Katharina Scheyerer-Janda: Im ersten Teil unseres Gespräches haben wir ausführlich über die Vorteile eines Börsegangs gesprochen. Jetzt wollen wir die andere Seite der Medaille beleuchten. Was passiert in einer Krise? Was sind die größten Fauxpas, die man in einer solchen Krise als Unternehmen vermeiden sollte? Wie sind ihre Erfahrungen?

Hannes Havranek: Wichtig ist aus meiner Sicht, dass das Verhältnis zwischen Gesellschaft und Aktionären nicht so zerrüttet sein darf, dass man nicht mehr vernünftig miteinander spricht. Wenn das in einer schwierigen Situation der Fall ist, ist es nicht mehr lustig mit Kleinaktionärsvertretern in einer Hauptversammlung zu sitzen. Da können die Emotionen hoch gehen und die sachliche Ebene, auf der man gemeinsam Lösungen erarbeiten könnte, tritt in den Hintergrund. Der Weg aus der Krise hinaus ist dann oftmals schwieriger, als wenn Sie einen Hauptinvestor haben, der im Prinzip dieselben Interessen hat wie sie, und mit dem sie in einer kleineren Runden Ihre Strategien entwickeln können, um aus der Krise hinauszukommen. Da kann es durchaus ein Vorteil sein nicht an der Börse zu notieren.

 

Katharina Scheyerer-Janda: Erkennt man als börsenotiertes Unternehmen solche Krisen früher?

Hannes Havranek: Natürlich. Durch die Pflicht entsprechenden Meldungen zu machen, durch die Pflicht regelmäßige Geschäftsberichte zu erstellen, sollte eine Krise auch früher erkennbar sein.

 

Katharina Scheyerer-Janda: Warimpex ist 2007 an die Börse gegangen, also 1 Jahr vor der Lehmann Krise, die die Finanzwelt dann gehörig durcheinander gerüttelt hat. Wie haben Sie beide diese Zeit damals erlebt?

Franz Jurkowitsch: Schwierig. Zentraleuropa war ja in den Jahren vor 2007 mehr oder weniger “the player of the year”, weil sich die Investoren hier höhere Wachstumsraten erwartet haben. Daher wurden Immobilien-Aktien, nicht nur unsere, mit einem Premium - also mit einem Aufschlag auf den Nettovermögenswert pro Aktie - eingeschätzt und auch gehandelt. Nach Lehman war Zentraleuropa wesentlich schlechter angesehen, aber mit einem Riesenabstand. Die Menschen haben Vertrauen verloren, zuerst einmal in die Banken. Später kam dann sehr bald die Griechenland-Krise, mit der ging das Vertrauen in den Euro verloren. In der Folge entstand die Situation, dass alle vom Sparbuch ins Grundbuch gehen wollten. Damit sind dann Aktiengesellschaften, die in Wohnungen investiert haben, plötzlich sexy geworden. Diese wurden vorher in den Jahren 2004 bzw. 2005 mit einem großen Abschlag gehandelt. Alle meinten da sei kein Wachstum drinnen. Dann kam es zu diesem Paradigmenwechsel und Firmen, die in Zentraleuropa in Gewerbeimmobilien investierten, wurden mit einem Abschlag von 40, 50 Prozent versehen. Heute haben wir noch immer einen Aufschlag von 10, 15 oder 20 Prozent auf Firmen, die im Wohnen in Deutschland oder Österreich tätig sind.

Dieser Paradigmenwechsel hat sich im Jahr 2008 abgezeichnet und ist dann 2009 plötzlich da gewesen. Da kann man jetzt natürlich sagen, dass das vielleicht übertrieben ist, aber wie wir alle wissen, hat der Markt immer Recht. Das wird sich wahrscheinlich irgendwann wieder ändern, das heißt aber nicht unbedingt, dass wir zum Status quo ante, also zur vorherigen Situation, zurückkehren. Es kann auch sein, dass es dann eine komplett neue Sicht der Dinge gibt.

