Die beispiellose fast vierwöchige Talfahrt am
deutschen Aktienmarkt hat sich am Mittwoch fortgesetzt. Die
Ausbreitung des neuartigen Coronavirus sorgt nach wie vor für
immense Unsicherheit. Der Dax rauschte um 5,56
Prozent auf 8441,71 Punkte abwärts. Die Stabilisierung am Vortag ist
damit schon wieder Makulatur. Die Verluste seit Beginn des
Börsen-Crash im Februar summieren sich mittlerweile auf über 5100
Dax-Punkte oder fast 40 Prozent. Dem Börsenbarometer droht
charttechnisch orientierten Experten zufolge ein weiteres Absacken
in Richtung 8000 Punkte.
"Beim Blick auf das Chartbild dürfte den Investoren weiterhin Angst
und Bange werden" sagte Marktanalyst Timo Emden. "Mittlerweile
scheint der Abstieg in die Rezession unausweichlich. Somit könnte
das heimische Börsenbarometer schon bald die 8000-Punkte-Marke
erreichen." Der Super-Gau wäre ein Szenario wie in der
Euro-Peripherie, wo der Alltag nahezu zum Erliegen gekommen ist.
"Ein Stillstand der europäischen Wirtschaft dürfte weitere
einschneidende negative Ketteneffekte auslösen und einer
Exportnation wie der Bundesrepublik große Probleme bereiten."
Auch die Strategen der Deutschen Bank verweisen auf die
wirtschaftlichen Gefahren durch die Pandemie. Peter Hooper sprach
von "historisch beispiellosen Ereignissen". Die Wachstumsraten
könnten in den ersten beiden Quartalen dieses Jahres so stark
einbrechen wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. Zugleich seien
alle Prognosen derzeit aber mit hohen Unsicherheiten behaftet.
Volkswirt Edgar Walk vom Bankhaus Metzler hat ein Positiv- und ein
Negativszenario erstellt. Im positiven Fall geht er davon aus, dass
"die Zahl der Infizierten im April im Trend sinkt und die
Wirtschaftspolitik bis dahin eine Konkurswelle verhindern konnte".
Ab Mai könnte dann die Quarantäne gelockert werden und die
Weltwirtschaft habe gute Chancen auf eine spürbare Erholung. Sollte
die Krise länger dauern, "wäre eine längere Durststrecke bis
nächstes Jahr an den Aktienmärkten die Folge. Im Fall einer
Konkurswelle oder Staatsschuldenkrise würde eine längere Talfahrt an
den Aktienmärkten drohen."
Der MDax fiel zur Wochenmitte um 5,51 Prozent auf 17
909,40 Punkte. Erstmals seit fast vier Jahren war der Index der
mittelgroßen Börsenwerte am Montag wieder unter die Marke von 20 000
Punkten gesunken. Europaweit und in den USA sah es nicht besser aus
als hierzulande: Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50
büßte 5,72 Prozent auf 2385,82 Punkte ein. Sehr schwach schlossen
auch die Börsen in London und Paris. In den USA verlor der Dow Jones
Industrial zum europäischen Handelsschluss 7,4
Prozent.
Erneut gab es überwiegend Verlierer, und unter diesen wurde einige
wieder heftig abgestraft: So brachen die Aktien von MTU
am Dax-Ende um 15,7 Prozent ein, womit sie seit
Beginn des Crashs knapp 60 Prozent eingebüßt haben. Die
virusbedingte zunehmende Aussetzung des internationalen Flugverkehrs
belastet den Triebwerkhersteller schwer. Die Airbus
-Aktien sackten im MDax um 21,6 Prozent ab und waren
dort der größte Verlierer.
Die Papiere der Deutschen Bank indes hielten sich mit
minus 0,1 Prozent stabil. Die Anteile der Commerzbank
büßten vergleichsweise moderate 1,4 Prozent ein. Sie waren
allerdings - wie auch die Aktien der Deutschen Bank - erst am Montag
auf ein Rekordtief gefallen. Die Geldhäuser in Deutschland sollen
künftig auf einen Kapitalpuffer für Krisenzeiten zugreifen können.
Unter den Autoherstellern verloren die Aktien von BMW
3,0 Prozent. Die Münchener stellen wegen der Viruskrise die
Produktion in Europa für vier Wochen ein und erwarten 2020 nun einen
schwächeren Absatz und eine geringere Ertragskraft als bisher.
Dagegen konnten sich die Konsumgüterhersteller Henkel
mit plus 1,7 Prozent und Beiersdorf mit plus 6,1
Prozent erfolgreich gegen den Abwärtsdruck stemmen. Im MDax
verringerten die Anteile der Kupferhütte Aurubis ihre
heftigen Verluste auf nur noch 1,1 Prozent, nachdem ein
Aktienrückkaufprogramm angekündigt worden war.
Eindrucksvoll war auch das Kursplus der Aktien von Heidelberger
Druck , die den SDax am Freitag nach
Börsenschluss verlassen müssen. Sie sprangen um 12,5 Prozent nach
oben, nachdem der schwer angeschlagene Hersteller von Druckmaschinen
seine Schulden mit Hilfe einer kräftigen Finanzspritze abbauen und
verlustbringende Produkte einstellen will. Die Aktien von Shop
Apotheke legten als ein Profiteur der Coronakrise um
3,4 Prozent zu.
Am Rentenmarkt kam es zu einem regelrechten Ausverkauf, der
Rentenindex Rex fiel um 0,64 Prozent auf 144,07
Punkte. Die Umlaufrendite stieg entsprechend von minus 0,50 Prozent
am Vortag auf minus 0,36 Prozent. Der Bund-Future gab
um 1,37 Prozent auf 168,70 Punkte nach.
Der Eurokurs büßte ebenfalls weiter ein und wurde am
Abend mit 1,0811 US-Dollar gehandelt. Die Europäische Zentralbank
setzte den Referenzkurs zuvor auf 1,0934 (Dienstag: 1,0982) Dollar
fest. Der Dollar kostete damit 0,9146 (0,9106) Euro./ck/he
--- Von Claudia Müller, dpa-AFX ---
ISIN DE0008469008 DE0008467416
AXC0473 2020-03-18/18:28
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