NEW YORK (dpa-AFX) - Inflations- und Konjunktursorgen haben am Freitag die jüngste Talfahrt der US-Börsen beschleunigt. Die Inflationsrate in den USA kletterte im Mai auf den höchsten Stand seit über 40 Jahren. Die Verbraucherpreise stiegen gegenüber dem Vorjahresmonat um 8,6 Prozent. Volkswirte hatten hingegen im Schnitt eine unveränderte Inflationsrate von 8,3 Prozent erwartet. Zudem fiel die Stimmung der Verbraucher im Juni angesichts der hohen Inflation auf ein Rekordtief.

Der Leitindex Dow Jones Industrial büßte 2,73 Prozent auf 31 392,79 Punkte ein. Auf Wochensicht bedeutet dies ein Minus von 4,58 Prozent. Für den marktbreiten S&P 500 ging es am Freitag um 2,91 Prozent auf 3900,86 Punkte nach unten. Der technologielastige Nasdaq 100 knickte um 3,56 Prozent auf 11 832,82 Zähler ein. Alle drei Indizes verzeichneten damit jeweils den größten Wochenverlust seit Januar.

"Nachdem die US-Inflationsrate im April gesunken war, hatten die Spekulationen zugenommen, dass damit der Hochpunkt überschritten ist", schrieb Analyst Christoph Balz von der Commerzbank. Mit dem erneuten Anstieg habe sich dies nun erledigt. Die Details der aktuellen Zahlen zeigten vielmehr, dass der Inflationsdruck breit angelegt bleibe.

"Inflations- und Zinserwartungen werden nochmals unterstützt, zumal auch die Ölpreise weiterhin unerwartet hoch sind und die Benzinpreise in den letzten Wochen eine zusätzliche Aufwärtsdynamik entwickelt haben", ergänzte Ralf Umlauf, Analyst bei der Landesbank Hessen-Thüringen. Die US-Notenbank Fed werde sich daher in der Absicht bestätigt sehen, in der nächsten Woche das Leitzinsniveau um 0,5 Prozentpunkte zu erhöhen und auch im Juli weiter aggressiv gegen die Inflation vorzugehen.

Der Markt rechnet inzwischen mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent damit, dass die Fed bei der Sitzung im Juli den Leitzins sogar um 0,75 Prozentpunkte anheben dürfte. Dies lässt sich aus speziellen Terminkontrakten am Geldmarkt ablesen.

Unter den Einzelwerten verzeichneten Bankaktien besonders deutliche Verluste. Anleger befürchten, dass die Notenbanken angesichts der immer weiter steigenden Teuerung zu einem noch strafferen geldpolitischen Kurs tendieren könnten - mit größeren Zinsschritten als bisher angenommen. Zwar gelten Banken als Nutznießer steigender Zinsen, doch kann andererseits eine zu harte Geldpolitik das Wirtschaftswachstum abwürgen und auch die Kreditnachfrage bremsen. So knickten die Papiere von Goldman Sachs unter den größten Verlierern im Dow um 5,7 Prozent ein und die von JPMorgan um 4,6 Prozent.

Die Anteilscheine von Docusign sackten um fast ein Viertel ab und waren damit der klare Verlierer im Nasdaq 100. Die E-Signatur-Plattform hatte enttäuschende Quartalszahlen vorgelegt. Bei dem Unternehmen verschlechterte sich die Umsatzdynamik im ersten Geschäftsquartal erneut.

Die Aktien des Kosmetikherstellers Revlon brachen um 53 Prozent ein und verzeichneten damit den größten prozentualen Tagesverlust ihrer Geschichte. Händler verwiesen auf Spekulationen über einen bevorstehenden Insolvenzantrag.

Der Euro litt deutlich unter der überraschend gestiegenen Inflationsrate in den USA und kostete zum Handelsende an der Wall Street 1,0517 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs auf 1,0578 (Donnerstag: 1,0743) Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,9454 (0,9308) Euro.

US-Staatsanleihen sackten angesichts der neu entfachten Inflationssorgen ab. Der Terminkontrakt für zehnjährige Treasuries (T-Note-Future) verlor zuletzt 0,94 Prozent auf 116,81 Punkte. Die Rendite für zehnjährige Staatsanleihen stieg bis auf 3,17 Prozent und erreichte das höchste Niveau seit Ende 2018./la/he

--- Von Lutz Alexander, dpa-AFX ---

 ISIN  US2605661048  US6311011026  US78378X1072

AXC0298 2022-06-10/22:43

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