ROUNDUP 2: Kriselnder Autobauer Renault will 15 000 Jobs streichen
29.05.2020 | 13:09
(neu: Mit weiteren Aussagen und mehr Hintergrund, Aktienkurs aktualisiert, Analystenstimme.)
BOULOGNE-BILLANCOURT/HANNOVER (dpa-AFX) - Mit dem Abbau von rund 15
000 Stellen und milliardenschweren Kostensenkungen will der
französische Autobauer Renault
An der Pariser Börse fiel der Aktienkurs am Mittag um über 6 Prozent auf etwas über 20 Euro. Im März 2018 lag der Kurs in der Spitze noch über 100 Euro. Das Unternehmen erwartet wegen der Kostensenkungspläne zunächst eine Belastung von rund 1,2 Milliarden Euro. Es sei fraglich, ob der Autobauer seine Kostensenkungspläne in der geplanten Weise umsetzen könne, schrieb RBC-Analyst Tom Narayan in einer am Freitag vorliegenden Studie. Zudem bezweifelt der Experte, ob Renault das Absatzniveau wie geplant aufrecht erhalten kann.
Bei dem geplanten sozialverträglichen Abbau von Stellen entfallen rund 4 600 auf Frankreich, in den übrigen Ländern weltweit sollen es über 10 000 sein. Das über drei Jahre laufende Sparprogramm hat einen Umfang von über zwei Milliarden Euro. "Wir müssen profitabler werden", sagte Interimschefin Clotilde Delbos. Ungeachtet der Probleme werde der Hersteller aber in der Formel 1 verbleiben.
Der Konzern mit bisher rund 180 000 Beschäftigten weltweit schrieb
bereits im vergangenen Jahr rote Zahlen. Die Corona-Pandemie und die
Absatzkrise verstärkten die Probleme. Der Konzern braucht einen
staatlich garantierten Kredit von fünf Milliarden Euro; Senard
zeigte sich zuversichtlich, dass der Vertrag bald unterschrieben
werden kann. Das Unternehmen sei nicht bedroht: "Renault
funktioniert, Renault lebt", sagte der frühere Chef des
Reifengiganten Michelin
Die gesamte Branche mit Hunderttausenden Arbeitsplätzen befindet sich im Umbruch. Bei anderen Autokonzernen laufen ebenfalls harte Umbau- und Kürzungsprogramme. Die Arbeitswelt in der Branche ändert sich radikal, die Unternehmen müssen bereits Milliarden in den schwierigen Wandel in Richtung E-Mobilität und Digitalisierung stecken. Der Nachfrageeinbruch in der Corona-Krise erhöht nun zusätzlich den Spardruck: Immer weniger Verbraucher interessieren sich für die Anschaffung eines Autos. Investitionen werden gedrosselt, viele weitere Jobs stehen auf der Kippe.
In Frankreich ist die Autokrise inzwischen Chefsache. Staatschef Emmanuel Macron legte zu Wochenbeginn einen milliardenschweren Rettungsplan für die heimische Autobranche vor. Das Ziel: Sein Land soll bei der Herstellung von sauberen Autos in Europa führend werden. Für den Milliardenkredit seien Zusagen von Renault für zwei Werke in Nordfrankreich nötig, hatte Macron gefordert. Der Staat hat mit einem Anteil von 15 Prozent bei dem Hersteller immer noch viel zu sagen.
Renault setzt nun auf Stärken wie das E-Auto. Senard sagte, die Fabriken im Heimatland seien nur zu rund 60 Prozent ausgelastet. Die weltweite Produktionskapazität von bisher vier Millionen Autos im Jahr soll innerhalb von vier Jahren auf 3,3 Millionen Fahrzeuge sinken. Senard verabschiedet sich damit endgültig vom Expansionskurs des früheren Topmanagers Carlos Ghosn. Dessen Rücktritt hatte den Hersteller im vergangenen Jahr in Turbulenzen gestürzt. Ghosn war in Japan wegen Vorwürfen festgenommen worden und flüchtete später in den Libanon.
Senard machte deutlich, dass es in Inlandswerken Veränderungen geben müsse. Er nannte die Fabrik im nordfranzösischen Dieppe, wo bisher der Sportwagen Alpine gebaut werde. Die von Macron angesprochenen Werke Douai und Maubeuge sollen nun zu einem Zentrum für Elektro-Autos und leichte Nutzfahrzeuge werden. In der großen Fabrik Flins im Pariser Großraum, die nach Medienangaben bisher rund 2 400 Stammbeschäftigte hat, soll ein Recyclingzentrum entstehen. Für weitere strategische Entscheidungen wartet Renault auf den designierten Generaldirektor Luca de Meo - der frühere Seat-Vorstandschef soll am 1. Juli nach Boulogne-Billancourt kommen. Wie die Nachrichtenagentur AFP berichtete, kündigte die gemäßigte Gewerkschaft CFDT bereits Widerstand gegen den Sparplan an.
Renault hatte bereits am Mittwoch gemeinsam mit den japanischen
Partnern Nissan
In Deutschland baut BMW
Bei VW löst eine "digitale Roadmap" das Sparprogramm "Zukunftspakt"
ab: Der größte Autokonzern der Welt baut einerseits neue
Beschäftigung in neuen Bereichen wie einer eigenen
Batteriezellfertigung auf, ähnlich wie bei der deutsch-französischen
Batterieallianz von PSA
Anders als in Frankreich sind die von der Industrie geforderten Kaufprämien für Fahrzeuge in Deutschland noch nicht beschlossen. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sprach sich mit den Regierungschefs der beiden weiteren "Autoländer" Bayern und Baden-Württemberg, Markus Söder (CSU) und Winfried Kretschmann (Grüne), für rasche Entscheidungen hierzu aus. Sonst drohten vor allem kleinere Zulieferer abzustürzen./cb/jap/DP/men
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