DAX 40-Unternehmen: Entlastung bei den Pensionsverpflichtungen

Frankfurt am Main (ots) - Nahezu alle Anlageklassen haben im Jahr 2022

Kursverluste verzeichnen müssen. Das hat sich auch auf das Pensionsvermögen im

DAX 40 ausgewirkt. Der Zeitwert des Vermögens ist von 299 Mrd. Euro um etwa 50

Mrd. Euro auf etwa 248 Mrd. Euro gesunken.

Gleichzeitig hat es einen enormen Anstieg des Rechnungszinssatzes gegeben,

sodass der bilanzielle Wert der Pensionsverpflichtungen nach IFRS ebenfalls

deutlich abgesackt ist - von 412 Mrd. Euro um gut 100 Mrd. Euro auf etwa 309

Mrd. Euro.

Der Deckungsgrad der Pensionsverpflichtungen, der im Vorjahr mit 72 Prozent

bereits einen hohen Stand erreicht hatte, ist damit auf einen neuen Höchststand

von über 80 Prozent angestiegen.

Dies sind die Ergebnisse einer Hochrechnung des Beratungsunternehmens Mercer auf

Basis der bis zum 16. März 2023 veröffentlichten Geschäftsberichte der

DAX-40-Unternehmen.

Die Krisen lassen das Pensionsvermögen schmelzen

Im Jahr 2022 ist das Pensionsvermögen im DAX 40 (in aktueller Zusammensetzung)

von 299 Mrd. Euro um etwa 50 Mrd. Euro auf etwa 248 Mrd. Euro gesunken.

Hauptursache hierfür sind die Kursverluste in nahezu allen Anlageklassen.

Der Rückgang wurde abgemildert durch die geänderte Zusammensetzung des DAX 40.

An vier Stichtagen wurden insgesamt fünf Unternehmen ausgetauscht. Zwei davon,

Beiersdorf und Siemens Energy, haben den DAX im März verlassen, wurden aber noch

im selben Jahr wieder aufgenommen. Im Ergebnis haben somit Delivery Hero,

HelloFresh und Puma den DAX verlassen, während Daimler Truck Holding, Hannover

Rück und Porsche AG neu aufgenommen wurden. Durch diese Änderungen hat sich das

Pensionsvermögen um etwa 6 Mrd. Euro erhöht.

Die Zahlungen liegen etwas höher als die neuen Zuwendungen, per Saldo kam es

dadurch zu einem Mittelabfluss von etwa 2 Mrd. Euro. Im Ergebnis belaufen sich

die Kursverluste also auf ca. 55 Mrd. Euro oder 18 Prozent.

Das Jahr 2022 begann dabei an den Kapitalmärkten zunächst recht positiv,

gestützt durch die weitreichenden Aufhebungen der Covid-19-Beschränkungen in den

Industrieländern. Aufgrund sich stabilisierender Lieferketten und einer moderat

anziehenden Geldpolitik wurde zu Jahresbeginn noch erwartet, dass sich die

bereits erhöhte Inflation schnell wieder normalisieren würde. Ab Ende Februar

dominierte der Angriff Russlands auf die Ukraine den Rest des Jahres. Die Folge

war ein starker Anstieg der Rohstoffpreise, anhaltende bzw. sich noch

verschärfende Lieferkettenprobleme sowie eine enorme geldpolitische Straffung

und eine sehr hohe Inflation. Die Wachstumserwartungen sämtlicher

Volkswirtschaften wurden im Laufe des zweitens Quartals heruntergeschraubt und

das Szenario "Rezession" als reale Gefahr angesehen. Erst gegen Ende des Jahres

hat sich die geldpolitische Straffung etwas verlangsamt, da nun davon

ausgegangen wird, dass in den USA der Inflationspeak bereits überschritten und

der Abwärtstrend eingeleitet ist. Zudem erfolgte in China eine nahezu

vollständige Aufhebung aller Covid-19-Beschränkungen, wodurch ebenfalls ein

Auftrieb der Märkte möglich ist.

