Die Briten sind am kommenden Donnerstag (12. Dezember) zum dritten Mal innerhalb von fünf Jahren dazu aufgerufen, an die Wahlurnen zu gehen. Das sind die wichtigsten Akteure:

Boris Johnson:

Der Premierminister wirbt mit zwei einfachen Botschaften. Er will den Brexit endlich durchziehen - und viel Geld in den öffentlichen Dienst und in die Infrastruktur pumpen. Der nationale Gesundheitsdienst (NHS) soll erhebliche Mittel erhalten, beispielsweise für neue Kliniken. Außerdem will er Tausende Polizeibeamte einstellen und in Schulen investieren. Wie das finanziert werden soll, ist ein Rätsel, denn gleichzeitig verspricht er Steuersenkungen. Der Regierungschef zielt damit klar auf Brexit-Wähler aus dem linken Spektrum. Johnson hat kaum Aussicht, den Liberaldemokraten oder der Schottischen Nationalpartei (SNP) Mandate abzujagen. Um eine Mehrheit zu erreichen, muss er Labour-Mandate im Kernland der Sozialdemokraten im Nordosten Englands und den West Midlands um Birmingham hinzugewinnen.

Jeremy Corbyn:

Der Altlinke will den Brexit vor allem aus dem Weg haben, um seine sozialpolitische Agenda durchzubringen. Er hat vor, sein eigenes Austrittsabkommen auszuhandeln und strebt dabei eine sehr viel engere Beziehung an die EU an als Johnson. Danach sollen die Briten in einer zweiten Volksabstimmung zwischen einem Brexit zu diesen Bedingungen und dem Verbleib in der EU wählen. Alles soll in nur sechs Monaten über die Bühne gehen. Corbyn plant, große Teile der Grundversorgung - beispielsweise Energie- und Wassernetze sowie Post und Eisenbahn - wieder unter staatliche Kontrolle zu bringen. Unternehmerverbände laufen dagegen Sturm. Sie fürchten, die zur Finanzierung notwendigen Steuererhöhungen könnten die Konjunktur abwürgen. Eine Chance, Premier zu werden, hat er nur mit einer Minderheitsregierung mit Hilfe der Schottischen Nationalpartei SNP. Der Preis dafür wäre ein zweites Unabhängigkeitsreferendum in dem nördlichen Landesteil.

Jo Swinson:

Die junge Chefin der Liberaldemokraten hat sich hohe Ziele gesteckt. Sie will als Premierministerin werden. Angesichts des britischen Wahlrechts, das die beiden großen Parteien bevorzugt, scheint das außer Reichweite zu sein. Nach anfänglichem Optimismus werden die Chancen der LibDems, sich bei der Wahl erheblich zu verbessern, nicht mehr als besonders hoch eingestuft. Eine Allianz mit den ebenfalls proeuropäischen Grünen und der walisischen Partei Plaid Cymru in 60 Wahlbezirken soll die Chancen auf Sitze erhöhen, doch die beiden Partner haben kaum Sitze in Westminster. Eine Koalition mit den Konservativen oder den Sozialdemokraten schließt Swinson strikt aus. Johnson und Corbyn seien beide nicht für das Amt des Premierministers geeignet, sagt Swinson. Die Liberalen setzen ganz auf das Thema Brexit - der soll nach ihrem Willen komplett abgesagt werden.

Nigel Farage:

Der Chef der Brexit-Partei hat sich zum Ärger vieler Brexit-Hardliner bei den Tories gegen das Austrittsabkommen Johnsons gestellt. Seiner Meinung nach wäre das kein echter Brexit. Farage zog jedoch seine Kandidaten in Wahlkreisen zurück, die bei der vergangenen Wahl von den Tories gewonnen wurden. In Labour-Wahlkreisen tritt die Brexit-Partei aber an. Aussichten auf Mandate hat sie kaum. Farage will den Sozialdemokraten Wähler abwerben, die für den Brexit gestimmt haben. Konservative fürchten aber, die Konkurrenz von rechts könnte das Votum der Brexit-Wähler spalten und Labour am Ende sogar helfen. Im britischen Mehrheitswahlrecht zieht nur der Kandidat ins Parlament ein, der in seinem Wahlkreis die meisten Stimmen erringt. Der Premierminister muss selbst Dutzende Labour-Mandate gewinnen, um eine absolute Mehrheit zu erreichen. Farage selbst tritt nicht an.

Nicola Sturgeon:

Die Chefin der Schottischen Nationalpartei (SNP) sitzt nicht im Parlament in Westminster. Doch anders als die wechselnden Fraktionschefs in London ist die Regierungschefin in Edinburgh eine Konstante in der Partei. Sie kennt nur ein Ziel und das lautet, so schnell wie möglich ein zweites Unabhängigkeitsreferendum für ihren Landesteil zu erreichen. Bei einer ersten Volksabstimmung im Jahr 2014 stimmten 55 Prozent der Schotten gegen die Abspaltung von der EU. Der einzige Weg zu einem neuen Referendum führt über einen Pakt mit Labour. Bei der Parlamentswahl 2017 musste die SNP einige Rückschläge hinnehmen. Sie verlor ein Drittel ihrer Sitze. Doch einen Großteil könnte sie Umfragen zufolge womöglich zurückgewinnen./cmy/DP/nas

AXC0096 2019-12-05/10:05

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