geld reicht also für 18 Monate -

maximal. Denn noch nicht eingerechnet ist, dass sich das Geschäft angesichts

steigender Infektionszahlen weiter verschlechtern könnte, weil es nach und nach

wieder mehr Reisebeschränkungen gibt. Ebenfalls noch nicht einkalkuliert ist,

dass Ende nächsten Jahres das Kurzarbeitsreglement endet, was die Personalkosten

deutlich ansteigen lässt. Auch die nun geplanten Kündigungen würden den Aufwand

zunächst einmal erhöhen.

Die Lufthansa selbst rechnet damit, dass sich die Passagierzahlen frühestens

2025 erholt haben werden und hinter der Erlös- und Ergebnisentwicklung selbst

dann noch ein dickes Fragezeichen steht. Bis dahin sind es indes noch mehr als

18 Monate, und der Lufthansa könnte in der Zwischenzeit das Geld ausgehen. Die

Handlungsoptionen, um dies zu verhindern, sind übersichtlich. Weitere staatliche

Hilfe wird das Management der Fluglinie möglichst nicht in Anspruch nehmen

wollen, denn dann dürfte der Staat auf einer deutlich höheren Beteiligung an der

Lufthansa bestehen. Einen spendablen Großaktionär wie etwa der Konkurrent IAG,

dessen Anteilseigner aus Katar gerade eine milliardenschwere Kapitalerhöhung

absicherte, hat die deutsche Fluggesellschaft nicht. Die Einnahmen durch die nun

geplanten Verkäufe von Unternehmensteilen könnten angesichts der Krise der

Luftfahrtbranche ebenfalls hinter den Erwartungen zurückbleiben.

Bliebe das immer wieder durchgespielte Szenario eines Schutzschirmverfahrens. Zu

Beginn der Corona-Pandemie wurde das zwar diskutiert, aber verworfen, da man

befürchtete, durch die entstehende Unsicherheit viele Kunden zu vergraulen. Doch

mittlerweile fliegt sowieso nur noch, wer unbedingt muss, so dass ein solches

Verfahren wieder in den Bereich des Möglichen gerückt ist.

Alles in allem ist das Kapitel Lufthansa in der Coronakrise ein Trauerspiel. Ein

Unternehmen, das zwar ein paar Makel hatte, aber in seinen Grundstrukturen noch

Anfang des Jahres pumperlgesund war, führt nur wenige Wochen später einen

Überlebenskampf. Eine Besserung ist mittelfristig nicht in Sicht. Langfristig

wird der Luftverkehr wieder anziehen, und Lufthansa könnte dann in verschlankter

Form zu denen gehören, die gestärkt aus dieser Krise fliegen. Aber erst einmal

muss die Firma überleben.

(Börsen-Zeitung, 17.09.2020)

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