Im Ergebnis wies das Jahr 2022 insbesondere eine schwache Performance der

Aktienmärkte auf. So fiel der MSCI World TR Index um 12,3 Prozent, der MSCI

Emerging Markets TR Index um 14,5 Prozent und der MSCI Europe TR Index um 8,9

Prozent (alles jeweils in EUR). Die hohe Inflation und die expansive Geldpolitik

führten zu Verlusten von 13,3 Prozent an den globalen Anleihenmärkten (gemessen

am Bloomberg Barclays Global Aggregate TR Index, in Euro Hedged). Haben

Unternehmen zur Absicherung der bilanziellen Zinsrisiken der

Pensionsverpflichtungen eine längere Duration in ihrem Anleihenportfolio

gewählt, sind die Verluste sogar noch höher ausgefallen.

"Es kam für Investoren im Jahr 2022 also insbesondere darauf an, das Portfolio

risikoärmer aufzustellen und den Verlust möglichst gering zu halten. Aufgrund

der stark zinssensitiven Verpflichtungen konnten Pension-Investoren, trotz der

sinkenden Assets, ihre Bedeckung merklich steigern," kommentiert Jeffrey

Dissmann, Leiter Investment Consulting in Deutschland bei Mercer.

Erhöhung des Rechnungszinssatzes reduziert das Volumen der

Pensionsverpflichtungen deutlich

Im Jahr 2022 ist der bilanzielle Wert der Pensionsverpflichtungen nach IFRS von

412 Mrd. Euro um gut 100 Mrd. Euro auf etwa 309 Mrd. Euro deutlich gesunken.

Durch die geänderte Zusammensetzung des DAX 40 haben sich die

Pensionsverpflichtungen zunächst um 8 Mrd. Euro erhöht. Zudem mussten die

Unternehmen aufgrund der stark gestiegenen Inflation die Annahme für die

Rentendynamik deutlich anheben, was versicherungsmathematische Verluste von etwa

10 Mrd. Euro ausgemacht haben dürfte.

Im Zusammenhang mit den Zinsschritten der Notenbanken zur Inflationsbekämpfung

kam es allerdings auch zu einer signifikanten Erhöhung des Rechnungszinssatzes.

Dies führte zu hohen versicherungsmathematischen Gewinnen, die auch der

Haupttreiber für die Entwicklung der Pensionsverpflichtungen waren. So betragen

diese mehr als ein Drittel der Vorjahresverpflichtung, nämlich etwa 120 Mrd.

Euro. "Bedingt vor allem durch den Ukrainekrieg hat sich das Zinsniveau im Jahr

2022 volatil, insgesamt aber vor allem nach oben entwickelt. Zum Jahresende

haben wir den höchsten Monatsendstand seit über zehn Jahren erreicht", erläutert

Thomas Hagemann, Chefaktuar von Mercer Deutschland.

Mercer leitet den Rechnungszins für Pensionsverpflichtungen mit einem eigenen

Verfahren, der Mercer Yield Curve, her. Für eine Duration von 15 Jahren ist der

Zins für Verpflichtungen in Euro danach von 1,31 Prozent auf 4,21 Prozent und

für eine Duration von 20 Jahren von 1,47 Prozent auf 4,25 Prozent zum 31.

Dezember 2022 gestiegen. "Insgesamt ist die Erhöhung des Rechnungszinssatzes

aber niedriger ausgefallen. Zum einen gibt es verschiedene

Zinsermittlungsverfahren, zum anderen ist ein Großteil der Verpflichtungen in

einer anderen Währung als Euro zu erfüllen", so Hagemann weiter.

Die versicherungsmathematischen Gewinne aufgrund der Zinsentwicklung sind zwar

erfreulich für die Unternehmen, spiegeln aber nur die rein bilanzielle Bewertung

wider. Da die Verpflichtungen selbst in der Regel nicht zinsabhängig sind,

ergibt sich aus der Zinsentwicklung keine tatsächliche langfristige Entlastung

der Unternehmen. Anders dagegen ist die Situation bei den

versicherungsmathematischen Verlusten aufgrund der Anhebung der Rentendynamik.

