FRANKFURT (dpa-AFX) - Die mehr als einen Monat andauernde Kursrally
am deutschen Aktienmarkt hat am Mittwoch einen Dämpfer erhalten. Im
Angesicht wieder aufgeflammter geopolitischer Spannungen fiel der
Dax um 1,00 Prozent auf 14234,03 Punkte. Unsicherheit
kam auf, weil am Vortag im polnischen Grenzgebiet zur Ukraine eine
Rakete auf Nato-Gebiet eingeschlagen war.
Nach Kursgewinnen von mehr als einem Fünftel seit dem Jahrestief
Ende September hatten Börsianer zuletzt aber auch schon vor einer
Überhitzung am Aktienmarkt gewarnt. Getrieben von der Hoffnung auf
nachlassenden Inflations- und Zinsdruck hatte der Dax zuletzt
schwungvoll den höchsten Strand seit Juni erreicht. Die Luft wird
auf diesem Niveau jedoch dünner: Experten witterten Korrekturbedarf.
Der MDax gab mit einem Abschlag von 2,18 Prozent auf
25 610,93 Zähler noch deutlicher nach. Auf europäischer Ebene waren
die Verluste hingegen geringer, wie der Eurozonen-Leitindex
EuroStoxx 50 mit einem Abschlag von 0,8 Prozent
zeigt. An der New Yorker Börse entwickelte sich der Dow Jones
Industrial verhalten, während es für die Tech-Werte an der Nasdaq
Verluste gab.
Ersten Erkenntnissen zufolge handelte es sich bei dem
Raketeneinschlag auf polnischem Gebiet nicht um einen gezielten
russischen Angriff, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit um eine
ukrainische Flugabwehrrakete. Nach Einschätzung des Analysehauses
RBC erinnerte das Vorkommnis die Anleger aber daran, dass das Risiko
einer internationalen Eskalation sehr präsent bleibt. Eine
diplomatische Lösung des Konflikts sei weiterhin nicht absehbar.
Auf Unternehmensseite trumpfte Siemens Energy
zunächst mit dem höchsten Aktienkurs seit August auf. Analyst Philip
Buller von der Berenberg Bank lobte einen "hervorragenden
Geschäftsjahresabschluss". Positive Stimmen gab es vor allem zum
Auftragseingang und dem Barmittelfluss. Die Euphorie der Anleger
kühlte sich aber ab, das Spitzenplus von fast 8 Prozent schrumpfte
in dem nervöseren Marktumfeld auf nur noch 0,2 Prozent.
Am Dax-Ende versammelten sich mit deutlichen Verlusten die
Autowerte. Anleger reagierten hier offenbar irritiert darauf, dass
Mercedes-Benz in China seine Preise für zwei
Elektroauto-Modelle drastisch senkt. Als Grund dafür gilt die harte
Konkurrenz. Die Mercedes-Titel sackten um 6,2 Prozent ab gefolgt von
Volkswagen und BMW mit Abgaben von bis
zu 4,2 Prozent.
Der tödliche Raketeneinschlag in Polen rückte die Rüstungsbranche
bei Anlegern wieder ins Blickfeld. Nach einem Anstieg um bis zu fünf
Prozent kühlte das Interesse an Aktien wie Rheinmetall
aber wieder ab, als klar wurde, dass die Rakete wohl
nicht von Russland abgefeuert wurde. Aus dem Handel gingen die Titel
des MDax-Konzerns nur knapp im Plus mit 0,2 Prozent.
Im MDax weit unten tauchten die 6,3 Prozent schwächeren Evotec
-Aktien auf. Vom Research-Team der Deutschen Bank
wurde die bisherige Kaufempfehlung für die Papiere des
Pharmaforschers aufgegeben. Laut Analyst Falko Friedrichs steht das
Erreichen der für 2022 gesetzten Ziele auf dem Spiel. Zudem wirke
der Analystenkonsens für 2023 auf ihn ambitioniert.
Im SDax waren Dermapharm mit einem
Anstieg um 2,5 Prozent eine seltene positive Ausnahme. Börsianer
lobten den Bericht des Arzneimittelherstellers als "solide". Weiter
gefragt waren nach einer Vortagesrally auch die Papiere von Nordex
mit einem Anstieg um 1,5 Prozent. Sie festigten damit
ihr höchstes Niveau seit Mai.
Für die Anteile von Grand City Properties ging es
nach der Quartalsbilanz jedoch um 3,3 Prozent bergab. Der
Abgabedruck stand hier im Einklang mit dem besonders schwachen
Immobiliensektor. Zwar hat der Konzern in den ersten drei Quartalen
mehr verdient. Einige Börsianer störte aber, dass die Höhe der
Dividende von den Marktbedingungen abhängig gemacht werden soll.
Unter den Nebenwerten ragten Compleo Charging mit
einem Kursplus von 16,8 Prozent positiv heraus. Nach ihrem
Rekordtief vom vergangenen Donnerstag hat sich der Kurs binnen
weniger Handelstage nun fast wieder verdoppelt. Als Treiber galten
am Mittwoch besser als gedachte Zahlen des Ladetechnik-Spezialisten
sowie das Konzept der neuen Führung, durch eine verschlankte
Produktpalette Kosten zu sparen.
Der Kurs des Euro stieg zeitweise wieder über 1,04
US-Dollar. Zuletzt wurden noch 1,0397 Dollar bezahlt. Die
Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs auf 1,0412
(Dienstag: 1,0404) Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit
0,9604 Euro.
Die Kurse deutscher Bundesanleihen veränderten sich unter dem Strich
nur wenig. Die Umlaufrendite betrug wie am Vortag 2,09 Prozent. Der
Rentenindex Rex stieg um 0,19 Prozent auf 127,51
Punkte. Der Bund-Future legte um 0,46 Prozent auf
140,37 Zähler zu./tih/he
--- Von Timo Hausdorf, dpa-AFX ---
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