Bei direkten Investments in Rohstoffe werden keine Erträge in Form von Dividenden oder Zinsen ausgeschüttet. Außerdem ist der direkte Erwerb und die damit verbundene Lagerung von Rohstoffen aus reiner Investitionssicht nicht sinnvoll bzw. für Privatpersonen auch nicht erlaubt. Europäische Investoren müssen berücksichtigen, dass Rohstoffe grundsätzlich in US-Dollar gehandelt werden, so dass man auch Währungseffekte berücksichtigen muss.

Unterschiedliche Rohstoffe, unterschiedliche Erwartungen.

Bei Edelmetallen erhoffen sich Anleger oft den Werterhalt bzw. einen Inflationsschutz. Bei Energieträgern, wie Öl, Gas oder Kohle, ist es eher die Erwartung eines erhöhten Energieverbrauchs durch größere Wirtschaftsleistung, die im Vordergrund steht.

Industriemetalle, wie Kupfer, Zink oder Aluminium, können durch Infrastrukturprogramme, stärker nachgefragt werden und dadurch im Preis steigen.

Setzt man den Schwerpunkt bei Agrarprodukten, kann die Aussicht auf eine weiter steigende Weltbevölkerung dazu führen, dass mehr Grundnahrungsmittel benötigt werden und beispielsweise die Weizenpreise langfristig steigen.

Investmentvehikel.

Anleger können sich Aktien oder Anleihen von Energieversorgern, Erdöl-Exploratoren oder Rohstoffunternehmen ins Depot legen oder in entsprechende aktive Fonds investieren. Hier kommen dann noch die unternehmerischen Chancen und Risken hinzu. Eine weitere Option besteht darin, passive Fonds zu erwerben, die einen Index unterschiedlicher Rohstoffkategorien enthalten. Da sind meist auch Industriemetalle und Agrarrohstoffe integriert. Solche ETF-Lösungen finden sich beispielsweise auf der Internetseite www.justetf.com oder auf www.boerse-express.com. Dort kann man gezielt nach Rohstoffprodukten selektieren. Bekannte Anbieter wie iShares, Lyxor, Xtrackers oder WisdomTree bieten hier unterschiedliche Lösungen an.

Will man nur auf einzelne Rohstoffe setzen, bieten sich Rohstoffzertifikate an. Hier werden die meisten Rohstoffe mittels Futures an der Terminbörse abgebildet. Läuft ein solcher Terminkontrakt aus, muss in den nächsten „gerollt“ werden. Roll-Verluste drohen, wenn der in den kommenden Monaten erwartete Rohstoffpreis höher liegt als der aktuelle Preis und der Preis des Basisobjekts nicht so stark steigt, wie die Erwartungen es vermuten ließen („Contango“). Liegt der für spätere Monate erwartete Preis dagegen unter dem aktuellen Preis und der Rohstoffpreis steigt, streicht der Anleger diesen Vorteil ein („Backwardation“). In der Regel liegt die „Contango-Variante“ vor, da neben den Erwartungen auf die Rohstoffpreisentwicklung beim Future auch Lagerhaltungs- und Finanzierungskosten eingepreist sind.

Die beiden beschriebenen Szenarien und das dazugehörige regelmäßige Anpassen über Termingeschäfte am Future-Markt führen letztlich dazu, dass keine echte eins zu eins Entwicklung stattfindet. Je nach Struktur eines Zertifikates, kann man auf steigende oder fallende Kurse eines Basiswertes setzen. Ein Blick auf die Internetseiten www.sg-zertifikate.de der Societe Generale oder www.gs.de von Goldman & Sachs, sowie www.onvista.de werfen. Über den „Derivate-Finder“ gelangt man zu diversen Rohstoffprodukten. Auch Erd-, Bio- und Greengas-Zertifikate finden sich in den entsprechenden Übersichten.

Korrelation zu anderen Anlageklassen hat zugenommen.

Seitdem man aus Rohstoffen eine investierbare Anlageklasse gemacht hat und entsprechend viele Wertpapiere auf dem Markt sind, mit denen jeder in Rohstoffe investieren kann, werden Rohstoffpreise zunehmend von Kapitalmärkten beeinflusst und orientieren sich nicht mehr am echten Bedarf. Als indirekte Käufer treten große Finanzinvestoren auf, die sich positive Renditen versprechen und Position auch schnell auflösen. Dadurch wird der eigentlich gewünschte Effekt, einer Anlageklasse mit einer geringen Korrelation zu den bereits vorhandenen Vermögenswerten, abgeschwächt.

Rohstoffe als politisches Druckmittel.

Hinzu kommt, dass man sich meist auch politische Risiken ins Depot holt, da Rohstoffe häufig in Schwellenländern abgebaut werden. Zusätzlich können Produkte die weltweit benötigt werden wie Öl oder Gas von Organisationen kontrolliert werden, die direkten Einfluss auf die Preisgestaltung nehmen (z.B. OPEC). Die aktuelle Situation ist ein extremes Beispiel, wie über Anpassungen der Fördermengen, Lieferstörungen durch vermeintliche Wartungsarbeiten, Sanktionen, Boykotte und Preisdeckelungen erhebliche Preisschwankungen und damit politische Spannungen ausgelöst bzw. verstärkt werden.

Nachhaltigkeit.

Seit einigen Jahren findet in diesem Segment ein „De-Investment“ statt. Einige Großinvestoren ziehen sich zurück und bevorzugen nachhaltige Investitionsmöglichkeiten. Das betrifft insbesondere Aktien und Anleihen von großen Rohstoff- und Minenkonzernen. Der amerikanische Investor Warren Buffet trennte sich bereits 2017 von Aktien des größten Erdölförderers der Welt ExxonMobil und des drittgrößten Erdölunternehmens der USA ConocoPhilipps. Die Allianz gab vor einigen Jahren bekannt, dass keine Investitionen in traditionelle Energieträger mehr stattfinden sollen und auch der norwegische Staatsfonds fährt solche Positionen weiter zurück obwohl ein Großteil des Wohlstandes der norwegischen Bevölkerung aus diesem Bereich stammt. Die Tatsache, dass es in den USA, in republikanisch geführten Staaten erheblichen Druck auf ESG-Anlagen, mit Anlageverboten in nachhaltige Fonds gibt, ist störend, zeigt aber auch, dass der Trend zur Nachhaltigkeit den gewünschten Druck auf fossile Energieträger erzeugt.

FAZIT:

Der Rohstoffmarkt wird kurzfristig sicherlich noch ein erhöhtes Chance-Risikoprofil bieten. Die Volatilität bleibt hoch. Trotz des zwischenzeitlich positiven Renditebeitrages, bleibt ein Rohstoff-Investment kein Selbstläufer. Der Großteil der verwendeten Rohstoffe und deren Förderung lässt sich, trotz aktueller Notwendigkeit, nur schwer mit dem Nachhaltigkeitsgedanken vereinbaren. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin hat bereits 2019/2020 in einem Merkblatt, Klima- und Umweltrisiken benannt und auf die erheblichen finanziellen Risiken hingewiesen. Der weltweite Blick auf erneuerbare Energien sollte mittel- bis langfristig erfolgversprechender und auch sinnvoller sein. 

Diesen und weitere Vermögensverwalter mit Meinungen und Anlagestrategien finden Sie auf www.v-check.de.

 

 

Aus dem Börse Express PDF vom 04.11. hier zum Download

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