In dieser Krise habe ich eines gesehen: Viele unserer Mitbewerber von damals gibt es nicht mehr. Die hatten den Kapitalmarkt nicht, die sind nicht an die Börse gegangen oder wenn Sie an der Börse waren, haben Sie sich nicht getraut eine Kapitalerhöhung, die Ihren Anteil verwässert hätte, durchzuführen. Die sind heute ganz einfach nicht mehr da. Und das waren teilweise große Firmen. Andere haben es - so wie wir - mit Hilfe der Transparenz, die bei einem börsenotierten Unternehmen gegeben ist, doch geschafft Finanzierungen zu finden. Finanzierungen um dieses Tal zu durchschreiten, um dann in dem neuen Umfeld wieder gute Investitionen zu machen.

Daniel Folian: Das war ja damals vor allem eine Vertrauenskrise, Finanzierungen wurden komplett gestoppt. Selbst große österreichische Banken haben Nothilfe von der Republik Österreich bekommen, die Erste Bank zum Beispiel. Das Geld gab es nur zu unglaublich hohen Zinsen, das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen.

 

Katharina Scheyerer-Janda: In dieser Zeit hat es wahrscheinlich auch bei Ihrer Aktie Kursschwankungen gegeben. Hat so etwas dann auch Auswirkungen auf das operative Geschäft?

Daniel Folian: Nein, der Aktienkurs hat eigentlich keine Auswirkungen.

Franz Jurkowitsch: Wir wollten ja nicht verkaufen. Für uns zwei Familieninvestoren hat der Kurs keinen Einfluss. Er hat dann einen Einfluss, wenn man sagt: Ich verfolge eine Wachstumsphilosophie und würde gern das Kapital erhöhen, um noch mehr Kapital ins Unternehmen zu bringen. Da macht es natürlich einen Unterschied ob ich mit X Prozent Abschlag notiere, oder zum Net Asset Value, oder mit einem Aufschlag. Wenn Sie einen großen Abschlag auf den Nettovermögenswert haben, macht es keinen Sinn eine Kapitalerhöhung durchzuführen.

Das sind Phasen, die sind eben so. Als kleiner Marktteilnehmer, und wir sind in gewisser Sicht ein kleiner Marktteilnehmer, können Sie in einer solchen Phase nur mitschwimmen. Da können Sie nicht sagen, ich weiß es besser. Es ist so, Punkt. Die Investoren sehen das zu diesem Zeitpunkt so. In einer solchen Phase muss man halt seine Strategie entsprechend anpassen. Es gibt dann aber auch immer wieder andere Sichtweisen und wenn die zusammenpassen muss man sich überlegen, ob es dann für das Unternehmen gut ist, etwas zu machen.

Gerhard Schwartz: Wenn man über solche Krisenzeiten spricht haben gelistete Unternehmen durch ihre Transparenz einen Vorteil. Eigenkapital zu haben ist der beste Puffer für Krisenzeiten. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass der Kapitalmarkt nicht nur den Aktienmarkt umfasst, über den wir bisher gesprochen haben, sondern auch Anleihen. Und in diesem Fall haben wir gerade in der letzten Finanzkrise gesehen, dass das ein sehr zweischneidiges Schwert ist. Es gibt eben keine Vorteile ohne Nachteile. Gerade in einer Krise ist es mitunter nicht schlecht, wenn auf der anderen Seite, also bei den Kreditgebern, Leute sitzen, die ich identifizieren kann, mit denen ich verhandeln kann. So schwierig und mühsam Bankengespräche in einer Krise auch sind, habe ich zumindest jemanden mit dem ich sprechen kann. Am Ende des Tages finde ich nahezu immer irgendeine Vereinbarung, die in den meisten Fällen geeignet ist um die Krise zu durchtauchen.

Wenn ich eine Anleihe bedienen muss, habe ich auf der anderen Seite anonyme Anleger. Da kann ich nicht mehr nachverhandeln, ich kann keine Laufzeiten erstrecken, ich bin darin gefangen. In Österreich hatten wir viele Unternehmen, die in dieser Zeit oder davor Anleihen begeben haben, die dann eigentlich alle irgendwann fällig geworden wären. Die haben es genau mit den Sicherungen, von denen Herr Folian vorher gesprochen, gerade noch geschafft durchzukommen bzw. auch nicht mehr. Die Sicherungen sind ja damals sondergesetzlich geschaffen worden und waren eigentlich gar nicht für Restrukturierungsfälle gedacht, wurden aber häufig für Restrukturierungen verwendet um irgendwie durchzukommen. Vor diesem Hintergrund muss man sich Anleihen aus Krisengesichtspunkten sehr genau anschauen. Man muss die Refinanzierungslaufzeit vorweg mitplanen, sonst kann aus der Anleihe ein sehr kritisches Instrument werden.

