FRANKFURT (dpa-AFX) - Warnende Worte der
US-Notenbank haben am Donnerstag die Anleger am deutschen
Aktienmarkt verunsichert. Zusammen mit den Sorgen um anziehende
Corona-Infektionszahlen und dem brodelnden Handelsstreit zwischen
China und USA war dies laut Marktbeobachtern ein schwer verdaulicher
Cocktail. Der Dax konnte zwar im späten Handel wieder
etwas Boden gutmachen, zum Börsenschluss blieb aber noch ein
Abschlag von 1,14 Prozent auf 12 830,00 Punkte. Für den MDax
ging es um 0,71 Prozent auf 27 208,02 Punkte bergab.
Am Vorabend hatte die US-Notenbank Federal Reserve die
wirtschaftlichen Unsicherheiten aufgrund der Corona-Pandemie
hervorgehoben und eine langsamere Erholung für die weltgrößte
Volkswirtschaft prognostiziert. Aufhorchen ließ die Börsianer dabei
auch eine Änderung der Wortwahl: Einige Mitglieder der US-Notenbank
hatten sich zugleich dafür ausgesprochen, "irgendwann" für mehr
Klarheit beim künftigen Zinspfad zu sorgen. Im letzten Protokoll
hatte es noch geheißen, dass dies auf einem der nächsten Treffen
geschehen solle, weswegen womöglich einige Beobachter auf eine
schnelle weitere Lockerung der US-Geldpolitik spekuliert hatten.
Auch an der Wall Street trübte dies am Donnerstag zum dortigen
Handelsbeginn zunächst die Stimmung.
Auf die hiesigen Aktienmärkte, die zwar im Kielwasser der US-Börsen
geschwommen waren, sich aber zuletzt mit dem Aufschwung eher schwer
taten, könnten laut Andreas Lipkow von der Comdirect Bank
womöglich nun Probleme zukommen: "Sollte es zu einer
ausgedehnten Konsolidierung an den US-Börsen kommen, würde dies zu
weitaus größeren Kursrückgängen bei deutschen Standardwerten
führen", sagte der Marktexperte.
Von der Suche der Anleger nach "sicheren Häfen" profitierten
hierzulande am vorletzten Handelstag der Woche die
Immobilienkonzerne - europaweit stellten sie die einzige Branche im
Plus. An der Dax-Spitze kletterten Vonovia um 2,4
Prozent, gefolgt von Deutsche Wohnen mit 1,7 Prozent
Plus. Die Corona-Krise hat bei vielen Branchenmitgliedern bisher
kaum Spuren hinterlassen, so auch bei TAG Immobilien .
An der MDax-Spitze erreichten die Anteilscheine der Gesellschaft im
Tagesverlauf ein 18-Jahreshoch, am Ende schlossen sie mit einem
Aufschlag von rund sieben Prozent etwas darunter. Hier zog neben
einem von den Anlegern positiv aufgenommenen Halbjahresbericht vor
allem die Aussicht auf eine Anhebung der Prognose im laufenden Jahr.
Auch der am Vorabend von der Deutschen Börse verkündete Rauswurf von
Wirecard aus dem Dax und TecDax sorgte
für Bewegung. Am kommenden Montag rückt nun für den insolventen
Zahlungsdienstleister der Online-Essenslieferdienst Delivery Hero
in den Leitindex auf. Da dies bereits erwartet worden
war, lasteten laut Händlern Gewinnmitnahmen auf den aktuell noch im
MDax notierten Delivery-Papieren. Diese verloren 1,7 Prozent.
Für den Lasersystemspezialisten LPKF , der Wirecard im
TecDax ersetzt, ging es um 2,4 Prozent nach unten. Die Anteilscheine
am Spezialmaschinenbauer Aixtron , die für Delivery in
den MDax aufsteigen, verloren 1,6 Prozent.
Aktien des Konzertveranstalters CTS Eventim rutschten
nach der Zahlenvorlage um gut ein halbes Prozent ab. Die
Corona-Krise hatte das Unternehmen im zweiten Quartal herb
getroffen, und einen Ausblick auf das restliche Jahr wagt das
Management nicht.
Besonders hat erwischte es die Anteilscheine von Schaeffler
, sie bildeten mit fast zwölf Prozent Abschlag das
Schlusslicht im SDax . Der Automobil- und
Industriezulieferer will sich über eine Kapitalerhöhung frisches
Geld beschaffen und ruft daher eine außerordentliche
Online-Hauptversammlung im September ein. Zudem drückte eine
Verkaufsempfehlung der Privatbank Berenberg die Papiere des
Karrierenetzwerks New Work mit fast elf Prozent ins
Minus.
Der EuroStoxx ging mit einem Abschlag von 1,32
Prozent auf 3273,98 Zähler aus dem Handel. Der Cac 40
in Paris und der Londoner FTSE 100 verbuchten
ähnliche Abschläge. Der New Yorker Dow Jones Industrial
trat zum europäischen Handelsschluss auf der Stelle.
Am Rentenmarkt betrug die Umlaufrendite wie am Vortag minus 0,49
Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,03 Prozent auf
145,48 Punkte. Der Bund Future gewann zuletzt 0,25
Prozent auf 176,96 Punkte.
Der Euro legte zu und notierte zuletzt bei 1,1860
US-Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs
zuvor am Donnerstagnachmittag auf 1,1850 (Mittwoch: 1,1933)
US-Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,8439 (0,8380)
Euro.
--- Von Tanja Vedder, dpa-AFX ---
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