FRANKFURT (dpa-AFX) - Nach der Kurserholung der vergangenen Tage hat
die Zinsangst die Börsen zur Wochenmitte wieder fest im Griff. Vor
der am Abend anstehenden Veröffentlichung des jüngsten
Sitzungsprotokolls der US-Notenbank Fed gingen viele Anleger auf
Nummer sicher und stießen Aktien ab. Auch angesichts "einer
überraschend zweistelligen Teuerungsrate in Großbritannien im Juli
(...) kehrt mit Inflations- und Zinssorgen ein altes Thema wieder an
die Börse zurück, das die Anleger (...) vorläufig zumindest etwas
verdrängt hatten", schrieb Marktanalyst Konstantin Oldenburger vom
Broker CMC Markets.
Der Dax rutschte nach einem freundlichen Start
schnell ins Minus und weitete dann seine Verluste sukzessive aus.
Zum Handelsende notierte der deutsche Leitindex 2,04 Prozent tiefer
bei 13 626,71 Punkten. Damit verlor er wieder die runde Marke von 14
000 Punkten aus dem Blick, der er sich am Vortag noch bis auf gut 50
Punkte genähert hatte. Für den MDax der mittelgroßen
Unternehmen ging es am Mittwoch um 2,01 Prozent auf 27 543,16 Punkte
bergab.
In Europa und den USA gerieten die Aktienkurse ebenfalls unter
Druck, wenn auch weniger deutlich als in Deutschland. Der
Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 büßte 1,29 Prozent
auf 3756,06 Zähler ein. Der französische Cac 40 sank
um knapp ein Prozent, während der britische FTSE 100
nur moderat nachgab. Beim US-Leitindex Dow Jones Industrial
stand zum europäischen Börsenschluss ein Minus von
knapp einem Prozent zu Buche.
Auch in den USA trübt der starke Preisauftrieb die Kauflaune der
Verbraucher. Die für die weltgrößte Volkswirtschaft wichtigen
Einzelhandelsumsätze stagnierten im Juli. Sie trügen insgesamt wohl
nicht zu mehr Konjunkturoptimismus bei, kommentierte die Landesbank
Hessen-Thüringen. "Unabhängig davon wird die Fed wohl am Ziel
festhalten, das Leitzinsband weiter zu erhöhen." Die US-Notenbank
geht gegen die Teuerung mit kräftigen Zinserhöhungen vor. Für die
Börsen war ihre Geldpolitik in diesem Jahr bislang einer der
zentralen Belastungsfaktoren.
Am deutschen Markt stand zur Wochenmitte einmal mehr Uniper
im Fokus. Die Aktien büßten am MDax-Ende rund zwölf
Prozent auf 6,81 Euro ein, nachdem der angeschlagene Energiekonzern
wegen ausbleibender russischer Gaslieferungen für das erste Halbjahr
einen Milliardenverlust berichtet hatte. 2022 rechnet das
Unternehmen daher mit einem negativen Ergebnis - die Gewinnschwelle
sei erst im übernächsten Jahr wieder in Sicht. Ein Händler sprach
von erwartungsgemäß desaströsen Zahlen. "Noch schlimmer aber ist,
dass sich sowohl in den Zahlen als auch im Ausblick nicht mal ein
kleiner Hoffnungsschimmer auf bessere Zeiten findet", schrieb
Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker Robomarkets.
Die ebenfalls im MDax notierten Titel von Delivery Hero
verloren mit 2,4 Prozent nur etwas mehr als der
Index. Hier neutralisierten sich ein kritischer
"Handelsblatt"-Bericht zu den Bewertungen von Lieferdiensten und
Kurszielerhöhungen mehrerer Analysten nach den positiven
Vortagsaussagen zur Profitabilität. Nach dem Einbruch von November
bis Mai hatte sich der Aktienkurs zuletzt zudem wieder deutlich
erholt, weshalb nun einige Anleger offenbar Kasse machten.
Andere Internet-Aktien verbuchten hohe Abschläge: Am Dax-Ende büßten
der Kochboxen-Versender Hellofresh und der
Modehändler Zalando mehr als siebeneinhalb
beziehungsweise sieben Prozent ein. Sie zählen zu
finanzierungsabhängigen Wachstumswerten, denen höhere Zinsen
besonders stark zusetzen.
Immobilienwerte waren europaweit schwach angesichts steigender
Zinsen und der hohen Inflation. Am deutschen Markt verbuchten
Vonovia , TAG Immobilien , LEG
Immobilien und Grand City Properties
Kursverluste zwischen 5,2 und 6,4 Prozent. Adler Group
im Nebenwerte-Index SDax verloren
sogar knapp elf Prozent.
Gewinnmitnahmen belasteten die zuletzt gut erholten und
konjunktursensiblen Chemieaktien: Covestro , BASF
, Lanxess und Evonik
verloren bis zu sechseinhalb Prozent.
Der Euro zeigte sich wenig bewegt und kostete zuletzt
1,0165 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den
Referenzkurs davor auf 1,0164 Dollar festgesetzt.
Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 0,82 Prozent am Vortag
auf 0,97 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel im
Gegenzug um 0,75 Prozent auf 135,37 Punkte. Der Bund-Future
verlor 1,16 Prozent auf 154,12 Punkte./gl/he
--- Von Gerold Löhle, dpa-AFX ---
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