 

Katharina Scheyerer-Janda: Aus rechtlicher Sicht hat sich seit damals ja auch einiges getan, oder?

Hannes Havranek: Ja, seit etwas mehr als einem Jahr ist der Zugang zum Markt etwas leichter geworden. Im Grunde sind die Regeln aber verschärft worden, sei es in punkto Geldwäsche oder Anfütterung bzw. Korruption, etc. Das sind aber keine Bestimmungen, die ausschließlich für börsenorientierte Unternehmen gelten. Eigentlich sind die gesetzlichen Anforderungen an andere Unternehmen mittlerweile sehr an das angeglichen was an der Börse notierte Unternehmen schon hatten.

 

Katharina Scheyerer-Janda: Das heißt börsenotierte Unternehmen hatten diese vorher und jetzt ziehen die anderen quasi nach?

Hannes Havranek: Müssen nachziehen bzw. müssten nachziehen. Natürlich ist die Kontrolle bei börsenotierten Unternehmen deutlich strenger, sprich der Zwang die Bestimmungen auch einzuhalten ist größer. Womit sich der Kreis eigentlich schließt und wir wieder bei den Vorteilen landen. Als börsenotiertes Unternehmen ist der Zugang zu Fremdkapital von Banken deutlich einfacher. Die finanzierenden Banken wissen ganz genau, dass dort die Regeln mit Sicherheit deutlich besser eingehalten werden, als bei anderen Unternehmen. Keine Bank macht zum Beispiel eine Due Diligence bevor Sie einen Kredit vergibt. Bei einem börsenotierten Unternehmen geht sie davon aus, dass da mehr oder weniger alles passt. Als Familienunternehmen, das nicht an der Börse gelistet ist, ist es sehr schwer eine Bank davon zu überzeugen, dass man das genauso supertoll macht wie ein gelistetes Unternehmen.

 

Katharina Scheyerer-Janda: Weil wir vorhin über Aktionärsversammlungen gesprochen haben. Auch in Österreich spielen aktionistische Aktionärsgruppen die Druck auf Vorstände und Unternehmen ausüben immer wieder eine Rolle – siehe etwa zuletzt Wienerberger und Petrus Advisers. Wie kann man solchen Aktionären begegnen, worauf sollte man auf alle Fälle achten?

Hannes Havranek: Der Kleinaktionär erwartet sich von einem Aktionärsvertreter genau das. Wenn er schon Geld verloren hat, so soll der Vertreter dem Management das Leben schwer machen. Das ist ein ganz normaler Zugang des Kleinaktionärs. Normalerweise sollte man in der Zeit in der das Unternehmen gut oder normal funktioniert einfach eine vernünftige Kommunikation mit den Aktionären haben. Das ist vor allen in jenen Zeiten wichtig, wo man den Aktionär nicht so braucht, weil eh alles so super läuft. Gerade in diesen Zeiten sorgt eine gute Kommunikation für ein gutes Verhältnis zum Aktionär. Das ist mit Sicherheit hilfreich und man kann davon profitieren, wenn es zu einer Krise kommt.

 

Katharina Scheyerer-Janda: Welche Erfahrung haben Sie da bei Warimpex gemacht?

Daniel Folian: Ich denke das Wichtigste ist die Anregungen der Aktionäre ernst zu nehmen. Die Hauptversammlungen sind für viele Aktionäre die einzige Möglichkeit um Fragen an das Management zu stellen. Institutionelle Investoren trifft man auch auf Roadshows, für Kleinaktionäre ist das die einzige Möglichkeit.

 

Katharina Scheyerer-Janda: Gibt es da auch kulturelle Unterschiede, Sie sind ja in Wien und in Warschau notiert?