Diese Erhöhung von etwa 10 Mrd. Euro bildet die in den nächsten Jahren deutlich

erhöhten Rentenanpassungen ab, die zu einer Erhöhung der tatsächlichen Zahlungen

führen wird. Der Rückgang der Pensionsverpflichtungen aufgrund der

Zinsentwicklung verdeckt also das zusätzlich erwartete Verpflichtungsvolumen

aufgrund zukünftiger Anpassungen und zeigt letztlich nur scheinbare

Entlastungen.

Deckungsgrad deutlich angestiegen

Der Deckungsgrad, also das Verhältnis von Pensionsvermögen zu

Pensionsverpflichtungen, hat sich im DAX 40 von 72 Prozent auf einen neuen

Rekord von über 80 Prozent erhöht. Dieser Höchststand ist vor allem durch den

Rückgang der Pensionsverpflichtungen aufgrund der Entwicklung des

Rechnungszinssatzes verursacht.

Pensionsvermögen ist in Deutschland nicht verbindlich. Der Deckungsgrad der

Unternehmen im DAX 40 liegt bei ihren US- und UK-Verpflichtungen höher als bei

ihren Verpflichtungen in Deutschland. Bei Unternehmen außerhalb des DAX 40 sind

zudem meist deutlich geringere Deckungsgrade zu verzeichnen. Da eine gesetzliche

Insolvenzsicherung über den Pensions-Sicherungs-Verein aG besteht, verzichten

manche Unternehmen sogar gänzlich auf Pensionsvermögen. Allerdings ist ein

anhaltender Trend zur bilanziellen Entlastung mittels Ausfinanzierungslösungen,

insbesondere mit Hilfe des Durchführungsweges Pensionsfonds, zu beobachten.

"Ausfinanzierungslösungen dienen der angemessenen Risikosteuerung und helfen

dabei, bestehende und künftige Verpflichtungen und die daraus resultierenden

Bilanz- und Liquiditätsbelastungen optimiert und planbar zu gestalten",

erläutert Dr. André Geilenkothen, Leiter Pension Funding Consulting bei Mercer

Deutschland.

Was kommt in diesem Jahr?

Die globale Wirtschaft steht auch im aktuellen Jahr 2023 weiterhin vor vielen

Unsicherheiten. Der Ukrainekrieg und die damit verbundene Energiekrise sind

nicht vorbei. Die Folgen halten an und eine Einschätzung über das Gesamtausmaß

kann aktuell noch nicht getroffen werden. Die derzeit hohe Inflation wird sich

zwar langsam zurückentwickeln, dürfte uns aber noch einige Jahre begleiten. Mit

dem turnusmäßig neu berechneten Verbraucherpreisindex auf der Basis 2020=100 hat

sich gegenüber dem Höchststand der Inflation von September 2022 noch kein

nennenswerter Rückgang ergeben.

Ebenso ist mit weiteren Zinssteigerungen zu rechnen, auch wenn diese vermutlich

niedriger als zuletzt ausfallen werden. Die ersten beiden Monate sind dabei

weiterhin von Volatilität gezeichnet. Ende Februar lag der Rechnungszins nach

der Mercer Yield Curve aber noch höher als Ende Dezember 2022. Das

Rezessionsszenario bleibt auf globaler Ebene betrachtet weiterhin realistisch.

"Aufgrund der gestiegenen Zinsen und des damit verbundenen hohen Deckungsgrades

ist aktuell ein sinnvoller Zeitpunkt, um wieder in zinstragende Asset-Klassen zu

investieren. Mit einem Liability Driven Investment (LDI)-Ansatz sichert man die

hohe Zinssensitivität der Verpflichtungen ab und reduziert somit die

Bilanzvolatilität", betont Dissmann.

"Damit bietet das aktuelle Kapitalmarktumfeld trotz der bestehenden

Unsicherheiten vielfältige Möglichkeiten. Bestehende Ausfinanzierungslösungen

sollten auf die neuen Gegebenheiten optimiert werden und Unternehmen, die solche

Lösungen bislang noch nicht nutzen, sollten diese Option zumindest prüfen",

ergänzt Geilenkothen.

