Hot Stocks im Ausverkauf, Marktkommentar von Werner Rüppel

Frankfurt (ots) - Im Februar hat die Aktie von Home 24 mit 25,87 Euro ein Hoch

erreicht. Inzwischen hat sie 45 Prozent verloren und notiert bei 14,32 Euro. Der

Dax-Wert Delivery Hero hat gegenüber seinem Hoch in diesem Jahr 27 Prozent

eingebüßt, bei Shop Apotheke sind es 37 Prozent und bei Teamviewer ebenfalls 37

Prozent. Und US-Elektroautobauer Tesla notiert satte 34 Prozent unter dem im

Januar erreichten Niveau.

Zwei Fragen stellen sich: Warum haben diese Hot Stocks in den vergangenen Wochen

derart massiv an Wert eingebüßt? Und wird sich der Ausverkauf fortsetzen?

Zumindest die erste Frage ist leicht zu beantworten. Die Pandemie und die durch

die Geldpolitik verursachte massive Geldflut haben zu einem Höhenflug von Aktien

der Sektoren Technologie, Lieferdienste und Gesundheit geführt, den zuvor kaum

ein Investor für möglich gehalten hätte. Dabei hat die Flut fast alle Boote aus

diesen Sektoren gehoben, auch und gerade Hoffnungswerte, sprich Aktien von

Unternehmen, die vielleicht in Zeiten der Pandemie schnell wachsen, aber die

(noch) nicht profitabel arbeiten oder gerade erst die Gewinnzone erreicht haben.

Selbst IPOs von Geldvernichtern oder leeren Börsenhüllen konnten in den

vergangenen Monaten platziert werden.

Hinzu kommen noch die selbstverstärkenden Effekte, die oft an den Aktienmärkten

in Boomphasen wirken. Immer mehr Anleger springen dann auf Titel auf, die

zuletzt hohe Kursgewinne erzielt hatten. Und Geldverbrenner oder wenig

profitable Gesellschaften werden mitunter geadelt, indem sie aufgrund ihrer

steigenden Kurse in wichtige Börsenindizes aufrücken. So gehört Delivery Hero

inzwischen dem Dax und Tesla dem S&P 500 an.

Der Trend ist zwar im Prinzip der Freund des Investors, doch fast jeder

Aufwärtstrend einer einzelnen Aktie bricht einmal, zumindest wenn diese extrem

hoch bewertet ist. Ältere Anleger, die Dotcom-, Neuer-Markt- und Telekom-Blase

erlebt haben, wissen, wie schnell hoch gehypte Wachstumswerte fallen können und

wie rasch aus schönen Gewinnen mitunter hohe Verluste werden.

Das mussten jetzt auch die Anteilseigner von etlichen Hot Stocks erleben. Denn

drei Faktoren haben sich geändert. Erstens sind diese Titel vor allem in den

Wintermonaten sehr schnell geklettert, so dass bereits hohe Bewertungen noch

extremer wurden. Zweitens beginnt der Kapitalmarkt inzwischen zu realisieren,

dass durch das Impfen eines stetig wachsenden Teils der Bevölkerung die Pandemie

bereits in wenigen Monaten weitgehend überwunden sein könnte. Dann kaufen die

Menschen wieder in Geschäften ein und gehen wieder in Gastwirtschaften essen.

Entsprechend wird sich das jüngste Wachstum von Onlinehandel und Lieferdiensten

so nicht fortsetzen.

Drittens sind die Teuerungsraten in den vergangenen Monaten merklich geklettert.

Noch pumpen die Notenbanken eine Menge Geld in die Wirtschaft. Doch ist vor dem

Hintergrund des Anziehens der Weltkonjunktur und aufkommender Inflationsrisiken

absehbar, dass das Wachstum der Geldexpansion sich zumindest verlangsamen wird.

Auch dass bestimmte Titel in Auswahlindizes aufsteigen, ist bei anhaltenden

Kursverlusten keine ausgemachte Sache. Und gerade hoch gehypte Titel sind in der

Vergangenheit auch schon öfters schnell wieder aus dem Dax abgestiegen. Ende

April lag Zalando auf Platz 25 der nach Free-Float-Kapitalisierung berechneten

Rangliste. Insofern hat der Titel Chancen, im September in den Dax aufzusteigen,

der dann von 30 auf 40 Titel erweitert wird. Doch fließt bis dahin noch viel

Wasser den Main hinunter. Kochboxversender Hellofresh und Sartorius-Vorzüge

rangieren per Ende April übrigens auf den Rängen 33 und 36. Das Rennen um die

erste Liga verspricht spannend zu werden.

Doch wie sind die Hot Stocks nun aktuell einzuschätzen? Im Gegensatz zum

Gesamtmarkt, der bei Aktien in Europa und in Deutschland nicht zu teuer

erscheint, sind sie noch immer sehr hoch bewertet, und die aufgezeigten

Belastungsfaktoren haben Bestand. Laut Analystenschätzungen werden Home 24 und

Delivery Hero auch im laufenden Jahr nicht profitabel arbeiten. Und das

erwartete Kurs-Gewinn-Verhältnis der übrigen Werte ist immer noch sehr hoch. Wie

sagt Warren Buffett so treffend: "Erst wenn die Flut zurückgeht, sieht man, wer

eine Badehose anhat."

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