Franz Jurkowitsch: Ja es gibt Unterschiede. Ich möchte aber eines besonders betonen: Die meisten versuchen sich immer von der besten Seite darzustellen, sie erzählen was alles positiv ist, wo man investiert und so weiter. Ich glaube man muss den Aktionären auch die vorhandenen Risken vor Augen halten und darüber berichten. Das haben wir gemacht, deshalb haben wir bis jetzt glücklicherweise keine Probleme z.B. mit den Kleinaktionären oder Kleinaktionärsvertretern.

Ich gebe Ihnen ein Beispiel um das zu veranschaulichen. Wir haben immer einen relativ starken Fokus auf den russischen Markt gehabt. Natürlich ist Russland, ich will da jetzt nicht weiter ausholen, eine andere Risikokategorie als Polen oder Ungarn, die ja Mitglieder der EU sind. Die beiden Länder unterliegen einer ganz anderen Rechtskultur. Wenn jemand bei uns investiert, dann erklären wir immer, dass wir an Russland glauben, weil wir dort höhere Renditen erzielen können. Aber wir haben eben auch Risiken. Das kann der Wechselkurs sein, der einem auch eine Jahresbilanz verhageln kann. Selbst Anfang November können wir nicht sagen, wie der Kurs am 31.12. sein wird. Der kann Veränderungen bewirken, die sich mit einem ziemlich hohen einstelligen Millionenbetrag in die eine oder in die andere Richtung niederschlagen.

Es geht auch darum den Aktionären zu erzählen in welches Immobilienunternehmen sie investieren. Überall steht Immobilie drüber, aber darunter gibt es eine ganze Reihe von verschiedenen Risikogruppen bei Immobilien. Wenn man das einem Aktionär erzählt, dann kann er nicht so überrascht sein, wenn der Kurs einmal schlecht ist. In Bezug darauf bin ich jetzt aber nicht so pessimistisch. Ich versuche nur zu erklären, dass diese Transparenz besser ist, als wenn Sie dann im Jänner dastehen und sagen: Ja eigentlich hätten wir eine super Bilanz, aber...

Wenn man immer sagt, es ist alles super und dort gibt’s kein Risiko und die Wechselkurse vergessen wir, dann haben die Aktionäre natürlich ein Recht zu sagen: “Freunde, wie ist das jetzt?” Ich glaube man sollte da nicht pessimistisch sein, aber man sollte dem Aktionär auch ein bisschen das Risiko erklären, am besten in einfachen Worten. Er sollte wissen, dass zwar überall Immobilie drübersteht, es aber einen Unterschied macht, ob er eine Aktie an einem Unternehmen hält, dass zigtausende Wohnungen besitzt, oder ob er an einem Immobilienunternehmen beteiligt ist das Wohnungen entwickelt, aber während der Entwicklungszeit schon verkauft. In beiden Fällen geht es um Wohnungen, aber dahinter steht ein ganz anderes Risiko. Das Gleiche gilt natürlich auch für Gewerbe-Immobilien. Auch da sollte der Aktionär die Risiken, die hinter den einzelnen Immobilienunternehmen stehen einschätzen können. Er sollte wissen ob ein Unternehmen nur entwickelt, oder Gewerbeimmobilien im Bestand hält. In dieser Gruppe gibt es dann wieder Unterschiede, weil sich die einen auf Logistik oder auf Büros spezialisieren, andere nur auf Hotels oder nur auf Retail setzen. Alle haben Ihre eigenen Risiken.

Bei Retail wissen wir alle, dass das Internet massiv das Einkaufsverhalten verändert, das wirkt sich am Ende auch auf die Leerstandsquoten aus. Bei Hotels wiederum gibt es im Moment eine sehr große Nachfrage, weil mit steigendem Wirtschaftswachstum und billigeren Fliegen ganz einfach mehr Nachfrage da ist. Aber Sie haben mit Airbnb und anderen Plattformen auch neue Konkurrenten. Bei Büros ist das Thema Coworking - kurzfristiges Einmieten in voll eingerichteten Büros - eine neue Tendenz, die man vor 10 Jahren, ja sogar vor fünf Jahren noch nicht so wahrgenommen hat. In der Logistik wiederum entsprechen Hallen, die wir vor 5 Jahren gesehen haben, nicht dem was etwa Amazon braucht.