Vor dem Hintergrund dieser Gegebenheiten zeigt sich der Kapitalmarkt seit

Jahresbeginn 2023 zwar etwas erholt, aber dennoch sehr unsicher und

unentschlossen. Der MSCI World Index in EUR verbucht per 10. März 2023 eine

Rendite von 2,2 Prozent und der MSCI Europe in EUR eine Rendite von 6,8 Prozent

seit Anfang des Jahres. So zeigen beide Indizes Erholungstendenzen gegenüber

2022. Der MSCI Emerging Markets in EUR hingegen zeigt mit -0,1 Prozent eine

schwächere Entwicklung. Die globalen Anleihenmärkte gemessen am Bloomberg

Barclays Global Aggregate Index in Euro Hedged 0,1 Prozent konnten zumindest

weitere Verluste vermeiden. Auf den Assetbestand der DAX 40-Unternehmen könnte

das einen Einfluss von 1 Prozent bis 2 Prozent haben.

Anmerkung für Redakteure

Die vorliegende Analyse ist eine Aktualisierung einer Schätzung, die Mercer im

Januar auf Basis der Vorjahres-Geschäftsberichte und aktueller

Kapitalmarktinformationen erstellt hat. Anders als im Januar handelt es sich nun

um eine deutlich genauere Hochrechnung der Entwicklung von

Pensionsverpflichtungen und Pensionsvermögen auf Basis der bis 16.03.2023, 9:00

Uhr veröffentlichten Geschäftsberichte der DAX-40-Unternehmen. Diese Unternehmen

repräsentieren mehr als 80 Prozent der Pensionsverpflichtungen und

Pensionsvermögen im DAX 40. Dazu gehören: Adidas, Airbus, Allianz, BASF, Bayer,

Beiersdorf, BMW, Brenntag, Covestro, Daimler Truck, Deutsche Post, Deutsche

Telekom, E.ON, Hannover Rück, Henkel, Infineon, Mercedes-Benz Group, Merck,

Münchener Rück, Porsche AG, SAP, Sartorius, Siemens, Siemens Energy, Siemens

Healthineers, Symrise, Volkswagen, Zalando.

Über Mercer

Mercer (https://www.mercer.de/) setzt sich dafür ein, die Zukunft mutig und

intelligent zu gestalten - durch die Transformation der Arbeitswelt, einer

Verbesserung von Vorsorge- und Investmentlösungen wie auch den Einsatz für

Gesundheit und Wohlergehen. Mit annähernd 25.000 Mitarbeitenden in 43 Ländern

ist Mercer in 130 Ländern tätig. Mercer ist ein Tochterunternehmen von Marsh

McLennan (https://www.marshmclennan.com/) (NYSE: MMC), dem führenden globalen

Anbieter von professionellen Dienstleistungen zu den Themen Risiko, Strategie

und HR - mit einem Jahresumsatz von über 20 Mrd. USD und 86.000 Mitarbeitenden.

Als Marktführer hilft Marsh McLennan seinen Kund:innen, in einem immer

dynamischeren und komplexeren Umfeld erfolgreich zu agieren. Zur

Unternehmensgruppe gehören auch Marsh (https://www.marsh.com/us/home.html) , Guy

Carpenter (http://www.guycarp.com/) und Oliver Wyman

(http://www.oliverwyman.com/index.html) . Für weitere Informationen besuchen Sie

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Mercer Deutschland ( http://www.mercer.de )

In Deutschland ist Mercer mit über 700 Mitarbeitenden unter anderem an den

Standorten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Leipzig, München und

Stuttgart vertreten. Die Schwerpunkte der Geschäftstätigkeit liegen in der

Beratung von Unternehmen rund um betriebliche Altersversorgung, Investments und

Pensions Administration sowie Vergütung, Human-Capital-Strategie und M&A.

Pressekontakt:

Gabi Straßer

E-Mail: mailto:gabi.strasser@mercer.com

Tel.: +49 (0) 69 689778 554

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OTS: Mercer Deutschland GmbH

AXC0231 2023-03-16/13:43

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