Ich meine es ist wichtig den Aktionär darüber aufzuklären in welche Richtung es geht und welche Risiken es gibt. Dann weiß er Bescheid und kann selbst einschätzen, ob er bereit ist in die Aktie zu investieren. Er wird uns dann auch ernst nehmen, wenn es einmal nicht so gut klappt.

Gerhard Schwartz: Ich denke man muss da klar unterscheiden zwischen Kleinaktionären bzw. dem Streubesitz, über den wir bisher gesprochen haben, und den Shareholder-Aktivisten. Was die Kleinaktionäre betrifft kann ich alles unterschrieben, was bisher gesagt wurde. Mit transparenter und angemessener Information kann man einen vernünftigen Dialog erreichen. Die entsprechende Wertschätzung hilft auch in schwierigen Zeiten diese Gruppen gut zu managen. Da kann ich absolut zustimmen.

Eine ganz andere Geschichte sind aber diejenigen deren Geschäftsmodell darin besteht aus solchen Situationen Profit zu schlagen. Die gibt es, das ist Realität. Die sind immer dann anwesend und sehen Opportunities, wenn sie Schwächen im regulatorischen Compliance-Bereich erkennen, Schwächen im weitesten Sinn. Schwächen, wo sie anhaken und draufgreifen können, wo Sie Situationen ausnutzen und Druck erzeugen können. Druck, der irgendwann starke Schmerzen verursachen kann. Solange bis die Schmerzen so groß werden, dass man gerne bereit ist dafür - was auch immer zu geben - um diese Schmerzen wieder loszuwerden. Das ist ein Geschäftsmodell und in den USA ist das ganz weit verbreitet, auf dieser Basis wurde dort ein Riesenunternehmen zerschlagen.

Ein zweiter Ansatzpunkt für diese aktivistischen Aktionäre ist, wenn Sie der Meinung sind, dass einzelne Unternehmensbereiche nicht die Performance bringen die Sie könnten. Dann behaupten sie, dass es alternative Verwertungsmöglichkeiten gäbe, die letztlich mehr bringen. Das sind Situationen, die man in familiengeführten Unternehmen mitunter beobachten kann. Da kann man sich theoretisch Hobbys - um es salopp zu formulieren - in einem Bereich leisten, der im Moment nicht ganz so gut performt. Man glaubt dann irgendwas im Kopf zu haben, es aber einfach noch nicht ganz greifen zu können. Deshalb will man den Bereich ganz gerne behalten. Das sind natürlich Angriffspunkte für aktionistische Aktionäre. Die können dann behaupten sie bringen eine Liste mit zehn Käufern für den Bereich. Der Verkauf würde sich sofort im Kurs niederschlagen, die Ergebnisse würden sich verbessern, und, und... Wenn das passiert wird die Gefahr sehr groß, dass die übrigen Aktionäre sagen: “Na Moment einmal, das stimmt eigentlich, warum machen wir das nicht.” Wenn man sich da nachhaltig dagegenstellt und man hat Mehrheiten, wo diese Aktivisten keine Chance haben durchzukommen, dann wird der nächste Schritt wahrscheinlich in rechtliche Aktionen gehen. Dann geht es schnell um die Frage Treue, Untreue, macht Ihr eigentlich alles zum Vorteil der Gesellschaft oder gibt es gar persönliche Angriffspunkte. Das kann dann sehr rasch, sehr unangenehm werden. Vor allem wenn man als Vorstand der Gesellschaft bezichtigt wird, dass man Verfehlungen begangen hat, die strafrechtlich relevant sind. Was auch immer am Ende tatsächlich rauskommt, allein die Beschuldigungen sind belastend. Wenn man sich da die Fälle aus der Vergangenheit ansieht, dann waren das Fälle in denen Unternehmen in der einen oder anderen Art Angriffsflächen hatten. Entweder von der Governance her oder wie sie gewisse Geschäftsfelder geführt haben. Da muss man dann sehr vorsichtig sein, sich dessen bewusst sein, denn wenn man hier Flanken hat, dann werden die unweigerlich auf der Bildfläche erscheinen. Mit diesen Flanken muss man sich auseinandersetzen, denn das ist unangenehm, was das Involvement des Managements betrifft und die Kosten.

 

Katharina Scheyerer-Janda: Ist das auch eine Aufgabe der Berater, Wirtschaftstreuhänder oder Rechtsanwälte, die dann helfen können solche Situationen zu lösen?

Hannes Havranek: Ich denke, dass es in einer solchen Situation ganz wichtig ist, dass ein Unternehmen so gut aufgestellt, dass es durch derartige Szenarien nicht in die Ecke getrieben werden kann. Dazu gehört wie Sie, Herr Jurkowitsch schon gesagt haben, dass man völlig klar und offen kommuniziert. So dass man niemals mit dem Vorwurf konfrontiert werden kann, man habe Geschäfte, die geplant sind unrichtig oder unvollständig dargestellt. Das ist nämlich einer der häufigsten Vorwürfe, die dann dem Vorstand gemacht werden. Er habe nicht über die getätigten Geschäfte bzw. die Risken die damit verbunden sind informiert. Er habe nichts zu den Folgethemen, die mit einem Geschäft verbunden sind gesagt. Er habe diese Geschäfte den Aktionären unvollständig kommuniziert und Beschlüsse auf einer Basis eingeholt, wo den Gremien der volle Wissenstand vorenthalten wurde. Da werden in aller Regel ganz viele Vorwürfe kommen, wenn so etwas passiert. Da ist es dann für den Vorstand wirklich, wirklich problematisch. Wenn man mit solchen Themen privat konfrontiert wird, die strafrechtlich und auch zivilrechtlich relevant sind, ist das eine Situation, wo man sich auch nicht mehr aufs Unternehmen verlassen kann. Seine Versicherungen werden ihm bei einer strafrechtlichen Thematik die Anwaltskosten nicht bezahlen. Vor diesem Hintergrund muss ein Vorstand wirklich aufpassen, dass er nicht in solche Themen hineingerät.

Franz Jurkowitsch: Gut, aber der strafrechtliche Bereich ist ja immer erst dann gegeben, wenn die Leute sich bewusst - wie soll ich sagen - in dunklere Grauzonen begeben.

Hannes Havranek: Ja, aber Untreue ist halt eine strafrechtliche Bestimmung bei der es nicht um eine persönliche Bereicherung des Vorstandes geht. Und im Prinzip ist eigentlich jede Handlung, wo Sie Geld ausgeben, ohne die korrekten Beschlüsse dafür zu haben dieses Geld ausgeben zu dürfen problematisch. Da sind sie schon einmal ganz knapp dran oder vielleicht sogar schon drüber.

Daniel Folian: Investoren mögen reine Produkte. Ich denke da etwa an die Trennung von PayPal und Ebay, weil Sie in zwei Einheiten in Summe mehr wert sind als in einer Einheit. Das macht dann einfach Sinn, auch wenn diese Idee von einem aktivistischen Investor kommt.

 

Katharina Scheyerer-Janda: Sie wollten glaub ich auch noch etwas sagen Herr Schwartz?

Gerhard Schwartz: Ja, jetzt nicht unbedingt zu dem Thema. Aber was wir grundsätzlich sehen ist, dass strafrechtliche Themen zunehmend instrumentalisiert werden, um den Druck zu erhöhen. Auch in unserem eigenen Bereich. Wenn zum Beispiel ein Unternehmen, das wir geprüft haben, insolvent wird war es immer so, dass wir eine Klage vom Masseverwalter am Tisch hatten, egal wie gut oder schlecht wir geprüft haben. Das war State of the Art. Damit können wir sicher schon umgehen. Aber was jetzt zunehmend passiert ist, dass der verantwortliche Partner persönlich sofort strafrechtlich angeschossen wird, um den Druck auf unsere Organisation zu erhöhen, einfach um dadurch mehr zu erreichen. Das finde ich mehr als bedenklich.

Hannes Havranek: Ein Trend, der nicht sehr positiv ist.